Kölner AppellKampf gegen Völkermord

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Raphael Lemkin führte den Begriff "Völkermord" ein und schuf eine Konvention, die heute noch Grundlage für die Kriegsverbrecherprozesse ist.

Raphael Lemkin führte den Begriff "Völkermord" ein und schuf eine Konvention, die heute noch Grundlage für die Kriegsverbrecherprozesse ist.

Einen der wichtigsten politischen Begriffe des 20. Jahrhunderts hat er erfunden, gedankt wurde es ihm kaum. Raphael Lemkin definierte nicht nur den Begriff „Völkermord“ (1944), sondern steuerte auch zentrale Passagen zur „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords“ bei, die 1948 von den UN beschlossen wurden. Während die Konvention mittlerweile von 133 Staaten unterzeichnet wurde, geriet der polnische Anwalt schon zu Lebzeiten in Vergessenheit. Lemkin starb verarmt mit 59 Jahren in einem Ein-Zimmer-Appartement in New York. Mit der neu gegründeten „Raphael-Lemkin-Bibliothek“, die nun im Allerweltshaus an der Körnerstraße vorgestellt wurde, erinnert der Verein „Kölner Appell gegen Rassismus“ an den Friedensforscher.

Die Idee zur Bibliothek ist mehr als drei Jahre alt. Erst mit Hilfe der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft in Berlin, die die Bücherei 16 Monate lang finanziell unterstützt, konnte das Projekt umgesetzt werden. Gesammelt werden keine Geschichtsbücher, sondern lediglich Biografien, Autobiografien und Romane. „Subjektiv kann man Geschichte manchmal besser erfahren als durch das Studium von Fakten“, so Projektleiter Adnan Keskin.

Die Bücherei steckt allerdings noch in den Kinderschuhen: Momentan können sich die Nutzer lediglich 30 Werke ausleihen. „Das ist nur ein Anfang“, betont Dogan Akhanli vom Vorstand des Kölner Appells gegen Rassismus. Zu groß soll die Raphael-Lemkin-Bücherei aber auch gar nicht werden. Grund: Die Initiatoren wollen sie als mobiles Bücherbord mit zu verschiedenen Veranstaltungen rund um das Thema „Völkermord“ nehmen. Wenn die Bibliothek gerade nicht auf Reisen ist, kann sie werktags von 9 bis 18 Uhr von allen Bürgern im Allerweltshaus (Körnerstraße 77-79) genutzt werden.

Raphael Lemkin (1900 bis 1959) hat seine eigenen Erfahrungen mit Gewalt und Vertreibungen machen müssen, erläuterte Referentin Ulla Klux von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft. Vor den Nationalsozialisten floh Lemkin 1939 zunächst nach Schweden, später in die USA. Lemkin, der seit 1926 als Anwalt praktizierte, hatte sich schon früh mit Fragen rund um das Völkerrecht beschäftigt. Besonders die mangelnde Aufklärung von Völkermorden erboste den Rechtsgelehrten. Einen Durchbruch erzielte Lemkin, als er 1947 Indien, Panama und Kuba davon überzeugen konnte, eine von ihm ausgetüftelte Konvention zum Völkermord in die UN-Generalversammlung einzubringen. Das Papier, Grundlage auch für heutige Kriegsverbrecher-Prozesse, wurde nach zähem Ringen Ende 1948 mit 55 zu null Stimmen beschlossen.

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