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Kölner MusikfestivalDie c/o pop zieht jetzt ins Netz

4 min

In Zukunft dann an der frischen Luft? Bild von der c/o Ehrenfeld 2019

  1. Ihr Aprilprogramm musste die c/o pop auf den Oktober schieben. Aber auch dann ist ein normales Festival noch nicht möglich.
  2. Die Macher der Kölner Pop-Institution verlieren nicht den Mut: Nun beschreiten sie neue Wege im Netz.
  3. Wie die digitale Ausgabe aussieht und was aus der c/o pop im nächsten Jahr wird, beschreiben Norbert Oberhaus und Ralph Christoph hier.

Köln – Will man seinen Ansprechpartner küssen und umarmen, obwohl das physikalisch gerade nicht möglich ist, unterschreibt man Brief, Mail, SMS oder WhatsApp-Nachricht bekanntlich mit „xoxo“ – wobei das „x“ als Kuss- und das „o“ als Umarmungsersatz herhalten muss.

Als „xoxo Edition“ betitelt deshalb das Kölner Musikfestival c/o pop seine coronagerechte Ausgabe, die vom 21. bis zum 24. Oktober stattfinden wird, und zwar, man ahnt es, fast ausschließlich im Netz. Ursprünglich sollte das Festival und die damit verknüpfte c/o pop Convention im April stattfinden. Mit der Absage kam auch der Ausweichtermin im Herbst, damals, sagt c/o pop-Geschäftsführer Norbert Oberhaus, noch in der naiven Hoffnung, das Festival könnte dann in seiner traditionellen Form stattfinden.

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„Der nächste Gedanke war: Wir übertragen das Festival einfach ins Netz“, führt Oberhaus weiter aus. „Dann kam die große Streamingwelle, und wir haben gelernt, einfach die Kamera draufhalten und das Ergebnis ins Internet stellen macht noch kein Festival aus. Da muss ein ganz neues Konzept her.“

Gordischer Zoom-Knoten

„Wer will nach acht Corona-Monaten noch Wohnzimmer-Konzerte und Zoom-Talks mitverfolgen?“, ergänzt Programmleiter Ralph Christoph. Noch habe niemand den Gordischen Knoten lösen können, wie man Live-Ereignisse oder Business-Treffen optimal ins digitale Medium übertragen kann. Und auch die verschiedenen Versuche, Konzerte unter Corona-Bedingungen wieder vor Publikum stattfinden zu lassen, eine, so Christoph, dasselbe Problem: Sie sind nicht wirtschaftlich und damit auf Dauer nicht tragbar. Welche Lehren die c/o pop aus diesen widrigen Bedingungen gezogen hat?

Zum Beispiel die, dass die harschen Einschränkungen auch neue Chancen bieten. Ralph Christoph: „Jetzt, wo es keine Zuschauer mehr vor Ort gibt und wir nicht mehr an Anfangs- und Endzeiten gebunden sind, können wir Live-Veranstaltungen und Aufzeichnungen kombinieren und wir können auch das Festival stärker mit der Convention verbinden. Irgendwann ist uns aufgefallen, dass wir eigentlich kein Festival und keine Konferenz mehr machen, sondern Online-Fernsehen.“ Glücklicherweise habe man sehr kompetente und motivierte Partner gefunden, sodass die Digitalausgabe des Festivals auf technisch hohem Niveau produziert werden kann. Zwischen 70 bis 80 Prozent der Beiträge sollen vorproduziert werden, zum Teil an ungewöhnlichen Orten, der Rest kommt live aus zwei Studios, die man im Ehrenfelder Herbrand’s einrichtet.

Das Zauberwort heißt hybrid

Das Programm richtet sich nach dem derzeitigen Zauberwort: hybrid. Kaum jemand schaut sich einstündige Konzerte im Netz an, also sollen kurze Live-Auftritte mit beliebten Internet-Formaten gekoppelt werden. Der Künstler stellt sich einer sportlichen Herausforderung oder führt seine Fans ins Museum, wo er ihnen seine Lieblingsbilder zeigt. Einige wenige Events sollen auch vor Publikum stattfinden, Tickets dafür werden auf Social-Media-Kanälen verlost. Das virtuelle Festival streamt dann auf einem oder auch zwei Kanälen auf der bekannten Webseite „www.c-o-pop.de“, und natürlich wird es auch eine Mediathek geben.

Wie ein Schnellstudium in drei unbekannten Fächern hätten sich die vergangenen acht Wochen angefühlt, sagt Ralph Christoph: „Für uns war das ein Innovationspush. Was wir jetzt an Neuem versuchen, wird uns auch im nächsten Jahr weiterhelfen.“ Die Auswirkungen der Krise, davon ist Norbert Oberhaus überzeugt, wird die Branche noch auf Jahre spüren. „Es wird trotz aller Hilfen eine Marktbereinigung geben. Dieser Live-Markt war ja auch mega-überhitzt, da gibt es jetzt die Chance, dass er gesundet. Ich hoffe nur, dass dann auch die Guten überleben werden und nicht nur die Großen.“

Keine Rückkehr zur Normalität

Nicht zuletzt, meint Ralph Christoph, wäre es ja gar nicht wünschenswert, zu einer „Pseudo-Normalität“ zurückzukehren: „Bestimmte ökologische Veränderungen hätten doch eh angestanden. Muss man Bands oder Speakerinnen für ein einzige Konzert oder einen Talk um die halbe Welt schicken? Natürlich kann das Händeschütteln, das Biertrinken und das Konzerterlebnis nie durch digitale Formate ersetzt werden. Aber man muss sich doch im Einzelfall fragen, wie sinnvoll eine Präsenzveranstaltung noch ist.“

Open-Air-Ort gesucht

Die c/o pop wird die Krise überleben, die Förderung steht, die 2021er Ausgabe soll wieder Ende April stattfinden. Wie genau sie aussehen wird, steht in den Sternen. Da sich Open-Air-Veranstaltungen unter pandemischen Bedingungen bewährt haben, schauen sich die c/o-pop-Macher zurzeit nach einem geeigneten Ort um, den man sich dann vielleicht auch mit anderen Kölner Festivals teilen könne. „Die Signale aus der Politik sind positiv“, sagt Oberhaus. „Kultur soll wieder live erlebbar werden.“