Hugh Grant & Matthew McConaughey im Interview„Bin 59 Jahre alt und trinke zu viel“

Lesezeit 7 Minuten
Grand McCanaughey

Die Schauspieler Hugh Grant (l.) und Matthew McConaughey. 

  • Im großen Interview sprechen Hugh Grant und Matthew McConaughey über ihren gemeinsamen Film „Gentlemen“ von Regisseur Guy Ritchie.
  • Die beiden Schauspieler stellen sich der Charakterfrage und nehmen Stellung zu ihren persönlichen Lastern. Auch Alkohol spielt da eine Rolle.
  • Bei den Dreharbeiten lief nicht immer alles glatt.

London – Die Hollywood-Stars Hugh Grant und Matthew McConaughey trafen sich zu einem gemeinsamen Interview in London. Das Gespräch fand in Regisseur Guy Ritchies Pub „Lore of the Land“ mitten in London statt.

Mr. Grant, Sie spielen in „The Gentlemen“ einen schmierigen, skrupellosen Privatdetektiv. Waren Sie überrascht, dass ausgerechnet Sie für diese Rolle ausgewählt wurden?

Hugh Grant: (Lacht) Nein, ich habe die Ironie natürlich sofort gesehen. Immerhin habe ich sieben lange Jahre einige Blätter der englischen Boulevard-Presse verklagt – wegen übler Nachrede, Falschmeldungen und Lügen. Und dafür, dass sie meine Telefonanschlüsse angezapft und meine Krankenakten gestohlen haben. Einmal wurde sogar bei mir eingebrochen.

Gab es ein reales Vorbild für die Rolle?

Grant: Nein. Ich habe mich zur Vorbereitung auf den Film sogar mit ein paar dieser Schmierfinken getroffen. Einige von denen, die ich damals verklagte, hatten sich überraschenderweise sogar schon vor einiger Zeit meiner Kampagne „Hacked Off“ für sauberen Journalismus angeschlossen. Wir sind dann gemeinsam gegen die Zeitungsbosse vorgegangen. Denn genau die wollte ich ja zur Rechenschaft ziehen – nicht deren Laufburschen. Natürlich habe ich mir für meine Rolle von diesen Journalisten einige Manierismen abgeschaut. Wie sie sich kleiden oder welche Accessoires sie haben. Diese schreckliche Brille, die ich im Film trage, war so ein Teil.

Guy Ritchies Filme wirken immer sehr stilisiert. Gefällt Ihnen das?

Matthew McConaughey: Ja, sehr. Guy kreiert für jeden seiner Filme immer eine ganz eigene Sprache. Die Dialoge sind ganz bewusst sehr stilisiert. Normalerweise redet so doch kein Mensch. Aber das ist für mich als Schauspieler ja gerade auch der Spaß an der Sache.

Grant: Ja, das ist schon sehr besonders. Sehr oft hatte ich das Gefühl, dass es nicht so sehr darauf ankommt, was die einzelnen Personen sagen, sondern wie sie es sagen. Und hat man endlich in den ganz speziellen Sprechrhythmus hineingefunden, macht es einem große Freude so zu reden. Allerdings gab es da auch ein großes Problem: Guy liebt es nämlich, seine Texte noch während der Dreharbeiten ständig zu überarbeiten – oder gar neu zu schreiben. Und da ich sehr lange Textpassagen hatte, waren diese Änderungen in letzter Minute oft extrem schwierig für mich zu meistern.

Warum genau?

Grant: Machen wir uns nichts vor: Ich bin 59 Jahre alt und trinke zu viel. Da lässt die Merkfähigkeit schon oft zu wünschen übrig. Deshalb habe ich auch schon vier Wochen vor Drehbeginn damit begonnen, diese Wahnsinns-Textmengen auswendig zu lernen. Das war im Ski-Urlaub mit meiner Familie. Während meine Frau und die Söhne beim Skifahren viel Spaß hatten, bin ich stundenlang mutterseelenallein durch den Schnee gestapft und habe mir den Text eingehämmert.

Endlich konnte ich ihn auswendig, und kam also total motiviert und super textsicher zu den Dreharbeiten – da kam Guy und sagte zu meinem großen Entsetzen: „Wir haben alles geändert. Hier sind zwei Seiten mit neuen Dialogen!“ Ich sagte: „Das kannst du nicht machen! Das kann ich mir unmöglich in fünf Minuten reinziehen!“ Er: „Kein Problem. Du kannst den Text ja vom Teleprompter ablesen.“ Ich: „Darling, ich bin Schauspieler – kein Nachrichtensprecher!“ Ich war stinksauer und richtig wütend. Schließlich haben wir dann doch den Originaltext genommen und alles war wieder gut.

Unterscheidet sich der britische Film eigentlich noch vom Hollywoodfilm?

McConaughey: Britische und amerikanische Filme unterscheiden sich tatsächlich immer weniger. Der große Unterschied ist, dass Hollywoodfilme in der Regel ein höheres Budget haben.

Grant: Die traditionellen Stärken des britischen Kinos sind doch – wenn überhaupt – die Schauspiel-Kunst und die Drehbuch-Inhalte. Aber nie der visuelle Aspekt. Guys Filme sind da anders. Seine Filme leben auch immer von der hochoriginellen Bildsprache. Guy kommt ja aus der Werbung und weiß deshalb sehr genau, wie man visuelle Effekte erzielen kann. Er kann Szenen wirklich sexier machen! Und er hat Stilbewusstsein, was mir sehr gefällt. Denn Stil vermisse ich in England schon lange und sehr schmerzlich auch im täglichen Leben. Das ist das große Manko der britischen Kultur. Will man Menschen mit Lebensstil begegnen, dann sollte man nach Paris ziehen. Oder nach Mailand. Nach London kommt man nur, wenn man jemanden treffen will, der gut zu seinem Hund ist.

Mr. Grant, Sie haben nach langer Zeit wieder mal einen unattraktiven, ja unsympathischen Typen gespielt…

Grant: … wofür ich Guy sehr dankbar bin, dass ich das durfte. Die meisten Leute haben vermutlich vergessen, dass ich vor dem Film „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ bereits eine Karriere als vielseitiger Charakterdarsteller hatte. Und erst danach sehr häufig in diesen romantischen Komödien als der nette Liebhaber besetzt wurde. Ich bin ziemlich froh, dass diese Zeit nun endgültig hinter mir zu liegen scheint. Natürlich hatte ich auch ein bisschen Sorge, dass ich mit meiner „Gentlemen“-Rolle voll auf die Nase fliegen könnte. Aber – no risk, no fun!

In „The Gentlemen“ spricht man ganz offen über Laster, wie Heroin. Was ist Ihr persönliches Lieblingslaster?

McConaughey: Ganz sicher nicht Heroin. Oder andere Drogen. Lassen Sie mich überlegen… Ich habe schon ein paar Laster… Hugh, kannst Du mir helfen?

Grant: Gerne. Meine Laster? Gier, Eitelkeit…

McConaughey: … ja, eitel bin ich auch…

Keinen Joint ab und an? Was ist denn der Stoff, den Sie wählen, um high zu werden?

McConaughey: (schaut entgeistert)

Grant: Ich trinke gern. Allerdings habe ich fünf kleine Kinder. Da halten sich meine Ausschweifungen in Grenzen. Kinder und Kater – das geht schlecht zusammen. Beim Trinken bin ich übrigens nicht wählerisch. Wein, Whisky, Gin, Bier… eigentlich alles, was ich in die Finger bekomme. Allerdings fröne ich diesem Laster erst nach 18 Uhr. Da bin ich eisern.

Mr. McConaughey, in den USA ist in vielen Staaten Marihuana mittlerweile legalisiert. Gut oder schlecht?

McConaughey: Sehen wir uns Colorado in zehn Jahren wieder an. Und schauen wir dann ganz besonders auf die Kriminalitätsrate ...

Der Film spielt mit dem Gedanken, dass es Verbrechen gibt, die moralisch eher gerechtfertigt sind als andere. Wie stehen Sie dazu?

Grant: Mir gefällt das. Als ich den Film „Mickey Blue Eyes“ gemacht habe, traf ich mich in New York öfter mit echten italienischen Mafiosi. Denen war es sehr wichtig, sich von der – in ihren Augen – verachtungswürdigen russischen Mafia abzugrenzen. Sie erzählten mir, dass die Russen jeden umbringen würden. Dass aber die italienische Mafia nur italienische Mafia-Angehörige killen würde. Ich weiß natürlich nicht, ob das stimmt. Aber ich würde es mir wünschen. Denn das ist ja gerade auch ein Teil dieser ganzen Mafia-Romantik, die wir aus den Scorsese-Filmen kennen oder aus der „Paten“-Trilogie. Dieses Ehrgefühl gibt es auch in „The Gentlemen“. Matthew spielt ja nur einen Marihuana-Dealer, während dieser andere Schuft reihenweise Leute umbringt.

Was zeichnet einen echten Gentleman aus?

Matthew McConaughey: Ein echter Gentleman ist diskret. Er respektiert die Privatheit von anderen Leuten. Er respektiert sein Gegenüber und würde sich nie zu Klatsch und Tratsch über eine Person hinreißen lassen. Gelegentlich passiert es mir, dass Leute zu mir kommen und mich über einen Kollegen oder eine Kollegin aushorchen wollen. Die weise ich jedes Mal eiskalt in ihre Schranken.

Grant: Das ist sehr nobel von dir. Ich muss gestehen, ich liebe ein bisschen Klatsch. Ich halte mich auch nicht unbedingt für einen Gentleman. Und im Film spiele ich ja einen Typen, der das totale Gegenteil von einem Gentleman ist. Er denkt nur an sich und seinen Vorteil. Er ist ein lupenreiner Narzisst.

McConaughey: Den spielst du wirklich sehr überzeugend.

Grant: Ich weiß. Ich habe zwar keine Ahnung, warum man mich so oft diese selbstbezogene Narzissten spielen lässt… Wahrscheinlich kommt da mein eigentlicher Charakter zum Vorschein. Ja, je länger ich jetzt darüber nachdenke: So bin ich!

Das könnte Sie auch interessieren:

Welche Qualität schätzen Sie an Ihrem Filmpartner?

McConaughey: Da gibt es einige. Was ich an Hugh besonders schätze, ist sein makelloses Timing. Keiner spielt so genau auf den Punkt wie er. Faszinierend.

Grant: Matthew ist ein brillanter Schauspieler – und ein echter Filmstar. Für mich gibt es da einen großen Unterschied. Matthew ist beides. Und er hat mir erzählt, dass er seit über 20 Jahren einen Schauspiellehrer hat. Ich meine: Der Mann hat einen Oscar gewonnen und hat immer noch einen Schauspiellehrer!

Warum auch nicht?

Grant: Ja, genau. Sie haben ja so recht. Roger Federer hat ja auch einen Tennislehrer. Ich muss zu meiner Schande gestehen: Ich habe keinen!

Tennislehrer?

Grant: Schauspiellehrer. Und das sieht man!

KStA abonnieren