Suspendierte Kölner Polizisten„Starker Tobak“ – Reul will Vorgänge intensiv prüfen

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Innenausschuss Kölner Polizisten

NRW-Innenminister Herbert Reul bei der Sitzung des Innenausschusses im Landtag

Köln – Nach der Suspendierung von fünf Polizisten der Wache in Köln-Ehrenfeld und disziplinarischen Ermittlungen gegen einen weiteren, sechsten Beamten derselben Wache hat sich NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) am Donnerstagmorgen in einer Sondersitzung des Innenausschusses den Fragen der Landtagsabgeordneten gestellt.

Reul nannte die Textnachrichten, in denen sich einige der Beschuldigten untereinander mit Gewalthandlungen gebrüstet haben sollen, „starker Tobak“. Der Inhalt lasse an der „inneren Haltung“ der betreffenden Polizisten zweifeln. „Das kann man nicht mit Prahlerei oder Imponiergehabe erklären, tut mir Leid“, sagte Reul. „Das werde ich nicht dulden.“ Unabhängig vom Ausgang des Strafverfahrens müssen zumindest einige der Beamten disziplinarrechtlich mit einer Entfernung aus dem Dienst rechnen. Vier von ihnen sind als Berufsanfänger noch Beamte auf Probe.

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Die Staatsanwaltschaft untersucht derzeit, ob die Polizisten sich zu gemeinsamen Diensten verabredet haben, um eventuellen Widerstandshandlungen im Einsatz mit übermäßiger Gewalt zu begegnen. Suspendiert sind die fünf in Zusammenhang mit einem Vorfall im April, bei dem sie bei einem 59-jährigen Mann „übermäßige Gewalt“ angewendet haben sollen. Der Mann starb zwei Monate später nach einem erneuten Krankenhausaufenthalt, die Staatsanwaltschaft prüft, ob sein Tod in Zusammenhang mit dem Einsatz im April steht.

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Bodycams zeichneten Geschehen nicht auf

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll das Vorgehen der Polizisten wohl nicht von den Bodycams der Beamten aufgezeichnet worden sein – zumindest einer soll im Nachhinein geäußert haben, er habe vergessen, die Kamera anzuschalten, heißt es.

Einer der fünf Beamten, die am Einsatz im April beteiligt waren, soll bereits seit längerem vom Dienst suspendiert sein, weil er für ein Fitnessstudio verbotenerweise eine Halterabfrage eines Autos gemacht haben soll, für die es keinen dienstlichen Grund gegeben haben soll. Der sechste Beamte wird beschuldigt, sich nach einem anderen Einsatz in einer Whatsapp-Nachricht an einen Kollegen besonders abfällig über einen Randalierer geäußert zu haben.

Unterdessen will die Polizei Köln mit einem „Interventionskonzept“ auf die Vorgänge reagieren. Es soll geklärt werden, ob möglicherweise organisatorische Rahmenbedingungen die Vorfälle begünstigt haben könnten. Geprüft werde auch, wie die Führungskräfte agiert hätten. Zudem, so Reul, schaue man sich genau an, ob womöglich Sachverhalte aus der Vergangenheit jetzt neu bewertet werden müssten. „Alles, was mit diesen fünf oder sechs Menschen zusammenhängt, wird genau angeguckt. Wo haben die vorher ihren Dienst versehen? Gab es damals irgendwas? Gibt es eventuell noch mehr als diese sechs Beamten?“, sagte Reul. Auf letzteres habe er allerdings derzeit keine Hinweise.

„Polizei ist keine Schlägertruppe“

Der FDP-Abgeordnete Marc Lürbke (FDP) betonte im Ausschuss die Notwendigkeit zur vollständigen Aufklärung in dieser Sache, sagte aber auch, die Vorwürfe, die im Raume stehen, würde „allen rechtschaffenen Polizisten“ nicht gerecht. „Unsere Polizei in NRW ist ganz sicher keine Schlägertruppe.“ Innenminister Reul betonte, bei insgesamt 4,7 Millionen Polizeieinsätzen in NRW voriges Jahr, hätten die Behörden 4500 Beschwerden erreicht. In 370 Fällen davon habe es Anhaltspunkte für eine Strafbarkeit oder Disziplinarmaßnahmen gegeben.

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