Weihnachtsgeschäft in KölnGeschenkeinkauf während die Uhr zum Lockdown tickt

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Viel Betrieb herrscht auf der Schildergasse in der Kölner Innenstadt. 

Köln – Im Schaufenster des Bürofachgeschäfts Ortloff an der Zeppelinstraße stehen Weihnachtspyramiden, Engelfiguren und Räuchermännchen. Am Eingang zählt ein Mitarbeiter Kunden. Nur 110 Personen dürfen gleichzeitig in das zweistöckige Geschäft – wenig, bei 1600 Quadratmetern Ladenfläche. Das gilt auch am dritten Adventssamstag, dem sonst umsatzstärksten Samstag in der Vorweihnachtszeit.

Ein Mann ohne Maske drängelt sich am Mitarbeiter vorbei, woraufhin die stellvertretende Filialleiterin, Christina Frentz, ihn zum Gehen auffordert. „Das gehört leider auch in der Weihnachtszeit dazu, aber die Sicherheit der Kunden und meiner Mitarbeiter geht immer vor“, sagt sie. Alle 25 Ortloff-Mitarbeiter sind heute im Geschäft, alle sechs Kassen sind geöffnet, der Laden ist seit Tagen voll.

Laschets Ankündigung hat die Leute verunsichert

Heute besonders, auch weil Ministerpräsident Armin Laschet in einer Pressekonferenz am vergangenen Freitag vom „schnellstmöglichem“ Lockdown sprach. Zuvor wurde der 27. Dezember als mögliches Datum für einen harten Lockdown in NRW gehandelt. Jetzt ist die Rede von Montag oder Mittwoch: Es herrscht Verunsicherung.

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Schaufenster mit Weihnachtsartikeln im Bürofachgeschäft Ortloff: Käme der Lockdown in den nächsten Tagen würden dem Einzelhandel anderthalb Wochen Weihnachtsgeschäft genommen. 

„Uns würden dadurch anderthalb Wochen genommen“, sagt Frenz, „aber immerhin haben wir im März unseren Onlineshop ausgebaut.“ Vanessa Bauer ist auch Kundin, und kauft lieber persönlich ein. Sie ist erleichtert: „Mir fehlt nur noch dieses Geschenkpapier hier. Sollte der Lockdown kommen, bin ich zum Glück schon ausgestattet.“

Bauer war auch die letzten Adventssamstage schon in der Innenstadt unterwegs, um Geschenke zu kaufen. An diesem Samstag seien aber mehr Menschen auf der Schildergasse unterwegs, beobachtet sie. „Die meisten halten sich aber an Abstände und tragen auch Masken.“

An Glühwein- und Essensständen ist das nicht der Fall. Obwohl Lebensmittel eigentlich 50 Meter entfernt von den Ständen verzehrt werden sollen, stehen mehrere Personen beieinander, die ohne Maske auf der Straße essen und trinken. Vor der Filiale einer großen Bäckereikette ist es ähnlich.

Filialleiter Özgür Kurtoglu bittet zwei Dreiergruppen zu gehen. „Weil es keine Weihnachtsmärkte gibt, haben wir diesen Waffel- und Glühweinstand aufgebaut. Das war nicht vorgesehen, aber ich wollte etwas von dem Weihnachtsgefühl vermitteln“, sagt er. Seit Mittwoch gilt aber, dass auch Glühwein an Wochenenden nicht mehr nach 15 Uhr ausgeschenkt werden darf.

„Da habe ich in Ware investiert, auf der ich nun sitzen bleiben werde. Alles wegen der Politik“, sagt er. Auch, dass der Lockdown nun doch früher kommen soll, findet er schlecht kommuniziert: „Gesundheit geht vor, aber auch wir Händler brauchen einen klaren Rahmen. Diese halbherzigen, plötzlichen Entscheidungen schaden uns.“

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Jörg Hamel, Geschäftsführer des Handelsverband Nordrhein-Westfalen, sieht das ähnlich: „Händler berichten mir von aufgebrachten Kunden, die wegen des möglichen Lockdowns um ihre Einkaufsplanung fürchten“, sagt er. Auch um kleine Geschäfte fernab der Einkaufsstraßen habe er Sorge, da diese stärker auf Touristen der Weihnachtsmärkte angewiesen seien.

Das kann Ali Sel, Geschäftspartner im Dekorationsladen Bon Bon Cologne, bestätigen. Das Geschäft liegt in der kleinen Burgstraße, etwas abseits der gut besuchten Hohe Straße. „An den Adventssamstagen im letzten Jahr hatten wir durchgehend Kunden. Heute haben wir mit Glück einen pro Stunde“, sagt Sel. „Ohne Unterstützung im zweiten Lockdown überlebt keiner der lokalen Händler“, so seine Prognose.

Entspanntes Einkaufen in der Breite Straße

Um die lokalen Geschäfte zu unterstützen, und nicht auf Pakete von Onlinehändlern warten zu müssen, sind auch Viktoria G. und Leonie B. auf der Breite Straße einkaufen. Dieser Samstag war dafür zwar nicht vorgesehen, aber wegen des möglichen Lockdowns haben sie ihre Pläne vorverlegt. „Wir hatten erst Angst, dass es hier so voll werden könnte wie vor Corona, aber es ist sehr entspannt“, sagt B.

Überrascht habe sie aber, dass sie viele ältere Menschen beim Einkaufen gesehen habe: „Mein Opa hat eher Angst vor die Tür zu gehen.“ Während sie das sagt, läuft eine Polizeipatrouille an den Kölnerinnen vorbei: „Wir haben auch mehr Polizei als sonst gesehen“, sagt G. daraufhin.

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Die Kölner Polizei war am Samstag vermehrt für Corona-Kontrollen in der Innenstadt unterwegs. 

„Wir waren auf einen möglichen Kundenansturm vorbereitet, und haben das Ordnungsamt heute verstärkt unterstützt“, berichtet ein Polizeisprecher am späten Nachmittag, „aber der Tag ist soweit ruhig verlaufen. Bisher, ein normaler Samstag.“ Auch der Geschäftsführer des Handelsverbandes Nordrhein-Westfalen ist erleichtert, dass der Ansturm soweit ausblieb: „Mit der Pressekonferenz hat Laschet viel Verunsicherung geschaffen, die nicht hätte sein müssen“, sagt Hamel.

Trotz der Bewegung auf den Straßen könne dieser dritte Adventssamstag aber nicht mit den vorherigen verglichen werden. Mit Blick auf den anstehenden Lockdown fürchtet er deshalb, dass sich Kunden der lokalen Händler langfristig an Onlineshopping gewöhnen könnten: „Wenn die Onlinebestellung dem Bummel in der Stadt auch nach dem Lockdown vorgezogen wird, lässt sich dieses Kaufverhalten wohl schwer zurückdrehen. Es würde dem lokalen Handel schaden.“

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