Ausstellung in BonnMalen mit Kaffeesatz

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Symbolbild Malerei

Malerei (Symbolbild)

  • Der Maler und Grafiker Martin Noël starb 2010 im Alter von nur 54 Jahren an einem Gehirntumor.
  • In seinen Werken bezog sich der in Köln ausgebildete Noël oft auf sein Vorbild Otto Freundlich, den Erfinder der organischen Abstraktion.
  • Das Bonner Kunstmuseum richtet jetzt eine Hommage an den Wahl-Rheinländer Noël aus.

Bonn – Die „Otto“-Variationen auf Birkenholz ähneln Druckstöcken. Die Pinselstriche deuten farbsatte Rechtecke an. Die Freiflächen sind mit dem Stechbeitel bearbeitet worden. Weißtöne weichen minimal voneinander ab. Die Farbkombinationen atmen Zuversicht.

Dabei wusste der von 1980 bis 1987 an der Kölner Fachhochschule ausgebildete Maler, Zeichner und Grafiker Martin Noël um das tragische Ende seines Vorbilds Otto Freundlich, dessen Steinkopf „Der neue Mensch“ auf der „Entartete Kunst“-Broschüre zu sehen war, als im „Dritten Reich“ besonders gehasstes Beispiel widerstandsfähiger Kunst.

Dem Erfinder der organischen Abstraktion, der 1943 im KZ Majdanek starb, widmete Noël 2007 eine „Hommage à Otto Freundlich“ im Berliner Mies van der Rohe Haus. So wie er die Verbindung zu dem verehrten Vorgänger in seiner Geburtsstadt am Leben hielt, so richtet dem Wahl-Rheinländer jetzt das Bonner Kunstmuseum eine Hommage aus.

2010 starb Noël mit nur 54 Jahren an einem Hirntumor. Seinen „Otto“-Memorabilien begegnet man gleich am Anfang, flankiert von gestischen Experimenten mit prägnanten Umrisslinien, Ruß und Kaffeesatz aus den späten 80er-Jahren.

Dann der Kurswechsel zum Holz- und Linoldruck, die eine viel mühsamere Bearbeitung des Widerstand leistenden Materials abfordern.

Das Ergebnis sind großformatige Drucke, spielend mit Kontrasten von heller Farbe auf schwarz grundierter Fläche. Manche entwickeln sich weiter zu objekthaften „Hölzern“, vergoldet und überirdisch, balancierend auf der Grenze zur Transzendenz. Man erkennt auf den Fragmenten Körperumrisse, ein Gesicht, Kopfhaar, das Geäst eines Zweigs. Aber auch Stadtlandschaften und Zitate aus der Kunstgeschichte, fotografisch festgehalten in Museen oder als Skizze auf Papier.

Nicht zu vergessen die Sprünge in den Bodenplatten des World Trade Centers nach dem Bombenanschlag von 1993, die Noël zu Motiven seiner Serie „New York Lines“ erhob. Das Ausmaß der Verwüstung inspirierte ihn dazu, aus den Trümmern Reste herauszuholen und deren Brüche auf gleich groß zugeschnittenes Papier zu drucken.

Die Titel sprechen mitunter eine weniger feinfühlige Sprache. Die Fußballwelt grätscht mit „Hässler“ hinein. Oder das Jazz-Universum mit „Miles Davis“. Irgendwann gesellt sich Malerei wieder dazu, ohne Hierarchie, im steten Fluss und Dialog der Gattungen. Die Farbe bleibt kräftig und in Bewegung, auch noch als Noël das Ende bereits vor Augen hat. Der pastose Pinselstrich beherrscht fast trotzig die Leinwand und lässt keinen Zweifel daran, dass auch diese letzten Suchbewegungen lustvoll ausgekostet wurden.

„Martin Noël paitprintpaint“ im Kunstmuseum Bonn, bis 13. September. Di. - So. 11-18 Uhr, Mi. 11-21 Uhr.

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