Wir stellen in unserer Serie „Ziemlich beste Leute“ Menschen vor, die Köln zusammenhalten. Diesmal: Jens Bingert und Martin Marx von der Kölner Tafel.
„Ziemlich beste Leute“Jens Bingert und Martin Marx fahren für die Kölner Tafel durch die Stadt

Jens Bingert (links) und Martin Marx „haben Zeit“, sagen sie – und wollten etwas Gutes tun.
Copyright: Florian Spohr
Das sind sie: Jens Bingert ist 53 Jahre alt und Musiker. Martin Marx, 63, arbeitet als IT-Freiberufler. Beide haben Zeit – und genau die investieren sie jeden Mittwoch in ihr Ehrenamt. Seit einem Jahr fahren sie für die Kölner Tafel Lebensmittel durch die Stadt.
Was machen sie: Früh am Morgen steigen Jens Bingert und Martin Marx in den Lieferwagen. Bingert fährt, Marx telefoniert sich durch die Liste von Supermärkten, die angefahren werden sollen: „Habt ihr was für uns?“ Meistens warten Lebensmittel – nicht mehr ganz frisch, oft knapp über dem Mindesthaltbarkeitsdatum, aber noch gut. „Warum soll man ein Netz mit Orangen wegwerfen, nur weil eine schimmelt?“, fragt Bingert. Ihre Tour ist lang. Sie fahren quer durch Köln, heben Kisten, sortieren aus, laden wieder ein. Die Kölner Tafel bewegt täglich zehn bis zwölf Tonnen Lebensmittel – was davon in den Ausgabestellen ankommt, wird vorher von Menschen wie Bingert und Marx eingesammelt.
Mit dem vollgeladenen Transporter fahren sie dann zum Pariser Platz in Chorweiler. Dort befindet sich die größte Ausgabestelle der Tafel. Dreimal in der Woche öffnet sie ihre Türen und verteilt Lebensmittel. Bis dahin haben beide ihre Aufgabe aber schon getan und sind wieder unterwegs.
Bingert und Marx freuen sich über jeden Markt, der die Tafel unterstützt. Trotzdem finden sie häufig Ware vor, die schon längst nicht mehr genießbar ist. Sie müssen also alle Lebensmittel kontrollieren und die schimmeligen Sachen entsorgen. „Einmal hatten wir da 40 Kisten voll gammeliger Sachen“, erzählt Bingert. „Da standen wir bestimmt eine Stunde rum und haben sortiert. Am Ende sind vielleicht zehn Kisten übriggeblieben, die wir mitnehmen konnten.“ Wenn die Märkte vorher schonmal über die Sachen schauen würden „und uns nicht einfach alles hinstellen“, wäre das eine große Hilfe.
Ins Rampenlicht drängen wollen sie sich nicht. „Wir haben einfach Zeit – und wollen nicht nur rumsitzen“, sagen sie. Sie beide mögen die Arbeit bei der Tafel: „Wir haben eher akademische Jobs. Hier können wir was Körperliches tun und einfach mal anpacken. Wir haben in unserem Leben viel Glück gehabt. Andere nicht. Jetzt geben wir ein bisschen was zurück.“
Das sagen andere über sie: „Wir sind total dankbar, dass die beiden diese Tour übernehmen“, sagt Patrik Beganer – einer von zwei Geschäftsführern der Kölner Tafel. Die „Tour drei“ ist die mit Abstand längste Route der Tafel. Und niemand sei erpicht darauf, als erste loszufahren und als letzte zurückzukommen. „Jens und Martin riefen beide vor etwa anderthalb Jahren an und fragten, ob sie helfen können. Ich habe sie gefragt, ob sie diese Tour machen wollen und sie waren sofort dabei.“
Ihr persönliches Grundgesetz: „Leben und Leben lassen“, sagt Marx. Die beiden freuen sich, dass sie anderen helfen können. Aber sie möchten über niemanden urteilen, der das nicht tut. „Die Oberbürgermeisterin kann jederzeit bei uns mitfahren und sich anschauen, was wir tun.“