„Artist in Residence“ des Gürzenich-OrchestersKlavierabend mit Alexandre Kantorow

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Das Bild zeigt Alexandre Kantorow in schwarz-weiß. Der junge Künstler hat dunkle Haare und schaut ernst.

Alexandre Kantorow

Der „Artist in Residence“ des Gürzenich-Orchesters Alexandre Kantorow spielte in der Kölner Philharmonie Stücke von Brahms, Bartók, Listz und Bach. 

Alexandre Kantorow ist als „Artist in Residence“ des Gürzenich-Orchesters in dieser Spielzeit gleich mehrfach in Köln zu Gast. In der Philharmonie war der Moskauer Tschaikowsky-Preisträger von 2019 nun auch mit einem Klavierabend zu erleben, bei dem er sich hinsichtlich der Anforderungen an Kraft und Ausdauer wahrlich nichts schenkte.

Von Johannes Brahms’ vergleichsweise leicht spielbarer h-Moll-Rhapsodie op. 79/1 abgesehen stand das Unbequeme, Ausufernde geradezu wie der Leitstern über einem Programm, in dem das Klavier immer wieder zum Repräsentanten eines imaginären Orchesters wurde. Oder auch nur einer einzigen Geige - wie in Brahms’ linkshändiger Bearbeitung der berühmten Bach-Chaconne d-Moll.

Alexandre Kantorow gibt sein Konzert in der Kölner Philharmonie

Wenn es um die Idee einer entgrenzten pianistischen Verfügungsgewalt geht, ist man bei Franz Liszt natürlich an der richtigen Adresse. Die „Chasse neige“-Etüde und mehr noch das desperat dräuende „Vallée d’Obermann“ schüttelte Kantorow mit einer geradezu unverschämten Lockerheit aus dem Ärmel. Der vollgriffige Klaviersatz warf dabei viel von seiner Dichte und Massivität ab, wurde luftig und durchsichtig. Über allem Tastenfuror ließ der 26-jährige Franzose stets eine klare, kristalline Oberstimme leuchten. Auf diese Weise machte er sogar Béla Bartóks ausladende Rhapsodie op. 1 genießbar, die von Liszt zwar den Aufwand, aber leider nicht das gute Timing und die Effektivität geerbt hat.

Nicht minder eindrucksvoll war Kantorows rasant-geschmeidige Darstellung von Johannes Brahms’ früher C-Dur-Sonate, die allerdings über weite Strecken eher nach Chopin oder Liszt klang - da fragte man sich, ob der Pianist dem Stück mit der teutonischen Schwere nicht zugleich auch die blaue Blume der deutschen Romantik ausgetrieben habe. Für den starken Beifall bedankte sich Kantorow mit einer gefälligen, aber pianistisch eher unergiebigen Paraphrase über Camille Saint-Saëns’ „Mon cœur s'ouvre à ta voix“.

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