Synchronsprecher Carlos LoboDie Stimme des Bösen

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Carlos Lobo ist die deutsche Stimme von Javier Bardem, dem Bösewicht im neuen James Bond-Film "Skyfall"

Carlos Lobo ist die deutsche Stimme von Javier Bardem, dem Bösewicht im neuen James Bond-Film "Skyfall"

Seine Stimme klingt nach durchzechter Nacht. Ein wenig heiser mit einem angenehmen dunklen Knistern. Nach finsteren Bars und geflüsterten Geheimnissen. Und ein bisschen nach Bösewicht. Nach Bond-Bösewicht.

Carlos Lobo ist die deutsche Stimme von Javier Bardem, oscarprämierter Darsteller des Schurken Raoul Silva, im neuen Bond „Skyfall“. Vier Tage hockte Lobo für die Aufnahmen allein in einem Berliner Tonstudio. Er sollte den Filmszenen Leben einhauchen, die er nur in Schwarz-Weiß und überlegt mit einem großem Querbalken des Firmennamens zu sehen bekam. „Die sind so nervös, dass irgendjemand den Film mit dem Handy aufnimmt“, sagt Lobo. Viel zu sprechen gab es ohnehin nicht, der Bond-Gegenspieler ist eher ein Mann der Tat.

„Fürs Husten bezahlt werden“

Carlos Lobo, 42 Jahre alt und gebürtiger Mannheimer, sollte eigentlich Bäcker werden. Zumindest hatten dies seine Eltern, spanische Gastarbeiter aus einem kleinen Dorf in der Nähe von Malaga, so beschlossen und ihm eine Lehrstelle besorgt. Aber nach einem halben Jahr schmiss Lobo hin. „Aprikosenhälften auf Teilchen legen – das war einfach nichts für mich“, sagt er.

Mit 18 fing er an, beim Radio als Fußball-Reporter zu jobben. Bis er eine Sondersendung zum Zirkus Roncalli machte. Zwei Clowns kamen aus Spanien und Portugal. „Zu denen hatte ich sofort einen Draht“, sagt er. Einer habe ihn irgendwann schräg angeguckt und gesagt: „Du willst doch nicht nur Radio machen. Wenn du willst, gebe ich dir ein bisschen Unterricht.“

Ganz unerfahren war Lobo jedoch schon damals nicht. Als seine Mutter noch nicht so gut deutsch sprach, hatte er so manche Folge des „Denver Clans“ übersetzen müssen und in der Schule spielte er in der Theater-AG. Vier Monate blieb Lobo beim Zirkus, dann ging er nach Mainz an die Schauspielschule. Er beendete die Schule nicht, weil er bald ein festes Engagement am Staatstheater bekam. Später stand er in Bonn und Oberhausen auf der Bühne.

Auch als Schauspieler im deutschen Fernsehen wurde er immer erfolgreicher, inzwischen hat er fast die komplette Ermittler-Szene abgedeckt: Er hatte Episoden-Rollen im „Tatort“, bei der „Soko Köln“ und bei „Alarm für Cobra 11“. Tatsächlich sieht er mehr nach „Tatort“-Kommissar als Bond-Bösewicht aus.

Sehnsucht nach dem FC

Dann kam er nach Köln. Mit einem Freund gründete er das Tonstudio „Stimm und Truppi“ in der Südstadt. Eine Idee, die ihnen beim Kölsch kam, wie er sagt. Sie nehmen Märchen, Comics, Werbespots und Computerspiele auf. „Fürs Husten bezahlt werden“, nennt er das, denn für die Spiele muss er meist nur keuchen oder nach Luft schnappen, wenn sein Charakter von einer Kugel getroffen wird. Er fände es lustig, mal den dicken Willi aus „Biene Maja“ zu sprechen. Stattdessen wurde er nun die Stimme des Bösen im Bond.

Für die deutsche Version des Films „Vicky Christina Barcelona“ (2008) hat er dem Schauspieler Javier Bardem zum ersten Mal seine Stimme geliehen. Lobo war damals zu einem Casting nach München eingeladen worden mit der Ansage: Woody Allen, neuer Film, spanischer Export-Star. Trotzdem musste er für die Rolle in Bond erneut vorsprechen. „Nur wenigen ist es vorbehalten, wie Christian Brückner immer De Niro sprechen zu dürfen“, sagt Lobo. Doch er bekam die Sprechrolle. „Irgendwo gibt es wohl einen kleinen Carlos-Lobo-Bond-Gott.“ Bisher sei sein Lieblings-Bond „Goldfinger“ gewesen. „Als Bösewicht blieb Gerd Fröbe unerreicht“, sagt Lobo. Bis Javier Bardem kam.

Bei der Berlinale vor ein paar Jahren hat er Bardem mal persönlich getroffen und sich als seine deutsche Stimme vorgestellt. Bardem sagte: „Que bien“ – wie gut. „Die Leute sind ja nett“, sagt Lobo. Grundsätzlich ist er mit Bardems Filmauswahl zufrieden. Nur von „Eat Pray Love“, einem Film, in dem Bardem Julia Roberts Liebhaber spielt, war Lobo etwas enttäuscht: „Er ist einfach kein Latin Lover“. Vielleicht habe Bardem nur „mal ein paar Milliönchen machen“ wollen.

Und was verdient man als Bardem-Sprecher? Diese Frage wird ihm fast immer zuerst gestellt. Lobo sagt dann: „Weniger als man denken würde.“ Und wesentlich weniger als Javier Bardem.

Dass er die Stimme von Bardem ist, hat ihm auch in New York viele Türen geöffnet. Vor vier Jahren wanderte er dorthin aus und besuchte noch mal eine Schauspielschule. Am Ende bekam er am Broadway eine Hauptrolle. Einmal traf er Antonio Banderas. „Wir sind aus demselben Dorf“, sagt Lobo. „Sein Vater und mein Onkel waren zusammen bei der Polizei.“

Trotz Banderas und Broadway wollte er zurück nach Köln, in die Südstadt, zum FC. Zum FC? „Ja, ich hab mir das im Alter von sechs Jahren ganz bewusst ausgesucht“, sagt Lobo. Eine Dauerkarte hat er heute noch. Seine Lieblings-Fußballmannschaft könnte ohnehin sein nächstes Großprojekt werden: Halbernst plant er ein FC-Musical. „Mit den Höhnern“, sagt Lobo.

Zumindest in Köln würde ihm das sicherlich mehr Ruhm einbringen als die Stimme des deutschen Bond-Bösewichts.

In der Tablet-Ausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ können Sie sich eine Kostprobe von Carlos Lobos Stimme anhören.

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