Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar

Bernd das Brot
Ein Held unserer Zeit wird zum US-Star

Ein Kommentar von
2 min
ARCHIV - 13.03.2020, Thüringen, Erfurt: Passanten laufen hinter der Figur «Bernd das Brot» aus dem Kinderfernsehen neben dem Rathaus am Fischmarkt entlang.
 (zu dpa: «Großer Auftritt für Bernd das Brot in US-Satire-Talkshow») Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bernd das Brot in Erfurt.

Comedian John Oliver macht das Maskottchen des Kika in den USA zum Star. Dass Bernd dort so gut ankommt, ist kein Zufall.

Manche Helden tragen keine Capes. Sie tragen eigentlich gar nichts – außer ihre schlechte Laune vor sich her. Vorbild für alle Pessimisten, Eigenbrötler und Drinnies dieser Welt ist ein depressives Kastenweißbrot, das keinen Hehl aus seiner Grundstimmung macht: „Mein Leben ist die Hölle“ ist einer der Lieblingssätze von Bernd das Brot, seit 25 Jahren Maskottchen des Kinderkanals Kika.

Nun muss man sagen, dass man Bernd mit diesem Job keinen Gefallen getan hat, will er doch eigentlich nur eins: in Ruhe gelassen werden. Das klappt schon im Kika so mäßig, wo er mit zwei stets gut gelaunten Sidekicks leben muss. Aber diese Woche dürfte sein persönlicher Albtraum eingetreten sein. Der Satiriker John Oliver widmete dem deutschen Spirit Animal in seiner amerikanischen Late Night „Last Week Tonight“ ganze zehn Minuten Sendezeit.

John Oliver ist begeistert

Und der gebürtige Brite konnte seine Begeisterung über „das Deutscheste, was ich je gesehen habe“, kaum im Zaum halten. Mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Freude wies er immer wieder darauf hin, dass Bernd im Kinderfernsehen zu sehen ist. Und blickt man auf das knorrige Kastenbrot mit den Augen eines Zuschauers, der nicht in Deutschland lebt, ist die Überraschung in der Tat nachvollziehbar, sind Charaktere für Kinder doch sonst meist gut gelaunt, empathisch und nie um einen pädagogischen Tipp verlegen.

Bernd das Brot hingegen bricht mit allen Erwartungen. Woran das liegt? Wie jeder hat auch er sein Kreuz zu tragen. War er doch mal in ein schlankes, wunderschönes Baguette verliebt, das aber nur Augen für ein „dahergelaufenes Mehrkornbrot mit seinen zehn Getreidesorten“ gehabt habe. Dies sei sehr deprimierend gewesen. Dennoch ist definitiv keine Frau Schuld daran, dass Bernd ist, wie er ist, stellte sein Erfinder Tommy Krappweis einmal klar. Die schlechte Laune ist ihm in die Backform gelegt worden. Und damit spricht er vielen in unserer krisengeschüttelten Zeit aus dem Herzen. Wer würde manchmal nicht gern einfach den Kopf in den Sand stecken?

Schon vor Jahren sagt Bernd in einer Neujahrsansprache: „Immer, wenn man denkt, das nächste Jahr kann nicht schlimmer kommen, kommt es noch schlimmer als schlimmer.“ Das nächste Jahr werde die Hölle. Sein Rat an alle Kinder: „Grabt ein Loch und setzt euch rein.“ Das ist zwar wenig konstruktiv, aber extrem befreiend. Bernd ist der Held, von dem wir nicht wussten, dass wir ihn brauchen.