„Ein richtiges Ehrenfelder Album“So klingt die neue Platte der Kölner Band Ok Kid

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Moritz Rech, Jonas Schubert und Raffael Kühle sind Ok Kid.

Köln-Ehrenfeld – Am Ende hielt es ihn dann doch nicht mehr im Sessel des wohnzimmerartigen Settings im „Bumann & Sohn“ in Ehrenfeld. In ihrer Stammkneipe hatte die Kölner Band Ok Kid am Donnerstagabend ihr neues Album „Drei“ vorgestellt. Bei dem Pre-Listening spielte die Band den geladenen Gästen die neuen Lieder von der Vinyl-Platte vor und zeigte die bereits produzierten Musikvideos.

Nach dem letzten Track rief Sänger Jonas Schubert in die Menge: „Habt ihr Bock, noch was live zu hören?“ Zur neuen Single „Es regnet Hirn“ und den Ok-Kid-Klassikern „Stadt ohne Meer“ und „Verschwende mich“ stand Schubert dann auf dem Stuhl. Euphorisiert vom Feedback auf ein wirklich gelungenes Album.

Kein Song ist überflüssig

„Das ist kein Album, was man beim Staubsaugen hört“, sagt Keyboarder Moritz Rech beim Gespräch vor dem Konzert im Backstage-Bereich der Band, einmal durch den Hinterhof des Bumann, eine kleine Metalltreppe hoch. „Für uns steht das Wort ‚Dringlichkeit‘ über allem. Nichts auf dem Album ist irgendwie überflüssig oder ein Experiment, wie vielleicht noch auf dem letzten Album ‚Sensation‘ oder der ‚Woodkid‘-Playlist, die wir gemacht haben“, ergänzt Gitarrist und Schlagzeuger Raffael „Raffi“ Kühle.

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Die Band vor ihrer Album-Vorstellung im Bumann&Sohn in Ehrenfeld.

Man habe diesmal ohne ein vorher festgelegtes Konzept gearbeitet, sondern einfach Songs über die Krisen geschrieben, die die Band gerade beschäftigen. Obwohl „Drei“ schon das vierte Ok-Kid-Album ist, ergebe der Titel daher gleich aus zwei Gründen Sinn:

Ok Kid produzierten Album in Eigenregie

„Wir haben uns stilistisch wieder eher an unseren ersten beiden Alben orientiert, ‚Drei‘ reiht sich da ganz gut ein. Außerdem ist es eine Rückbesinnung auf das, was uns wirklich ausmacht, und das sind wir drei als Band. Wir haben uns in letzter Zeit von vielen Leuten getrennt und gemerkt, worauf es wirklich ankommt“, sagt Sänger Schubert. Nachdem Ok Kid ihre ersten Alben noch beim großen Label „Four Music“ veröffentlichten, stemmte die Band „Drei“ komplett in Eigenregie.

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„Drei“ ist bereits Ok Kids viertes Album. Produziert haben sie es in Eigenregie.

„Wir haben kein Label, kein Management und kein Booking mehr“, so Schubert. „Wir wollten einfach wieder selbstbestimmter sein. Und wir hatten wohl noch nie so viel Copyright an unseren eigenen Songs.“ Bis auf einen Song produzierte Schlagzeuger Kühle das komplette Album.

Und das unweit des Backstage-Bereichs. „Wenn du jetzt hier ein Loch in die Wand schlagen würdest, ständest du quasi direkt im Studio“, sagt Kühle und lacht. „Wir haben uns hier jeder einen Raum eingerichtet, in dem wir arbeiten. Man kann schon sagen, das ist ein richtiges Ehrenfelder Album geworden.“

Texte voller globaler Krisen

Die Krisen, mit denen sich Ok Kid auf „Drei“ beschäftigen, sind allerdings weniger Ehrenfeld-spezifisch als global. „Es ist eine Binnensicht, auf das, was in der Welt passiert. Was macht das alles mit mir?“, so Sänger Schubert. „Das zeigt sich schon auf dem Album-Cover, was schon seit einem halben Jahr feststeht, aber jetzt mit dem Ukraine-Krieg noch besser passt.“

Zu sehen ist eine Familie im Wohnzimmer, der Vater liest Zeitung, Mutter und Tochter beobachten durch das Fenster einen Krieg, der draußen tobt, scheinbar weit weg von der heilen Welt der Familie. „Doch der Vorhang im Zimmer brennt schon. Das Ganze ist längst bei uns angekommen“, sagt Schubert.

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Klimawandel, Black Lives Matter, toxische Männlichkeit, Depression, die Pandemie: An ernsten Themen mangelt es „Drei“ nun wirklich nicht. Ein Album, um in Weltschmerz zu versinken? „Schon, aber auch um daraus auszubrechen“, meint die Band. Hoffnung und Abgrund stehen nah bei einander, die Musik ist das Ventil. Ok Kid machen eine Mischung aus Pop und Hip-Hop, was laut Albumtext im besten Fall so klingt, „als würden Nine Inch Nails, Mac Miller und Ton Steine Scherben gemeinsam ein Album machen.“

Kölner Tour-Termine stehen schon fest

Beim Pre-Listening, moderiert von der Musikjournalistin Miriam Davoudvandi, stellte die Band das Album dann Stück für Stück vor. Den ersten Song, „Frühling Winter“, kennt man schon durch das aufwendig produzierte Video in der Kölner Philharmonie und das, wie Keyboarder Rech sagt, „stärkste Outro, was wir je gemacht haben“, ein Schrei in die Pandemie hinein: „Was ist das, was ich tu, eigentlich wert?“

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Die Band mit Moderatorin Miriam Davoudvandi (links).

Die neue Single „Es regnet Hirn“ kommt da leichter und poppiger daher, genauso wie „Leben Light“, ein Song, der nach Sommer und Road-Trip klingt. Auf „Kein Mensch“, ein Abgesang auf Ewiggestrige, ist Querbeat-Saxophonist Raoul Vychodil zu hören, davon abgesehen kommt das Album mit nur einem Feature aus. Einer der besten Songs ist „Mr Mary Poppins“, ein Song über Selbstliebe und mit einem kreativen Video.

Am Ende der Albumvorstellung steht also Jonas Schubert auf dem Stuhl, Moritz Rech und Raffi Kühle hinter dem DJ-Pult, es werden einige Schnäpse (Flimm oder Wurstwasser-Korn) getrunken. Das erste richtige Konzert Ende Mai, wieder im „Bumann & Sohn“, ist bereits ausverkauft. Am 17. Oktober spielt die Band im Carlswerk Victoria.

Das Album „Drei“ erscheint am 13. Mai 2022.  

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