K.I.Z geben Frauenkonzert in Köln„Ich habe meine Beine bewusst nicht rasiert!“

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Das Hip-Hop-Trio K.I.Z hat in der Lanxess-Arena nur für Frauen gerappt.

Köln – „Zerreißt die Männer!“, „Bringt sie um!“, schallt es von der Bühne, die Menge johlt. Der Grat zwischen Satire und Grenzüberschreitung scheint breiter – breit genug zum Tanzen. „Boom Boom Boom / Ich bring euch alle um“ singen sie und mit „alle“ sind an diesem Abend ganz klar nur Männer gemeint.

Nach mehr als zwei Jahren Pause ist es endlich wieder so weit: Das Berliner Hip-Hop-Trio K.I.Z lädt zum Frauenkonzert ein. Männer müssen draußen bleiben, nur vereinzelt sieht man Theken- oder Security-Mitarbeiter. Einige von ihnen mit Langhaar-Perücke. Seit mehr als fünfzehn Jahren provoziert K.I.Z schon mit seinen satirischen Songtexten, zum Weltfrauentag nur für Frauen, 2018 gab es eine ganze Frauentournee. 2021 und 2022 musste der Termin verschoben werden: Die Euphorie in der fast ausverkauften Lanxess-Arena ist entsprechend groß – etwa 12.000 Frauen warten gespannt auf Tarek Ebéné, Maxim Drüner und Nico Seyfried.

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Die Newcomerin Liz hat die Menge vor K.I.Z. aufgewärmt.

Doch erst feiert die Newcomerin Liz in der Arena. Die 24-jährige Frankfurterin hat Anfang des Jahres mit „Mona Liza“ ihr Debütalbum rausgebracht – ein Dreivierteljahr später rappt sie in schwarzer Jogginghose und perlenbestickter Jacke auf dem Arena-Laufsteg und beteuert immer wieder ihre Begeisterung angesichts so vieler Menschen – so vieler Frauen – vor ihr.

Dann geht es endlich los, Beyoncés Frauen-Hymne „Run the World (Girls)“ schallt aus den Lautsprechern, das Publikum singt begeistert mit. Bis das Licht ausgeht, das Kreischen losgeht. Joe vom DJ-Duo Drunken Masters tritt im Abendkleid an das Pult, das über einem rosa-gefärbten Mode-Geschäft thront. „Haute K.I.Z“ steht groß über dem Laden.

K.I.Z in Abendkleidern

Dann kommt K.I.Z: Graziös schreiten Maxim, Nico und Tarek auf die Bühne, baden im Applaus. Auch ihre Bühnenoutfits schreien Roter Teppich, Luxus, weiblich: Maxim posiert im langen und hautengen, goldenen Paillettenkleid, Nico wedelt sich mit einem rosa-gefiederten Fächer Luft zu, Tareks Kopf ziert eine gelockte, schwarze Perücke – „schwer zu pflegen“ soll er später noch sagen und „Nein, du darfst sie nicht anfassen“. Das Make-up der drei Rapper sitzt makellos – im Verlaufe des Abends loben sie sich gegenseitig für ihr tolles Aussehen und fordern auch vom Publikum Anerkennung für die schönen roten Nägel.

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Die Rapper haben sich rausgeputzt, hier Tarek Ebéné im blauen Glitzerkleid.

K.I.Z startet mit „Ich ficke euch (alle)“ vom aktuellen „Rap über Hass“-Album und die Frauen grölen textsicher mit. Klischees über verhaltene und zarte Damen werden hier gebrochen, niemand nimmt ein Blatt vor den Mund oder hält sich beim Bier zurück. Auch K.I.Z nicht, obwohl Maxim erzählt, sein Freund fände es unweiblich, wenn er Bier trinkt. „Aber hier sind wir ja unter uns“, sagt er, bevor er sich dann ein Pils aufmacht und seine Solo-Single „Bier“ anstimmt.

Das Berliner Trio verschwestert sich mit dem Publikum, lästert über toxische Freundinnen, Exfreunde, über Männer im Allgemeinen. „Scheiße, dass morgen auch Männer kommen“, sagen sie, das Publikum lacht. Die Show ist eine Mischung aus der von K.I.Z gewohnten Provokation, Gesellschaftskritik und Satire, manchmal Comedy. Die Rapper kokettieren mit Tabus und die Frauen feiern sie dafür. Auch bei ihnen scheint alles erlaubt, von Jogginghose über Paillettenkleid bis Sterne auf den Nippeln oder gar ganz oben ohne – nichts scheint unmöglich, wenn die „Schwestern“ endlich mal unter sich sind.

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Konfettiregen und Feuer haben die Show abgerundet.

Zu „Kinderkram“ flammt ein Lichtermeer auf, bei Tareks „Hartz 4“ geht das Publikum in die Hocke, zu „Definition von Glück“ wird gebounct, wie es sich beim Hip-Hop gehört. Ihre Single zur letzten Bundestagswahl, „Danke Merkel“, läuten sie mit den Worten ein: „Die Engländer haben ihre Queen verloren, aber wir haben unsere noch“. Die Hände gehen hoch, die Finger zur Raute geformt, von links nach rechts, hin und her. Dann ertönt ein Handy-Klingelton, Nico geht ans Telefon. Aus den Lautsprechern schallt angeblich Angela Merkel, die die Jungs unbedingt zur Afterparty bei sich einladen will. Nach zwei Stunden spielen K.I.Z endlich ihren Hit „Hurra die Welt geht unter“.

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Zur Zugaberunde spielt DJ Joe Hits wie „Girl on fire“ und „Wannabe“ an, dann kommt eine Fashionshow. In Hotpants, Jumpsuit und Jeans mit Sneakern tanzen Frauen über den Laufsteg, die vorher über eine Social-Media-Aktion ausgewählt wurden. Und auch Tarek, Maxim und Nico kommen wieder – in neuen Kleidern, nicht weniger pompös. Sie diskutieren über ihre rasierten und nicht-rasierten Beine, Tarek kassiert Begeisterungsstürme für seine Aussage: „Ich habe meine Beine bewusst nicht rasiert!“ Bei „Ein Affe und ein Pferd“ bilden sich im Innenraum riesige Moshpits – die Frauen eskalieren.

Zum Abschluss hat K.I.Z auch noch eine Überraschung parat: Die Jungs von Kraftklub schlendern – in Schulmädchenoutfits – auf die Bühne. Zusammen singen sie „Geboren weil du lebst“. Die ungewöhnlich ernsthafte und ruhige Nummer haben K.I.Z, Kraftklub und Casper im Sommer als „Achtzig Tausend Millionen“ rausgebracht. Nach fast drei Stunden schließt K.I.Z dann mit einem alten Hit: „Haus in Neuruppin“ vom Hahnenkampf-Album. Die „Schwestern“ gehen ein letztes Mal ab, schwenken die Arme in der Luft, frei und euphorisch.

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