Ein Junge wird gemobbt, weil er mit einem „My little Pony“-Rucksack in die Schule kommt. Das Jugendstück „Das kleine Pony“ zeigt die Reaktion der Eltern.
Jugendtheater in KölnWenn „My little Pony“-Fans zu Tode gemobbt werden

Leo Kamphausen und Ines Langel in „Das kleine Pony“, Box - Theater in der Südstadt
Copyright: Allesandro de Matteis
Paco Bezerras Stück „Das kleine Pony“ beruht auf realen, äußerst erschütternden Ereignissen: Ein neunjähriger Junge, der wegen seines Fantums der – übrigens großartigen – Serie „My Little Pony“ so lange von seinen Mitschülern gemobbt wurde, bis er einen Suizidversuch unternahm, den er nur mit schweren Hirnschäden überlebte (es starb sieben Jahre später).
Ein anderer Junge, Grayson Bruce, der wegen eines Rucksacks der nämlichen Serie nicht nur von seinen Schulkameraden, sondern auch von der Schule selbst schikaniert wurde, deren Lösung des Problems darin bestand, ihm das Tragen des Pony-Rucksacks auf dem Schulgelände zu verbieten. Diese Geschichte fand ein besseres Ende: Graysons Mutter wandte sich an die Medien, startete eine Internet-Petition, erfasst sofort die fehlerhafte Logik der Schule: „Eine Brotdose als Auslöser für Mobbing zu bezeichnen, ist so, als würde man sagen, ein kurzer Rock sei ein Auslöser für eine Vergewaltigung.“
Die Eltern des kleinen Luis im Stück des Spaniers sind leider nicht so artikuliert. Die Mutter, in der Kölner Inszenierung von Nikos Konstantakis gespielt von Ines Langel, wünscht sich einfach nur, ihr Sohn wäre „normal“, würde sich geschlechtskonform verhalten, oder wie sie es ausdrückt, mit dem Batman-Rucksack zur Schule gehen. Leo Kamphausens Vater dagegen lässt sich von seinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn leiten.
Hilferufe aus dem Vocoder
Das ist natürlich viel sympathischer, aber zuerst auf seinen Sohn zu hören, das ist ihm leider auch nicht gegeben. Der bildet denn auch die Leerstelle des Stücks, ist nur als Porträt anwesend, in dem er sich nach und nach in eines der Zeichentrick-Ponys verwandelt – und durch die eindringlichen musikalischen Einwürfe der Sängerin und Elektronikmusikerin Anna Illenberger, vom Vocoder verfremdete Hilfeschreie, die bei den Eltern nicht anzukommen scheinen. Die verhaken sich zusehends im Streit zwischen Konformismus und Aktionismus.
Leider finden auch das solide-naturalistische Spiel der Akteure und die dichte, atmosphärische Musik nie so richtig zusammen, sie bewegen sich auf ganz unterschiedlichen ästhetischen Ebenen. Und wenn schon der gesamte Saal des „Box –Theater in der Südstadt“ (das ehemalige Theater am Sachsenring) als „multisensorisch erfahrbarer Raum“ gestaltet ist, warum verharren die Protagonisten dann bis kurz vorm Ende auf der Guckkastenbühne?
Der durchschnittliche Zuschauer – der Abend ist empfohlen ab 12 – weiß bereits nach den ersten Minuten, was hier falsch läuft. Die restliche Zeit verbringt er mit dem geheimen Wunsch, Mutter und Vater aus ihrem jeweiligen Verblendungszusammenhang zu rütteln, um die ganze Sache abzukürzen. Zumal sich die beiden in Wiederholungsschleifen zu streiten scheinen, während die Inszenierung nach und nach an ihrem eigenen Ernst zu ersticken droht.
Oder, für „My little Pony“-Fans zusammengefasst: Weniger Twilight Sparkle (das ernsthaft beflissene Pony), mehr Pinkie Pie (ihre humorbegabte Freundin) hätte hier gutgetan.
Termine: 22. (20 Uhr), 23. (18 Uhr), 24. (20 Uhr) April, Box – Theater in der Südstadt, Sachsenring 3