Legendärer DrummerTony Allen stirbt mit 79 Jahren

Tony Allen 1940-2020
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Köln – Es passiert eher selten, dass man auf einem Konzert ungeduldig das unvermeidbare Schlagzeug-Solo ersehnt. Der nigerianische Drummer Tony Allen aber gilt vielen Musikern als der beste seines Fachs. Was dann vor vier Jahren im Club Bahnhof Ehrenfeld folgt, ist pures, vertracktes Understatement. Allen verabscheut Schlagwerker, die ihre Felle ausschließlich mit roher Kraft bearbeiteten. Der Groove ist alles, die Lautstärke nichts. Zu Hause übt er, in dem er mit seinen Drumsticks Kissen bearbeitete. Im Ehrenfelder Club gibt er den Groove einmal ausschließlich auf den Becken vor, sein Percussionist schlägt dazu die Triangel. Und doch hat man das gute Gefühl, selten härter gerockt worden zu sein.
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Tony Allen hat keine musikalische Ausbildung genossen. Das Schlagzeugspiel bringt er sich mit 18 Jahren selbst bei, während er als Mechaniker bei einer Radiostation arbeitet. Von seinem Vater hat er die Liebe zum Jùjú geerbt, der frühen nigerianischen Popmusik, die in den 1920er Jahren aus der zeremoniellen Musik der Yoruba entstanden ist. Der Sohn schwärmt zudem für Hard-Bop-Schlagzeuger wie Max Roach, Art Blakey und Philly Joe Jones, und für den Highlife, eine Hybridform aus europäischen Instrumenten, amerikanischen Jazz und den traditionellen Klängen Ghanas. Lauter transatlantische Bewegungen also. Bald spielt Allen selbst in Highlife-Bands, ab Mitte der 1960er Jahre zusammen mit dem charismatischen Multi-Instrumentalisten Fela Kuti. Auf einen Trip in die USA treffen Kuti und Allen mit Musikern wie James Brown und Miles Davis zusammen, aber auch mit Aktivisten wie Angela Davis und Stokely Carmichael.
Ohne ihn gäbe es keinen Afrobeat
Die afrikanischen Unterhaltungsmusiker politisieren sich. Kuti benennt seine Band in Nigeria 70 um (später dann Afrika 70), und entwickelt zusammen mit Allen den Stilmix aus polyrhythmischen Highlife, Funk und Jazz, der als Afrobeat in die Geschichte eingehen soll. „Ohne Tony Allen gäbe es keinen Afrobeat“, bekennt Kuti freimütig, als ihn Allen ihn nach 26 gemeinsamen Jahren verlässt, um sein eigenes Ensemble zu formen. Er will nicht stillstehen, experimentiert mit Funk, Dub, Elektronika und Rap, kollaboriert mit so unterschiedlichen Künstlern wie Damon Albarn, Hugh Masakela, Charlotte Gainsbourg und Techno-Pionier Jeff Mills, mit dem er 2019 beim Kölner Acht-Brücken-Festival auftrat.
Am Donnerstag ist Tony Allen im Alter von 79 Jahren in Paris an einem Aneurysma der Bauchaorta gestorben.