Köln – Der Sommer neigt sich dem Ende. Das merkt man nicht nur an kürzer werdenden Tagen, sondern auch am Fernsehprogramm. Die Sender gehen wieder verstärkt mit neuen Formaten an den Start. Das größte Wagnis geht dabei an diesem Donnerstag RTL ein. Gleich drei neue Sendungen bekommen die Zuschauer dort ab 20.15 Uhr zu sehen. Es ist ein Wagnis, das der Kölner Sender eingehen muss. Frühere Quotengaranten wie "Deutschland sucht den Superstar" oder "Das Supertalent" können an alte Erfolge nicht anknüpfen.
Da muss etwas Neues her, denn die Konkurrenz rückt RTL auf die Pelle. Im Juni hieß der Marktführer bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern zum ersten Mal seit September 1992 nicht RTL, sondern das Erste. Nun muss man fairerweise einräumen, dass gegen die Fußballweltmeisterschaft kein Kraut gewachsen ist. Aber auch im August läuft es nicht rund für die Kölner. Pro Sieben kommt dem Sender in der jüngeren Zielgruppe immer näher. Zum Gegenschlag setzt RTL mit drei neuen Formaten an, die zwar altbekannte Genres bedienen - Casting, Dating, Comedy -, aber alle mit etwas Neuem daherkommen.
„Rising Star“
Live-Fernsehen ist teuer, aber Live-Fernsehen bietet den Sendern auch die große Chance, Ereignisse zu schaffen, die nur zu einem bestimmten Zeitpunkt funktionieren und die Zuschauer vor den Bildschirm bringen. "Weltweit war Fernsehen zuletzt immer dann besonders stark, wenn es Ereignisse geschaffen hat, über die das ganze Land spricht", hat RTL-Programmgeschäftsführer Frank Hoffmann im Juli gesagt und angekündigt, diesem "Trend der Eventisierung" zu folgen. In dieses Konzept passt perfekt "Rising Star" (20.15 Uhr).
Das Gesangscasting ist laut RTL "die erste interaktive Show, die diesen Namen verdient". Ein Seitenhieb gegen Pro Sieben, die mit "Keep Your Light Shining" schon vor Wochen das Publikum direkt einbezogen hat. Auch bei RTL sollen die Zuschauer mit Hilfe einer App zu Juroren werden und darüber entscheiden, welches Gesangstalent weiterkommt. Die Fachjury, bestehend aus Gentleman, Anastacia, Joy Denalane und Sasha hat nur einen geringen Einfluss auf das Weiterkommen. In Israel war die Show ein Hit, bei uns wird sicher auch die Frage, ob die Technik funktioniert oder nicht, über Erfolg und Misserfolg entscheiden.
„Adam sucht Eva“
Datingshows gibt es wie Sand am Meer. Ob Bauern, Dicke, Muttersöhnchen - fast jeder darf im Fernsehen die Liebe seines Lebens suchen. RTL folgt nun dem simplen Erfolgsmotto "Schöne Menschen in schöner Umgebung gehen immer" und schickt Nackte in die Südsee. Dort sollen sich Singles hüllenlos kennenlernen und im besten Fall näherkommen. Mit Voyeurismus hat das alles laut RTL natürlich nichts zu tun. Vielmehr sollen die Zuschauer "Zeugen des spannendsten Sozialexperiments des Jahres" werden. Warum ein nacktes Kennenlernen "Dating in seiner natürlichsten und pursten Form" sein soll, will der Privatsender um 22.25 Uhr beweisen.
„Was wäre wenn?“
Im Bereich Comedy glänzte RTL in den vergangenen Jahren nicht gerade häufig mit interessanten neuen Gesichtern. Aber weil irgendwann auch der Letzte nicht mehr über Mario Barth lachen kann, dürfen nun mit Jan Böhmermann, Palina Rojinski, Katrin Bauerfeind und Jan Köppen vier Moderatoren ran, die man eher nicht bei RTL suchen würde.
In "Was wäre wenn?" (23.20 Uhr) stellen sie sich in Einspielern eben genau diese Frage und beantworten sie auch gleich. Da läuft Jan Böhmermann mit Hitler-Bärtchen durch Köln, beim Interview mit einem Pro-Deutschland-Vertreter spielen sie Nazi-Bingo, und Katrin Bauerfeind bestellt Seltsames am Drive-in-Schalter. Zwischendurch sitzen sie im Studio vor Publikum und machen dort ähnliche Spielereien. Das wirkt zwar manchmal ziemlich pubertär, ist oft genug aber auch lustig. Und vor allem hebt es sich wohltuend von der restlichen RTL-Comedy ab.
