Kölner Comedia-TheaterWie man die Pubertät zum Tanzen bringt

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Drei Tänzerinnen in stilisierte Sportkleidung halten jeweils einen Arm über den Kopf angewinkelt, vollführen mit dem anderen eine Abwehrgeste.

Nona Munnix, YeoJin Kim und Viktoria Lesch (v.l.) im Tanzstück „Synapsen“ in der Comedia

In der Comedia zeigt das Tanzstück „Synapsen“ sehr eindrücklich die Herausforderungen des körperlichen Reifeprozesses. 

Tanz die Pubertät, so hätte die Kölner performing:group ihre Koproduktion der Comedia, freilich auch überschreiben können. Indes, das P-Wort wird hier sorgfältig vermieden, genauso wie die Außensicht der Elternwelt auf ihre putzig-widerborstigen „Pubertiere“. Stattdessen zeigen drei Tänzerinnen – Nona Munnix, Viktoria Lesch, YeoJin Kim – wie sich das wirklich anfühlt, wenn das Hirn 2,6 Milliarden Synapsen am Tag abbaut, um zeitgleich aus einer noch viel größeren Menge an neuronalen Verbindungen eine neue Persönlichkeit zusammenzusetzen.

Die lassen sich zu Beginn von „Synapsen“, der einstündigen Choreografie für Jugendliche ab 13 Jahren, hinter milchigen Plexiglaswänden nur erahnen. Schimmernd wie Außerirdische bei Spielberg, aufleuchtend wie ein Gewitter im Kopf. Dann fallen die durchsichtigen Wände und drei Tänzerinnen beugen sich in ebenso wehrhaften wie ungelenken Posen ihrem Publikum entgegen. Die Plexiglaselemente verwandeln sich mal in Spiegel, auf denen die Aufwachsenden ihre Umrisse mit Kreide nachzeichnen, mit einem dicken Fragezeichen im Gesicht. Mal werden sie zu engen Käfigen zusammengesteckt, in denen man nicht anders als anecken kann, nur, um im nächsten, befreienden Moment quer durch den Raum geschleudert zu werden.

Ob die Tänzerinnen nun unsicher schwankende Superheldenposen einnehmen, sich zögernd als sexuelle Wesen entdecken, über Körperausdünstungen philosophieren, in komischer Verzweiflung an einem Verlängerungskabel ziehen oder sich in ihren extraweiten Hoodies verpuppen: Der wilde Tanz der Hormone bleibt in der Choreografie von Julia Mota Cavalho und Marcela Ruiz Quintero (nach einer Idee des Dramaturgen und Musikers Martin Rascher) stets lesbar, auch für weniger Theater-Erfahrene, dabei enorm unterhaltsam und maximal eindrücklich.

Schließlich wagen sich die Tänzerinnen von Pickeln und Peinlichkeiten plappernd ins Publikum, reichen die Plexiglasteile weiter, die den Jugendlichen nun als Schreibunterlagen dienen, und stellen deren Gefühlsäußerungen auf der Bühne zu einem Tableau der Adoleszenz zusammen.


Nächste Termine: 29. (11 Uhr), 30. (19 Uhr), 31. Mai (11 Uhr), 1. (19 Uhr), 2. Juni (18 Uhr), Comedia

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