Zu wenig Antikörper?Was wir über die Covid-Todesfälle bei geimpften Kölnern wissen

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Ein Restrisiko auf schwere Verläufe besteht auch bei vollständig Geimpften, wie acht Fälle aus Köln zeigen.

Köln – Das Gesundheitsamt hat seit Beginn der Impfungen acht Covid-Todesfälle bei vollständig Geimpften registriert. Sechs von ihnen wurden zweimal mit dem Präparat von Biontech geimpft, zwei mit dem Impfstoff von Moderna. Die neuen Daten zeigen aber auch, dass vollständige Impfungen grundsätzlich wirken. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Wie viele Geimpfte haben sich in Köln infiziert?

Laut Gesundheitsamt haben sich bis zum 8. Juli insgesamt 2431 Kölnerinnen und Kölner, die mindestens einmal gegen das Coronavirus geimpft wurden, infiziert. Von dieser Gruppe waren 648 Personen bereits doppelt geimpft. Erfasst wurden auch Personen, bei denen die zweite Impfung nicht länger als 14 Tage zurücklag. Von den Infizierten, die bereits doppelt geimpft waren, hatten 188 Personen einen symptomatischen Krankheitsverlauf. Neun von ihnen starben. Bei acht von neun Todesfällen lag die zweite Impfung bereits mehr als 14 Tage zurück, sie galten als vollständig geimpft.

Ist denkbar, dass die Impfung selbst bei den Betroffenen zum Tod geführt hat?

Nein, dafür gibt es keine medizinischen Hinweise. Zudem sind tödliche Impf-Nebenwirkungen insbesondere bei älteren Menschen sehr unwahrscheinlich.

Wie viele Fälle von Infektionen bei Ungeimpften gab es im selben Zeitraum?

Seit Beginn der Impfungen am 27. Dezember haben sich insgesamt 28323 Kölnerinnen und Kölner mit dem Virus infiziert. Der Anteil der Geimpften unter den Infizierten ist also gering. Das Gleiche gilt für die Todesfälle: Insgesamt wurden seit Beginn der Impfungen 382 Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet. Die Zahlen zeigen, dass Impfungen keinen 100-prozentigen Schutz vor einer Infektion bieten.

Besteht für alle Altersgruppen die Gefahr eines schweren Verlaufs trotz einer Impfung?

Nein. Alles deutet darauf hin, dass es schwere Covid-Verläufe nach vollständiger Impfung fast ausschließlich bei Älteren gibt. So waren acht der neun Verstorbenen älter als 78 Jahre, hinzu kommt ein Todesfall bei einem 60-Jährigen. Im Durchschnitt reagiert das Immunsystem älterer Menschen weniger stark auf eine Impfung.

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„Insgesamt sehen wir bei über 75-Jährigen am ehesten eine abnehmende Immunität nach Impfungen“, sagt Professor Oliver Cornely, Infektiologe an der Kölner Uniklinik: „Die Anzahl der Infizierten ist so groß, dass man sie intensiv untersuchen sollte, um mehr über die Gründe für ein individuelles Impfversagen zu lernen.“ Teilweise lag die zweite Impfung bei den Todesfällen mehr als drei Monate zurück. Informationen dazu, wie viele Antikörper jeweils noch vorhanden waren, liegen nicht vor.

Häufen sich schwere Verläufe nach vollständiger Impfung in Deutschland?

Bisher nicht. „Eine Impfung bietet selbstverständlich keinen hundertprozentigen Schutz, auch nicht vor schweren Verläufen“, sagt Professor Gernot Marx, Vorsitzender der Vereinigung deutscher Intensivmediziner (DIVI). „Relativ gesehen sind die schweren Verläufe nach Impfung allerdings Einzelfälle, auch in ganz Deutschland“, so Marx weiter. Für die DIVI seien diese Fälle bislang kein großes Thema.

Steht die Wirkung der Impfungen nun infrage?

Die immunisierende Wirkung aller zugelassenen Impfstoffe ist wissenschaftlich belegt. Die Daten zeigen zudem, dass Infektionen und schwere Verläufe nach Impfungen auch in Köln deutlich unwahrscheinlicher sind. Für Cornely „untermauern die Zahlen, wie entscheidend eine möglichst hohe Impfquote ist“. Durch Impfungen „können wir solche Fälle hoffentlich auf Sicht fast gänzlich vermeiden, denn dass sich die Verstorbenen bei anderen doppelt Geimpften angesteckt haben, halte ich für nahezu ausgeschlossen, so verhält sich das Virus nicht“, so Cornely weiter.

Können Drittimpfungen tödliche Verläufe endgültig verhindern?

Die Unternehmen Biontech und Pfizer haben die Zulassung für eine dritte Dosis ihres Corona-Impfstoffes beantragt, weil Daten aus Israel auf einen Rückgang der Schutzwirkung nach einem halben Jahr hindeuten. Oliver Cornely hält es für „sehr wichtig, dass das Gesundheitsamt Daten wie diese erfasst. Hoffentlich kann auch geklärt werden, wie lang die Impfung jeweils zurück lag.“ Cornely, der das Kölner Zentrum für klinische Studien und ein neu geschaffenes, europäisches Netzwerk leitet, plane derzeit „aus Köln heraus eine internationale Studie, um herauszufinden, wann eine Drittimpfung sinnvoll ist“. Die Zahlen des Gesundheitsamtes seien ein „interessanter Ausgangspunkt“.

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