„Zusammen sind wir stark“

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Ich heiße Elio Pulera und bin 74 Jahre alt. Seit 1964 lebe ich in Worringen. Ich war vorher in der Schweiz, und bin Weihnachten nach Hause gefahren. Mein Glück im Unglück war, dass die Schweiz am 15. Februar 1964 die Grenze zugemacht hat. Von Mailand gab es aber einen Zug nach Köln, so bin ich hier gelandet. Ich habe auch direkt Arbeit gefunden, von 1968 an war ich dann bei Bayer bis zu meiner Pensionierung.

Anfangs hatten meine Landsleute und ich viele Probleme – mit der Schule, mit den Kindern, mit der Sprache, mit den Ämtern. Wir haben dann ein „italienisches Komitee“ gegründet und mit Unterstützung der christlichen Arbeitnehmerbewegung angefangen, den Leuten zu helfen, bei Behördengängen etwa. Oder dass die Kinder nicht weiter zur Sonderschule gehen müssen, sondern auf eine normale Schule gehen können: In Absprache mit der Schule haben wir Studenten organisiert, damals für zehn Mark die Stunde, die den Grundschülern bei den Hausaufgaben geholfen haben. Dafür hat uns die Kirche über sieben, acht Jahre Räume zur Verfügung gestellt. Heute sprechen die Kinder alle besser Deutsch als Italienisch.

1981 wurde ich dann Korrespondent des italienischen Generalkonsulats und betreue bis heute ehrenamtlich in der Region Dormagen, Grevenbroich und Neuss Landsleute, wenn es etwa um Krankenkasse oder Arbeitsamt geht. Das ist aber, auch dank der EU, heute alles viel unkomplizierter als am Anfang. Wir wollen ein Europa bauen der gemeinsamen Kulturen.

Die Mentalität ist ja nicht nur geprägt davon, wo man herkommt, sondern auch davon, wo man lebt. Und in Worringen fühle ich mich einfach sehr wohl. 1978 bin ich dann zum Zugleiter gegangen und habe gefragt, ob wir nicht als Gruppe im Worringer Rosenmontagszug mitgehen dürfen. Der sagte: „Ihr dürft nicht, ihr müsst!“ Dann haben wir den Wagen „Der schiefe Turm von Pisa“ gebaut und sind erstmals mitgegangen. Seitdem sind wir jedes Jahr dabei.

Vor ein paar Jahren habe ich die Leitung der Gruppe dann abgegeben an meine Kinder, und wir haben den Namen abgeändert in „Kölsche Italiener“. In einem Jahr haben wir, passend zum Motto, nicht nur Kamelle geworfen, sondern auch mit einer Art Katapult Spaghetti in die Menge geschossen. Nicht gekochte, rohe. Das war wunderbar. Bei Pfarrfesten oder anderen Gelegenheiten kochen wir dann auch schon mal welche. Als Papst Benedikt 2005 beim Weltjugendtag in Köln war, haben wir 160 Italiener aus Kalabrien und 300 Ukrainer in der Alten Schule untergebracht. Da mussten wir 30 Kilo Nudeln kochen, da mussten alle zusammen anpacken, sonst hätte das nicht funktioniert, aber das ist das Tolle am Veedel.

Ich bin bei den Blauen Funken, und dort hat FK-Präsident Christoph Kuckelkorn einmal gesagt: „Meine größte Freude ist, den Menschen eine Heimat zu geben.“ Genau so ist Karneval. Ob Italiener, Türken oder Deutsche, egal, zusammen sind wir stark. Wir müssen es nur wollen.

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