Kölner AusstellungWarum Christian Klant fotografiert wie vor 160 Jahren

Aus der Serie Guardians
Copyright: Christian Klant
Köln – Es ist eine Binse, dass die Fotografie immer auch eine Reise in die Vergangenheit ist – schließlich ist jeder festgehaltene Moment Geschichte sobald wir das Foto betrachten, ganz gleich, ob dieser zwei Sekunden oder viele Jahrzehnte zurückliegt. Nun gibt es aber fotografische Bilder, die diese Vergänglichkeit stärker ausstrahlen als andere. Die Farben eines Kodachrome-Films oder die längst vergilbten Polaroids tun dies mehr als die gesättigten Bilder unserer Smartphones, und Schwarzweiß-Fotos stehen per se unter Nostalgie-Verdacht. Und das Kollodium-Nassplatten-Verfahren spielt in diesem Zusammenhang quasi in der Champions League.
Denn diese Technik stammt aus den Urzeiten der Fotografie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als das Medium noch pures Handwerk und noch nicht industrialisiert war. Jede Platte musste vom Fotografen selbst am Ort der Aufnahme vorbereitet, dann belichtet und sofort im Anschluss entwickelt werden – und genau das sieht man diesen Fotografien eben auch an. Sie vereinen auf großartige Weise das Unperfekte im Perfekten, wenn sich Schlieren und Fehler in ansonsten unfassbar scharfe und detailreiche Fotografien verewigt haben: Was das „Wabi-sabi“ im Zen ist, ist das Kollodium für die Fotografie.
Simone Klein zeigt in Ehrenfeld 13 Ferrotypien aus der Serie Guardians
Die Kölner Fotografieexpertin Simone Klein zeigt nun in ihrem Ehrenfelder Showroom 13 Ferrotypien, also Fotografien, die nach der eben genannten Technik auf Metall- statt auf Glasplatten, angefertigt wurden. Das Besondere: Es sind Unikate und weitere Abzüge sind nur über Umwege möglich, was dem Grundgedanken der Fotografie, unendlich viele Kopien herstellen zu können, eigentlich widerspricht.
Die Ferrotypien zeigen Landschaftsaufnahmen von der portugiesischen Algarve-Küste mit schroffen, zerklüfteten Felsen und Steilklippen, die vom wilden Meer umspült werden. Durch die Langzeitbelichtung von bis zu mehreren Minuten scheint das Wasser geradezu an der Küste zu nagen und sie zu formen.
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Sofort träumen wir uns 160 Jahre zurück, verfallen in Nostalgie und stellen uns vor, unter welchen Bedingungen diese Fotos entstanden sein müssen, als man noch per Pferdekutsche reiste und die mehr als 20 Kilogramm schwere 16x20-Zoll-Kamera auf riesige Stative aufstellen musste. Wir werden gefangen genommen von ihrer Aura – diesem unpräzisen Irgendetwas, das Walter Benjamin 1936 der Fotografie absprach, eben weil es ein Medium der technischen Reproduzierbarkeit ist.
Nun ist es allerdings so, dass die Bilder eben nicht 160, sondern gerade einmal drei Jahre alt sind. Aufgenommen hat sie der Berliner Fotograf Christian Klant und gereist ist er nicht per Pferdekutsche, sondern mit seinem Auto. Alles andere ist aber im Grunde genauso wie damals und genau diese Widersprüchlichkeit aus der Verwendung einer obsoleten, anachronistischen, sehr teuren und unfassbar aufwendigen Technik im Zeitalter der jederzeit verfügbaren und dadurch omnipräsenten Smartphone-Knipserei trägt zu ihrem besonderen Reiz bei.
Christian Klant spielt mit unseren Erwartungen an die Fotografie
Zugleich stellt sich auch die Frage nach der Beständigkeit des Mediums Fotografie und der Landschaften, auf die wir blicken. Denn anders als Menschen, die altern und sterben, glauben wir bei Landschaften meist instinktiv, dass sie keinen Veränderungen unterworfen sind. Dabei ist gerade die Atlantikküste der Algarve, an die die Wellen stetig schlagen und den Felsen zu Sand verwandeln, das beste Gegenbeispiel. Klants Fotografien spielen deshalb mit unseren Erwartungen an das Medium und an unsere Vorstellung von Zeit und Beständigkeit auf gleich mehrfache Art und Weise. Abgesehen davon sind sie aber auch einfach wunderschön (Preise von 4.500 bis 6.750 Euro).
Simone Klein Showroom Fotografie, Gutenbergstraße 48 (Hinterhof), Köln. Besichtigung nach Terminvereinbarung unter 0221 - 34 66 08 75. Finnisage am 20. August von 16 bis 20 Uhr in Anwesenheit des Künstlers.