„Wohnwerk Cologne“Eine Villa Kunterbunt in Ehrenfeld

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Mitgliederbesprechung bei einem privaten Treffen.

Köln-Ehrenfeld/Lindenthal/Zollstock – Ein Wohnquartier für 100 Menschen, egal welcher Herkunft, ob kölsch, Imi oder geflüchtet, mit und ohne Behinderung, jung oder alt, mit oder ohne Geld oder Familie. Davon träumen die Lindenthalerin Silke Schnee, die Zollstockerin Tanja Nowak und einige andere Kölnerinnen und Kölner, die gerade den Verein „Wohnwerk Cologne“ gegründet haben.

Die Menschen sollen dort nicht nur leben, sondern auch arbeiten können. Der Wohnraum soll bezahlbar sein, der Ort eine Gemeinschaft und einen Begegnungsort für die Anwohner im Viertel beherbergen. Sie haben ein passendes Domizil gefunden: Die alte Artilleriehalle an der Alpener Straße 4-6 in Ehrenfeld. Das Grundstück befindet sich im Eigentum der Stadt.

„Wohnwerk Cologne“ möchte die alte Artilleriehalle der Stadt Köln nutzen

Bereits vor einigen Jahren setzten sich eine Bürgerinitiative und der Rheinische Verein für Denkmalpflege für den Erhalt der alten Wagenhalle aus dem Jahr 1879 ein, die derzeit den städtischen Bühnen als Lager dient. Die Bezirksvertretung Ehrenfeld hat sich dafür ausgesprochen, dass sie im Wege eines Konzeptvergabeverfahrens an eine Gruppe von Personen, eine Organisation oder einen Investor vergeben werden soll. Bei einem solchen Verfahren erhält nicht derjenige den Zuschlag, der den höchsten Preis bietet, sondern derjenige mit dem besten Nutzungskonzept.

Bei einem solchen Verfahrens vergibt die Stadt eine Erbpacht an ihrem Grundstück, statt es zu veräußern. Eine solche Vorgehensweise möchte sie seit einiger Zeit bei eigenen Grundstücken ausdrücklich den Vorzug geben. Und so hat auch der Liegenschaftsausschuss, der für die endgültige Entscheidung darüber zuständig ist, Ende November 2019 erste Vorgaben für eine Konzeptausschreibung des Geländes Alpener Straße 4-6 beschlossen.

Stadt Köln vergibt Erbpacht für bestes Nutzungskonzept

Danach soll vor allem auch die Artilleriehalle komplett oder teilweise erhalten und in das Vorhaben integriert werden. Die Verwaltung hat nun konkrete Kriterien für die Ausschreibung und eine Vorlage für die Konzeptvergabe erarbeitet, über die der Liegenschaftsausschuss im November beschließen wird: So sollen auf dem Grundstück zu einem großen Teil Wohnungen entstehen, und zwar zu jeweils einem Drittel als öffentlich geförderte Mietwohnungen, als öffentlich geförderte Studentenwohnungen und als frei finanzierte Mietwohnungen.

Zudem soll es einen Mindestanteil von 25 Prozent an gewerblicher und soziokultureller Nutzung geben. Das Konzept passt zu den Vorstellungen des Vereins Wohnwerk, der für die Umsetzung eine Genossenschaft gründen möchte. Nach den Vorstellungen der Mitglieder sollen dort unterschiedlichste Wohnformen entstehen: „Wir denken beispielsweise auch an Clusterwohnungen“, sagt Silke Schnee, „also solche, die einen Gemeinschaftsbereich aufweisen, wo aber jede Familie oder jeder Alleinstehende auch einen eigenen Wohnbereich hat.“ Viele Vereinsmitglieder haben ihre eigenen,  besonderen Gründe für ihr Engagement. Zum Beispiel die Bedürfnisse ihrer Kinder, wie bei Nowaks Tochter Mia. „Sie leidet unter dem Pippi-Langstrumpf-Syndrom“ sagt die Grundschullehrerin. „Mia macht sich die Welt so, wie sie ihr gefällt.“

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„Wohnwerk Cologne“ möchte die alte Artilleriehalle für eine inklusive Lebensgemeinschaft nutzen.

Die 16-Jährige kam mit einer genetischen Veränderung auf die Welt, die sie anders ticken lässt als den Durchschnitt. Es war schnell klar, dass Mia keine gewöhnliche Kita und Schule besuchen können wird. An der inklusiven Kita Drachenfelsstraße lernten Nowak und Schnee sich kennen. Schnees 14-jähriger Sohn Noah hat das Downsyndrom.

Die besonderen Bedürfnisse ihrer Kinder ließen die Frauen früh darüber nachdenken, wie es später für sie weitergehen kann. Mia hatte Glück: Sie war das erste Kind mit einer Behinderung, das einen Platz an der Grundschule Freiligrathstraße bekam. Als Nowak und Schnee bewusst wurde, dass es keine inklusive Gesamtschule in Köln gibt, gründeten sie mit anderen Eltern eine: Die Offene Schule Köln gehört mittlerweile fest zur Bildungslandschaft in der Stadt.

Notfalls muss ein anderes Kölner Grundstück her

Nun machen sich die beiden Frauen und die anderen Familien Gedanken, wie ihre Kinder nach dem Schulabschluss in Köln leben können. „Wir wünschen uns einen Ort, wo unsere Kinder den Schatz, die Inklusion, weiter erleben können“, betont Nowak. Ein solcher Ort würde gut in die Stadt passen, die sich so gerne mit der Regenbogenfarbe schmückt. „Wir könnten ein weiteres Fähnchen sein“, sagt Nowak. „Wir möchten der Stadt unser Engagement und unsere Erfahrung mit der Gründung der Offenen Schule anbieten, selbst aktiv werden, um einen solchen Wohnort zu gestalten. Wir haben ein tragfähiges Finanzierungskonzept und brauchen nur die Unterstützung der Stadt.“

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Sie glauben, dass die Stadt ihre Bewerbung positiv bewertet, sind allerdings nicht auf die Alpener Straße in Ehrenfeld fixiert. „Wenn es dort nicht klappt, hoffen wir irgendwo in Köln ein anderes Grundstück zu finden“, betont Nowak. Trotzdem besteht die Chance, dass aus der alten Artilleriehalle vielleicht bald eine Villa Kunterbunt wird, für Mia, aber auch für viele ganz unterschiedliche Menschen, die dort gemeinsam leben und arbeiten möchten.

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