Noch immer leere SäleWie die Kölner Kulturhäuser um ihr Publikum kämpfen

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Noch immer sind viele Kinoplätze unbesetzt.  

Köln – „Live Entertainment is back!“, davon ist der Geschäftsführer der Lanxess Arena, Stefan Löcher, überzeugt. Die Pandemie hat die Kulturbranche hart getroffen. Doch seit dem 3. April gilt keine Maskenpflicht mehr in den meisten Innenräumen, und auch andere Zugangsbeschränkungen wie etwa eine Testpflicht sind weggefallen. Eigentlich steht dem Besuch von Kulturevents also nichts mehr im Wege, und es könnte sich ganz so anfühlen, wie vor der Pandemie.

Doch nicht alle Kölner Kulturbetreiber können so positiv auf die letzten zwei Monate blicken wie Stefan Löcher. Besonders kleinere Unternehmen warten noch vergeblich darauf, dass ihr Publikum wieder zu ihnen zurückkehrt. So etwa auch Christian Schmalz, der Geschäftsführer des Off Broadway Kinos. Er verzeichnet noch immer 50 Prozent weniger Ticketkäufe als vor der Pandemie und ist zunehmend ratlos, wie er die Menschen wieder in seine Kinosäle locken kann.

Gutes Wetter macht Kinos zu schaffen

Offensichtlich hat der Ausblick auf einen maskenfreien Kinobesuch einen Großteil des Publikums nicht dazu motivieren können, sich vor die große Leinwand zu setzen. Ob das noch an Corona-Ängsten liegt oder, wie Schmalz erklärt, auch an dem guten Frühlingswetter, das den Menschen eher Biergarten- als Kinostimmung bereitet, ist schwer zu sagen. Aber dass sich ein Unternehmen langfristig so nicht halten kann, dürfte klar sein.

Was bleibt also den Kulturunternehmen, um die Menschen wieder zurückzuholen? Das Senftöpfchen Theater hat auf einen eigenen Kurs gesetzt. Hier bestehen die Maskenpflicht und die 3G-Regel noch, und Nadine Cherubini, die Programmleiterin des Theaters, berichtet von positiven Rückmeldungen der Besucher. Offensichtlich besteht noch bei einigen Menschen die Angst, sich ohne weiteres in einen menschengefüllten Saal zu setzen, ohne zu wissen, ob der Sitznachbar geimpft ist oder nicht.

"Dass die Pandemie vorbei ist, merken wir hier noch nicht."

Dieses Publikum wird vom Senftöpfchen Theater erfolgreich angesprochen. Gleichzeitig blickt eben auch dieses Publikum sehr nervös in die Zukunft, was sich auch in den Vorverkaufszahlen widerspiegelt. Noch immer müssen Veranstaltungen abgesagt werden, weil der Vorverkauf zu schlecht läuft, berichtet Cherubini. „Dass die Pandemie vorbei ist, merken wir hier noch nicht.“

Ob Maskenpflicht oder nicht, ob 3G oder kein G, die kleinen Kulturanbieter haben es noch immer schwer. Das liege aber weniger, schätzt Michael Zscharnack, Geschäftsführer des Gloria Theaters, an der anhaltenden Angst vor einer Covid-Ansteckung in Kino- oder Theatersälen, sondern schlicht daran, dass man aus dem Bewusstsein der Menschen entfallen ist.

Eine Frage der Generationen?

Zwei Jahre lang haben wir alle unsere Freizeit überwiegend ohne Konzerte, Theater, Kino oder Oper gefüllt, und das hat, für manche mehr, für manche weniger, auch gut funktioniert. Jetzt läge es daran, so Zscharnack, die Sichtbarkeit zu erhöhen, um die Menschen wieder an das Kölner Kulturleben zu erinnern. Im Konzertbereich sieht man im Gloria bereits Erfolge, dort fehlen nur noch rund zehn bis fünfzehn Prozent der alten Zuschauerzahlen. Im Theaterbereich sind jedoch erst circa 50 Prozent der Zuschauer zurückgekehrt.

Nun könnte man sich fragen, ob das an einem Generationenunterschied festzumachen ist. Ob, schlicht gesagt, die jungen Menschen zu Konzerten gehen, die älteren lieber ins Theater, und sich bisher eben doch erst das jüngere Publikum traut, zu ihren Events zurückzukehren.

Bemerkenswerterweise verneinen dies alle befragten Kulturanbieter. Jung wie Alt komme wieder, um an Veranstaltungen teilzunehmen, nur die Anzahl lasse eben zum Teil noch zu wünschen übrig. Zscharnack (Gloria Theater) berichtet sogar, dass von denen, die sein Theater besuchen, gerade die jüngeren Gäste die vorsichtigeren sind, die also noch freiwillig ihre Maske tragen und auf Abstand achten.

Eine volle Lanxess Arena - auch bei Genesis

Keine Frage der Generationen also, das bestätigt auch Stefan Löcher (Lanxess Arena). Er berichtet von ausverkauften Events sowohl zuletzt bei Felix Lobrecht, der primär ein jüngeres Publikum mit seiner Comedy-Show anspricht, als auch bei den Konzerten von Genesis, deren Fans nun 55 Jahre nach Gründung der Band auch ein ähnliches Alter erreicht haben.

Womit ist dann also zu erklären, dass Löcher die Behauptung „Live Entertainment is back!“ wagen kann, während andere Kulturanbieter noch sehnlich auf ihr Publikum warten? Die Angst vor einer Ansteckung mit Corona kann kein ausschlaggebendes Argument sein, schließlich scheuen sich die Menschen nicht, sich in eine beinahe vollbesetze Lanxess Arena zu begeben. Und auch das Senftöpfchen Theater kann mit ihrem auf Vorsicht bedachten Kurs nur einen Teil ihres Publikums überzeugen.

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Dann liegt es wohl doch an der Art des Events, denn bisher zeigt sich, dass vor allem nach Konzerten der Andrang groß ist. Das Bedürfnis nach Live-Musik ist, wie es scheint, während der Pandemie nicht durch eine alternative Beschäftigung ersetzt worden. Im Vergleich dazu haben Streaming-Plattformen wie Netflix enorm von der Pandemie profitiert, wodurch wir uns noch mehr an das Film-Entertainment vom Sofa aus gewöhnt haben und der Gang ins Kino immer mehr zur Ausnahme wird. Ähnlich sieht es momentan auch im Theater aus.

Es scheint, als haben wir in zwei Jahren Pandemie vergessen, was den Theaterbesuch oder die Kinoerfahrung so reizvoll machen. Zu viel Zeit lassen dürfen wir uns jedoch nicht damit, uns wieder daran zu erinnern, denn lange halten die kleinen kulturellen Häuser Kölns es wohl nicht aus, in Vergessenheit geraten zu sein.

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