Kölner KulturSetzt der neue Entwicklungsplan wirklich „deutschlandweit Maßstäbe”?

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Kein Raum für Kunst: Die Ateliers in der Wachsfabrik sind von der Schließung bedroht.

Kein Raum für Kunst: Die Ateliers in der Wachsfabrik sind von der Schließung bedroht.

  • Beim Kulturmarketing übertreibt es die Stadt Köln seit Jahren mit der Bescheidenheit.
  • Auch in anderen Kulturbereichen müsste mehr geklotzt werden. So fehlt es zum Beispiel dringend an Räumen für Künstler.
  • Am Donnerstag wird in Köln der neue Kulturentwicklungsplan beschlossen. Und: Was steht drin?

Köln – In Köln scheint gerade Historisches zu geschehen. Jedenfalls preist die Verwaltung ihren aktuellen Kulturentwicklungsplan (KEP) als eine Leistung an, die „nicht nur inhaltlich, sondern auch hinsichtlich des Verfahrens deutschlandweit Maßstäbe“ setzt.

Tatsächlich entstand der Plan an insgesamt 13 runden Tischen im Rahmen eines dreijährigen „partizipativen und demokratischen Prozesses“, an dem vor allem Vertreter der freien Kölner Kulturszene ihre Vorstellungen und Wünsche äußern konnten. In politischen Kreisen wird gleichwohl eher von einer Fleißarbeit als einer Großtat gesprochen. Von der lebenswerten Stadt bis zur fairen Bezahlung bleibt kaum ein Thema ausgespart, die Beschlussvorlage für den Kölner Stadtrat hat den Umfang eines zahlreiche Themen streifenden Kurzromans. Allerdings trägt auch dieser KEP einen typischen Geburtsmakel: Die schöne kulturpolitische Prosa steht wie immer unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit.

Drei Vorhaben nach drei Jahren

An diesem Donnerstag entscheidet der Kölner Stadtrat ohnehin nicht über die zahlreichen Ankündigungen und Forderungen, die durchaus geeignet wären, das Kölner Kultur- und Stadtleben in Teilen umzukrempeln. Sondern über drei Vorhaben, die mit einem Gesamtbudget von 200.000 Euro weder finanzielle noch sonstige Rahmen sprengen. So will die Kulturverwaltung einen mit 15000 Euro dotierten Preis für Popmusik ausloben und in diesem Jahr erstmals vergeben; Man will ein „zentrales Raummanagement“ installieren, um mehr Platz für Ateliers und Probenräume zu finden und zu schaffen; und für 120.000 Euro soll das Kulturmarketing professioneller werden. Die Finanzmittel wurden bereits in den Haushalt eingestellt; es wird allgemein damit gerechnet, dass der Rat den Antrag ohne Änderungen beschließt.

Gesucht: Platz für Kultur

Alles andere wäre auch ein Wunder, denn mit ihren Vorschlägen zu Kulturmarketing und Raummanagement reagiert das Kulturdezernat auf lange bekannte und beklagte Missstände. Wie in allen deutschen Großstädten werden auch in Köln billige Kulturräume knapp, weshalb der Kölner Rat für 2019 eine Million Euro bewilligte, um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen. Akut bedroht sind die Künstlerateliers in der Wachsfabrik und die Fuhrwerkswaage, eine Ausstellungshalle in Sürth – beiden Initiativen wurden die Mietverträge von privaten Eigentümern gekündigt. Im KEP ist nun ein Kataster städtischer Kulturräume vorgesehen, in dem sich die Stadt überhaupt erst einmal einen Überblick über die vorhandenen Möglichkeiten verschafft. Außerdem soll das zentrale Raummanagement helfen, leerstehende Räume und Brachen zu finden und bei Eigentümern für kulturelle Zwischennutzungen loszueisen.

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Mehr Werbung für die Museen

Beim Kulturmarketing übertreibt es die Stadt Köln seit Jahren mit der Bescheidenheit. Obwohl sie über neun Museen von überregionaler und teilweise weltweiter Geltung verfügt, können insbesondere die kleineren Häuser mangels eines entsprechenden Etats schon in Düsseldorf nicht mehr für sich werben. Das Kulturdezernat will deswegen die Kräfte bündeln, etwa mit „abgestimmten Aktionen“ oder einem Touristenpass, der gegen einen Pauschalpreis Eintritt in sämtliche städtische Museen und freie Fahrt im öffentlichen Nahverkehr vereint. Bereits verwirklicht ist die erste Ausgabe des vom Kölner Museumsdienst herausgegebenen Werbemagazins „museenkoeln“. Es hat eine Auflage von 26.000 Stück, soll dreimal jährlich erscheinen und stellt zum Auftakt auch mehrere Ausstellungen vor, die zum Zeitpunkt der Auslieferung nicht mehr oder nur hoch wenige Tage geöffnet waren. Auch bei der kulturellen Planerfüllung steckt der Teufel offenbar im Detail.

Preis für Popmusik

Über den Kölner Preis für Popmusik wissen selbst die kulturpolitischen Sprecher der Ratsfraktionen nichts Genaues. Der KEP schweigt sich dazu ebenfalls weitgehend aus, wie ohnehin die Vorlage wenig ins Detail geht. Brigitta von Bülow (Grüne) findet es daher wichtig, „dass im Beschluss auch eine Priorisierung aufgenommen“ wurde. „Wir brauchen eine Richtung“, so von Bülow. Die aktuellen Vorschläge wirken auf sie „ein bisschen herausgegriffen“. Aber das müsse ja nicht schlecht sein.

Klaus Schäfer (SPD) sieht den KEP ebenfalls positiv, trotz einiger Kompromisse. „Beim Raummanagement hätte ich mir stärkere Verpflichtungen gewünscht“, so Schäfer. Ihm gefällt vor allem, dass die Tanzsparte „in den Vordergrund gerückt“ werde. Auch Ralph Elster (CDU) mag in der „Wunschliste der freien Szene“ nichts Schlechtes sehen. Allerdings fehlt ihm beim KEP der Blick von außen. Das Thema Kulturmarketing müsse zudem mit den anderen laufenden Initiativen zum Stadtmarketing vernetzt werden, so Elster. Ein Alleingang der Kultur wäre hier der falsche Weg.

Eine gewisse finanzielle Sprengkraft liegt in dem Vorhaben, „mindestens Teilgrundstücke großer Entwicklungsbereiche“ in kommunalem Besitz zu belassen und nach Möglichkeit kulturell zu nutzen. Bauinvestoren sollen laut KEP zudem Raum für Kultur vorsehen, der in städtischen Besitz übergeht und durch reduzierten Miet-, Erbpacht oder Grundstückszins für Kulturschaffende erschwinglich bleibt. Aus der Politik hört man bei diesen Plänen schon mahnende Stimmen: Man müsse aufpassen, dass die Stadt am Ende nicht die Bauwirtschaft subventioniert.

Für Kölns Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach ist der Kulturentwicklungsplan eine „große Chance“. Sie sieht darin einen „Schulterschluss“ der gesamten Kölner Kulturszene und betont, dass die ersten Vorschläge nur der Anfang eines fortlaufenden Projekts sein können. „Kulturpolitik ist mehr als das Sahnehäubchen“, so Laugwitz-Aulbach, „sie sollte ein wesentlicher Faktor der Stadtentwicklung sein.“ Die Prioritäten des äußerst vielfältigen KEP sieht die Dezernentin in einem sehr guten Miteinander von freier Szene und „Leuchttürmen“, in der Eröffnung von Oper und Schauspiel am Offenbachplatz und in der Fortentwicklung der Kölner Museumslandschaft.

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