Peter und Irene Ludwig-StiftungEin Weltreich im rosafarbenen Puppenhaus

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Irene und Peter Ludwig vor ihrem Privathaus, Aachen, 1988

Aachen – Wer Peter und Irene Ludwig für Liebhaber der Pop Art hielt, erlebte in ihrem Zuhause sein weiß-blaues Wunder. Manche Wände bogen sich vor Porzellan, der ersten gemeinsamen Liebe des 1951 getrauten Ehepaars, lange bevor sie Andy Warhol und Roy Lichtenstein für sich entdeckten und auf ihrer Sammelleidenschaft ein kleines Weltimperium errichteten. Auch sonst herrschte im Haus eine Stilmixtur, die man später postmodern taufte: Mittelalterliche Figuren und Teppiche, Asiatika, Weltkunst, antike Möbel – und mit Wandschmuck von Lyonel Feininger, Jasper Johns oder Henri Matisse auch reichlich von dem, was man ohnehin erwartet hatte.

Fünf Kölner Museen wurden von Peter und Irene Ludwig reich bedacht 

Die nackten Zahlen geben kaum eine Vorstellung von den Ausmaßen des Ludwig-Reichs: 14.000 Kunstwerke, also ungefähr eines für jeden Ehetag, zwölf Museen, die ihren Namen tragen und zwischen Peking, Havanna und St. Petersburg noch einmal so viele, die sich von ihnen reich beschenken ließen. In Köln knubbelt sich das Ludwig-Imperium (fünf städtische Museen waren mit den Ludwigs verbandelt), gesteuert wurde es stets von jenem mit Kunstwerken vollgestopften Haus in Aachen, das heute der Sitz der von Irene Ludwig vor 25 Jahren gegründeten Stiftung ist.

Ohne die Peter und Irene Ludwig Stiftung wären die Kölner Museen buchstäblich ärmer. An Kunstwerken sowieso, aber auch an kurzfristigeren Investitionen. Die Stiftung beteiligt sich finanziell an Ausstellungen und Erwerbungen und schießt die Hälfte des Ankaufsetats für das Kölner Museum Ludwig zu. Zum Jubiläumsfest auf dem Aachener Schokoladenhügel kam daher beinahe jeder, der im Kölner Kunstleben Rang, Namen und Ludwig-Kontakte hat.

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Das Haus Ludwig als Gesamtkunstwerk von Andreas Schmitten

Am besten kannte Kasper König die vor zwölf Jahren verstorbene Stiftungsgründerin und Kölner Ehrenbürgerin – der ehemalige Ludwig-Direktor nannte sie gern Queen Mum. Anfangs habe sie ihm, dem ewigen Schulabrecher, arg misstraut, so König, aber schließlich habe er Irene Ludwig mit seinen Kenntnissen über das Meissener Porzellan und Pinkel-Anekdoten aus der New Yorker Kunstszene becirct. Geradezu begeistert war König von der neuen Bemalung des Ludwig-Hauses: Auf Einladung der Stiftung hatte der Künstler Andreas Schmitten die Wände in Rosa streichen und gelb-weiße Markisen auf die Fassade setzen lassen. Unter vier Augen sah König das Ludwig-Haus dadurch in ein Bordell verwandelt; der Künstler selbst hatte offenbar eher eine Puppenstube im Sinn.

Den Stil des Anwesens traf Schmitten in jedem Fall, denn das Ludwig-Haus war eine kuriose Mischung aus postmodernem Lustschloss und deutschem Wirtschaftswunderland. Die Auffahrt ist von antiken Figuren gesäumt, das ab 1953 erbaute, eher bescheiden dimensionierte Haus wurde teilweise aus Trümmerteilen kriegszerstörter Gebäude collagiert. Zum Sammelsurium gehören freilich auch einige Skulpturen des Hitler-Lieblings Arno Breker. Hübsch hässlich anzusehen ist eine überlebensgroße Breker-Heldenplastik im etwas versteckten Bereich des Gartens; Kasper König empfahl, diese Blöße in der ruhmreichen Sammlergeschichte mit Efeu zu bedecken.

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Isabel Pfeiffer-Poensgen lenkte den Blick als NRW-Kulturministerin auf die offizielle Seite des Ludwig-Imperiums und Carla Cugini, seit 2021 Leiterin der Ludwig-Stiftung, erinnert an die „demütige Großzügigkeit“ der Stifterin. „Ich darf Werke von Pablo Picasso verschenken“, habe Irene Ludwig einmal gesagt. „Wem ist das schon vergönnt?“ Genau genommen waren es 774 Picassos, die sie im Jahr 2001 dem Kölner Museum Ludwig überließ.

„Peter und Irene Ludwig haben immer für die Öffentlichkeit gesammelt“, so Carla Cugini, weshalb die Förderung der Partnermuseen auch für die Stiftung die zentrale Aufgabe bleibe. Allerdings fällt dies nicht überall so leicht wie in Köln, Aachen oder Wien. Die Kontakte nach St. Petersburg ruhen derzeit, so Cugini, die nach Peking sind weiterhin intakt. Mit seiner dortigen Sammlung westlicher Kunst wollte Peter Ludwig helfen, Grenzen zu überwinden, und für Weltoffenheit einstehen. Von diesem Ideal scheint auch Ungarn derzeit weit entfernt. „In Budapest“, so Cugini, „ermöglichen wir Ausstellungsprojekte im dortigen Ludwig-Museum und Reise-Stipendien bei der Universität der Künste, die sie in einem schwierigen kulturpolitischen Umfeld selbst nicht ausrichten könnten.“

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