KlassikRotterdamer Feuerwerk

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  • Fulminante Eröffnung der Spielzeit in der Philharmonie

Das Rotterdams Philharmonisch Orkest zündete zur Eröffnung der Klassik-Saison ein wahres Feuerwerk. Vom Dirigentenpult aus waltete der ebenso charismatisch-animierende wie tänzerisch-präzise Yannick Nézet-Séguin, der ehemalige Chefdirigent des Orchesters und designierte Nachfolger von James Levine an der Metropolitan Opera in New York. Gleich zu Beginn entflammten die niederländischen Pyrotechniker die Kölner Philharmonie mit den überschwänglich aufspringenden Doppeloktaven und perlenden Raketen von Mozarts „Haffner-Sinfonie“. Mit gut kalkulierter Agogik und fein differenzierter Betonung, doch in der Wirkung stets spontan, gelangen sämtliche abrupten Tonart-, Dynamik- und Charakterwechsel leicht, spritzig, flink. Man hörte förmlich die Turbulenzen, während denen Mozart die brillante D-Dur-Symphonie im Sommer 1782 innerhalb weniger Tage zwischen einem Umzug und seiner Hochzeit mit Konstanze schrieb. Die wechselnden Tonfälle des Themas überschlagen sich wie Witz und Humor in Billy Wilders Screwball-Comedy „Some Like It Hot“. Dagegen gleicht das zweite Klavierkonzert A-Dur von Franz Liszt dem Psychogramm eines von Weltschmerz zerrissenen romantischen Ichs. Das Hauptthema des einsätzigen Werks durchläuft verschiedene rhythmische, harmonische und instrumentale Transformationen bzw. Seelenzustände: melancholisch verloren, kämpferisch entschlossen, süß schwärmend oder manisch auftrumpfend. In symphonischer Verschmelzung von Individuum und Welt, Solo und Tutti, glänzte Pianist Yefim Bronfman bei Oktavgängen und wuchtigen Bassanschlägen mit überragender Geläufigkeit und Kraft. Und trotz allem dunklen Brüten der Musik fanden Solist und Orchester zu einer erfreulich unprätentiösen Klarheit von Klang und Struktur. Zu einem Hörerlebnis wurde schließlich auch die leidenschaftliche Aufführung von Tschaikowskys 4. Symphonie. Das Schicksal des dramatischen f-Moll-Werks scheint bereits im Kopfsatz besiegelt, der sich mit unerbittlichen Trompeten-Appellen, chromatischen Sehnsuchtswellen und ultimativen Tutti-Schicksalsschlägen zermartert. Doch unvermutet folgen heitere Mittelsätze, insbesondere das trunkene Pizzikato-Scherzo, in dem Tschaikowsky den kompletten Streicherapparat wie eine riesige Meta-Geige behandelt.

Der Schlussjubel im Finalsatz erscheint dann – ähnlich wie später bei Gustav Mahler – wegen der demonstrativ banalen Themen wenig glaubhaft. Umso eindeutiger äußerte sich indes anschließend das begeisterte Publikum: Große Ovation!

Yannick Nézet-Séguin

Yannick Nézet-Séguin

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