Nachruf auf Nichelle NicholsWie Martin Luther King einmal Lieutenant Uhura rettete

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Nichelle Nichols  

New Mexico – An Bord des Raumschiffs Enterprise durchmaß sie zwar unendliche Weiten, aber insgeheim träumte Nichelle Nichols vom Broadway, von der großen Bühne. Weshalb sie schon nach der ersten „Star Trek“-Staffel bei Serienschöpfer Gene Roddenberry ihren Abschied als Kommunikationsoffizier Uhura einreichte.

Damals, in der Fernsehsaison 1966/67, war eine Rolle in der Science-Fiction-Serie eben nur einer von vielen möglichen Jobs. Roddenberry bat Nichols, ihre Entscheidung doch noch ein paar Tage zu überdenken.

In der folgenden Samstagnacht besuchte die Schauspielerin eine Benefizveranstaltung zugunsten der NAACP – der National Association for the Advancement of Colored People – in Beverly Hills. Einer der Organisatoren nahm sie beiseite: Ein großer Fan möchte sie unbedingt kennenlernen.

Ein Bürgerrechtler als heimlicher Verehrer

Der heimliche Verehrer entpuppte sich als Martin Luther King Jr. und als Nichols ihm eröffnete, dass sie demnächst vom Raumschiff Enterprise abheuern werde, bekniete der Bürgerrechtler die Schauspielerin, ihren Platz auf der Brücke nicht zu verlassen. Ihre Rolle, sagte Dr. King,  sei viel zu wichtig für die afroamerikanische Gemeinschaft. Endlich einmal eine schwarze Frau, die nicht als Magd oder in ähnlich dienender Funktion, sondern als würdevolle Autoritätsfigur auftritt, als Vierthöchste in der Befehlskette der U.S.S. Enterprise: „Zum ersten Mal“, lobte King, „werden wir im Fernsehen so gesehen, wie wir immer gesehen werden sollten. Genau darum marschieren wir“

Freilich war Nichols in ihrer roten Minikleid-Uniform auch schön anzusehen. Es waren halt die ’60er. Als US-Präsident Barack Obama die Schauspielerin 2012 im Oval Office empfang, gestand er ihr, dass er als junger Trekkie hoffnungslos in sie verliebt war.

Barack Obamas Jugendliebe

Die Erotik konnte auch eine Verbündete des Bürgerrechtskampfes sein:  Am 22. November 1968 – die Schauspielerin hatte auf Kings Gesuch hin für weitere „Star Trek“-Staffeln unterschrieben – kam es in der Folge „Platons Stiefkinder“ zum Kuss zwischen William Shatners heißblütigem Captain Kirk und Lieutenant Uhura. Außerirdische hatten sie per Telekinese dazu gezwungen, aber erzählen sie das mal zu Hause ihrer Frau.

Es war auch nicht, wie später beharrlich behauptet wurde, der erste TV-Kuss zwischen einer Schwarzen und einem Weißen –  aber es war der bis dato prominenteste Austausch von Intimitäten zwischen Mitgliedern verschiedener Ethnien auf dem Bildschirm und damit ein großer Schritt für die Menschheit.

Ihr erster TV-Auftritt führte zum Ende der Serie

Grace Dell Nichols – den alliterierenden Vornamen erhielt sie erst als Teenager – wuchs in Chicago auf, wo sie von Duke Ellington entdeckt wurde, der sie als Sängerin und Tänzerin engagierte.

Bald darauf trat sie in Stücken von James Baldwin auf, in Produktionen von „Porgy und Bess“ und „Carmen Jones“ und auch in Hugh Hefners Chicagoer Playboy Club. Ihr Beinahe-TV-Debüt feierte sie 1964 in der ersten Fernsehserie von Gene Roddenberry „The Lieutenant“. Die betreffende Episode des Militärdramas behandelte einen rassistischen Vorfall im Marine-Corps, woraufhin das Pentagon der Produktion seine Unterstützung aufkündigte und NBC die gesamte Serie absetzte: Es war kein einfacher Weg.

Auch „Star Trek“ wurde nach drei Staffeln abgesetzt, doch entwickelten sich die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise von Wiederholung zu Wiederholung zum generationenübergreifenden Phänomen. Nichols erkundet noch in sechs „Star Trek“-Kinofilmen fremde Galaxien und neue Zivilisationen, nun zum Kommander Uhura befördert – „uhuru“ bedeutet übrigens auf Swahili „Freiheit“.

Auf der Erde half sie mit ihrer Firma „Women in Motion“ ab 1977 der Nasa, Frauen und Angehörige ethnischer Minderheiten für deren Astronautenprogramm anzuwerben, zu ihren Rekruten gehörte auch Sally Ride, die erste Amerikanerin im Weltraum.

Nach einem Schlaganfall vor sieben Jahren wurde es stiller um Nichelle Nichols, am Samstag ist die Pionierin im Alter von 89 Jahren in Silver City, im US-Bundesstaat New Mexico an Herzversagen gestorben. 

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