Kölner BücherfestEntdeckungen jenseits der Bestsellerlisten

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Uli Ormanns (l.) und Adrian Kasnitz in der Agnesbuchhandlung.

Uli Ormanns (l.) und Adrian Kasnitz in der Agnesbuchhandlung.

Am Sonntag, 3. September, präsentiert sich die unabhängige Kölner Literaturszene auf dem Kölner Bücherfest. Mit dabei sind Verleger Adrian Kasnitz und Uli Ormanns, Inhaber der Agnes-Buchhandlung.

Dass Krisen auch eine Chance sein können - den Spruch hat man ein paar Mal zu oft gehört in der Corona-Pandemie. Das Kölner Bücherfest beweist, dass er trotzdem mehr sein kann als ein schwacher Trost. Denn die Idee zum Bücherfest entstand im ersten Lockdown, als es plötzlich keine Buchmessen mehr gab, keine Lesungen und irgendwann auch die Buchhandlungen schließen mussten. Und jetzt findet es schon zum vierten Mal statt - eine Schau der unabhängigen Literaturszene mit Buchhandlungen, Verlagen und Lesungen für Kinder und Erwachsene.

Mit dabei ist auch Adrian Kasnitz, der in seinem Verlag Parasitenpresse hauptsächlich Lyrik, Erzählungen und Kurzprosa veröffentlicht. Und Uli Ormanns, Inhaber der Agnes-Buchhandlung. Insgesamt zehn Buchhandlungen präsentieren sich auf dem Bücherfest, darunter auch der Neuzugang Manulit - was zeigt, dass es trotz Amazon immer noch eine große und lebendige Buchhandlungsszene in Köln gibt. Und ohne diese Szene wäre auch ein Independent-Verlag wie die Parasitenpresse nicht denkbar. „In den Buchhandels-Ketten finden viele unabhängige Verlage keinen Raum. Ich empfinde es auch als unseren Auftrag, deren Vielfalt abzubilden“, sagt Uli Ormanns. In der Agnes-Buchhandlung stehen deswegen viele Fundstücke jenseits der Bestsellerlisten in den Regalen oder – wie im Fall der Parasitenpresse-Bücher – auf einem Klavier.

Ich empfinde es auch als unseren Auftrag, Vielfalt abzubilden
Uli Ormanns, Inhaber Agnes-Buchhandlung

„Wenn es nur die Buchproduktion der Konzern-Verlage gäbe, würden viele Stimmungen und Sichtweisen wegfallen. Das wäre nicht gut für das pluralistische Denken unserer Gesellschaft“, glaubt Uli Ormanns. Diese individuelle Handschrift schätzen auch die Kunden, denn Individualität ist das, was kein Versand-Riese bieten kann: eine (Über-)Lebensversicherung im digitalen Zeitalter. Ob E-Book oder Amazon, Uli Ormanns hat schon oft erlebt, dass der Buchhandel tot gesagt wurde: „Wenn man sich das überlegt, ist es eigentlich sehr verwunderlich, dass es immer noch so viele gut funktionierende Buchhandlungen gibt.“

Auch die Kölner Literaturszene wurde schon oft totgesagt – vor allem um die Jahrtausendwende, als viele Autoren und Autorinnen Richtung Hauptstadt abwanderten. Wie lebendig sie inzwischen wieder ist, sieht man vor allem an den vielen Lesungen und Festivals, findet Adrian Kasnitz. Er selbst macht nicht nur beim Bücherfest mit, sondern organisiert auch das Europäische Literaturfestival Anfang September in Köln Kalk.

Wenn so ein Preis vergeben wird, dann ist das Medienecho sehr groß - aber nur für eine sehr kurze Phase.
Adrian Kasnitz, Autor und Verleger

Der Verleger arbeitet nur mit ausgesuchten Läden zusammen, in die seine Bücher passen. „Und es fragen tatsächlich Kunden gezielt nach den Büchern der Parasitenpresse“, erzählt Uli Ormanns - weil man die eben nicht überall bekommt. Geld verdienen will und muss Adrian Kasnitz natürlich auch. Aber in seinem eigenen Stil. „Viel Geld würde natürlich einiges ermöglichen, aber andererseits würde der Verlag auch den Charme verlieren.“

Einen Bestseller beispielsweise könnte er gar nicht stemmen: „Wenn jetzt irgendein Buch so ein Renner wäre, dass wir in kürzester Zeit tausend Exemplare an die Buchhandlungen verschicken müssten, könnten wir das gar nicht leisten. Und darum geht es mir auch überhaupt nicht.“

Gerade hat zum Beispiel der Autor Matthias Nawrat den renommierten Fontane-Literaturpreis gewonnen. Es gab also viel Aufmerksamkeit für seinen Lyrikband „Gebete für meine Vorfahren“, der bei der Parasitenpresse erschienen ist.

„Seitdem hatte ich viel zu tun“, sagt Adrian Kasnitz, der seine Bücherpakete allein verpackt. „Wenn so ein Preis vergeben wird, ist das Medienecho sehr groß - aber nur für eine sehr kurze Phase. Für kleinere oder unabhängige Verlage ist es schwierig, das zu managen.“ Aber im Fall von Matthias Nawrat hat er die Kisten natürlich sehr gerne gepackt: „Ich freue mich total für ihn und darüber, dass wir so einen wunderbaren Gedichtband veröffentlichen konnten!“


Das Kölner Bücherfest findet am Sonntag, 3. September, im Alten Pfandhaus statt. Silvia Maul, Geschäftsführerin der Vertriebskooperation forum independent, organisierte die Veranstaltung erstmals 2020. Kölner Buchhandlungen und Verlage zeigen ihre vielfältigen Sortimente. Dazu gibt es Lesungen mit u.a. Karl-Heinz Göttert, Marco Pagano, Katrin Pokahr, Steven Uhly, Anne Rixmann, Biggi Wanninger und Musik von Melane Nkounkolo.

Das „Europäische Literaturfestival Köln Kalk“: Von Freitag, 01., bis Sonntag, 03. September, findet ein kostenloses Open-Air-Festival auf dem Ottmar-Pohl-Platz statt. Das ELK-Programm bietet mehrsprachige Lesungen und Talks mit europäischen Autor*innen. Es gibt unter anderem Livemusik, Ausstellungen und Party.

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