Der Hornist Felix Klieser ist ohne Arme geboren. Bei seinem Auftritt in der Kölner Philharmonie spielt er mit den Zehen.
Kölner Kammerorchester in der PhilharmonieDer Hornist, der mit den Zehen spielt

Felix Klieser ist ohne Arme geboren worden, sein Horn bedient er mit den Zehen.
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Zwei Konzerte für Horn und Orchester sind unter dem Namen Joseph Haydns im Umlauf, aber eines davon wird von der Forschung mittlerweile nicht mehr als authentisch angesehen. Vermutlich wurde es dem berühmten Meister mit verkaufsfördernder Absicht untergeschoben - ein im 18. Jahrhundert durchaus nicht unüblicher Vorgang.
Hornist Felix Klieser in der Kölner Philharmonie
Bei der philharmonischen Matinee des Kölner Kammerorchesters standen beide Konzerte auf dem Programm, wobei das „falsche“ neben dem „echten“ durchaus keine schlechte Figur machte: Die horntypischen Dreiklangsbrechungen sind in eine Thematik eingebunden, die alles andere als stereotyp wirkt; der elegische Mittelsatz ist sogar von herausragender melodischer Qualität.
Der junge Hornist Felix Klieser spielte beide Konzerte mit geschmeidiger, weich legierter Kantabilität. Auch da, wo sich der Gestus der Musik zu schmetternden Jagdszenen zuspitzte, blieb er stets kultiviert, wendig und auf präzisen Ansatz bedacht; allenfalls in den Mittelsätzen hätte man sich ein wenig mehr Mut zur agogischen Freiheit gewünscht. Klieser, der ohne Arme geboren wurde, bedient die Ventile des Instruments völlig mühelos mit den Zehen. Von Behinderung konnte hier beim Musizieren keine Rede sein, man nahm lediglich eine ungewohnte Art der körperlichen Selbstorganisation wahr. Wo es ein hohes Maß an Talent und musikalischem Ausdrucksbedürfnis gibt, da findet sich eben auch immer ein Weg.
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Echter und falscher Haydn ergänzt mit Konzerten von Benjamin Britten
Die beiden Konzerte wurden durch zwei eher selten zu hörende Streicherstücke von Benjamin Britten flankiert: einer frühen, noch sehr nach Stil und Sprache suchenden Elegie sowie dem 1943 entstandenen Tandem aus Präludium und Fuge op. 29. Das für 18 Einzelstimmen komponierte Werk besticht vor allem durch seine weit aufgefächerte Textur. Die auf einem unablässig vorantreibenden Triolenmotiv aufgebaute Fuge entfaltet eine geradezu aufpeitschende Vitalität, die den üblicherweise eher mit der Musik der Aufklärungsepoche beschäftigten Streichern spürbar großen Spaß machte.
Für das Schlussstück, Haydns Sinfonie c-Moll Hob.I:52, kehrte das Orchester wieder in sein angestammtes Repertoire zurück. Chefdirigent Christoph Poppen arbeitete den „Sturm und Drang“-Charakter des Stückes markant heraus; er zeigte, dass die Bläser schon hier beim „mittleren Haydn“ deutlich aus ihrer harmoniestützenden Funktion herauswachsen, legte den Finger auf die reizvollen Unwuchten des Menuetts und trieb die zerklüftete Thematik des Finales zu fiebernder Unruhe an.