Ranga Yogeshwar hat sich bei „Hotel Matze“ zu Russland und zur deutschen Aufrüstung geäußert.
„Muss unterm Stein gelebt haben“Podcast-Aussagen von Ranga Yogeshwar sorgen für vernichtende Kritik von Experten

Ranga Yogeshwar hat sich in einem Podcast zu Aufrüstung und Russland geäußert – und bekommt Kritik von Experten. (Archivbild)
Copyright: IMAGO/APress
Der Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar hat mit Äußerungen im Podcast „Hotel Matze“ für scharfe Kritik gesorgt. „Lasst uns Deutschland komplett entmilitarisieren“, hatte der Fernsehmoderator dort im Gespräch mit Moderator Matze Hielscher auch mit Blick auf Russlands Krieg gegen die Ukraine und eine mögliche Bedrohung Europas erklärt.
Mit der Forderung sei er „kein Traumtänzer“, führte Yogeshwar aus, schließlich gebe es dann „keine Begehrlichkeiten“ mehr, begründete der Journalist seine Einschätzung. „Jetzt marschiert der Russe in Deutschland ein – wofür?“, fragte Yogeshwar. „Welche Bodenschätze? Weißbier?“ Russland werde „unsere Menschen kaum versklaven“, behauptete der 65-Jährige und begründete das mit einem „Mentalitätswechsel“.
Ranga Yogeshwar: „Deutschland komplett entmilitarisieren“
Yogeshwar bemängelt außerdem, es werde „angefangen, uns Angst zu machen: 2029 wird es hier wieder Krieg geben“, ohne zu benennen, von wem die angebliche Angstmacherei ausgehen soll. Zuletzt hatte es jedoch immer wieder Warnungen westlicher Geheimdienste vor der weiter fortschreitenden russischen Aufrüstung und möglichen kriegerischen Motiven des Kremls gegeben.
Auf die Frage von „Hotel Matze“-Moderator Hielscher, was er angesichts seiner Haltung dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sagen würde, wenn der ihm erkläre, dass die Ukraine sich gegen russische Angriffe nun einmal verteidigen müsse, wich Yogeshwar schließlich aus.
Ranga Yogeshwar weicht beim Thema Ukraine aus
„Ich bin kein Freund von verengten Perspektiven“, entgegnete der Moderator. „Dann muss ich schon herauszoomen“, führte Yogeshwar aus und flüchtete sich in grundsätzliche Ausführungen über Gewinner und Verlierer des Krieges und behauptete schließlich, „ein Krieg Richtung China“ werde derzeit „vorbereitet“.
Auch einen Vergleich zu seinem Fachgebiet, den Naturwissenschaften, zog Yogeshwar in dem Podcast. „Kriegslogik“ folge dem Prinzip der „Induktion“, behauptete der Journalist. „Wenn ich aufrüste, dann induziere ich, also erzeuge ich Aufrüstung auf der anderen Seite. Und irgendwann knistert es, irgendwann gibt es Funken.“
Wissenschaftsjournalist sieht Costa Rica als Vorbild
Deshalb plädiere er auch gegen jede Aufrüstung, erklärte Yogeshwar und führte Costa Rica als Beispiel ins Feld, weil das Land „Waffen abgeschafft“ habe. Diesen „Konsens“ müsse man „weltweit herstellen“, so Yogeshwar.
Costa Rica hat seit 1948 kein Militär mehr. „Waffen abgeschafft“ hat das Land allerdings nicht. Aufgaben der inneren Sicherheit und des Grenzschutzes werden von Fuerza Publica, einer paramilitärischen Polizei abgedeckt. Informell gelten zudem die USA als „Schutzmacht“ des Landes.
BSW verbreitet Aussagen weiter – Experten entsetzt
Während der BSW-Politiker Fabio De Masi die Äußerungen Yogeshwar auf der Plattform X zustimmend weiterverbreitete, gab es aus der Wissenschaft mitunter sehr scharfe Kritik an den Aussagen des studierten Physikers.
„Mangelnde Bildung“ reiche als Erklärung für Yogeshwars Worte nicht aus, schrieb etwa der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger bei X. „Man muss auch die letzten Jahrzehnte unterm Stein gelebt und permanent von Costa Rica geträumt haben“, fügte der Professor der Universität Köln an.
Scharfe Kritik an Yogeshwar-Auftritt: „Unterm Stein gelebt“
Auch der Historiker Bert Hoppe ließ kein gutes Haar an dem Auftritt: „Die Ukraine war 2014 weitgehend ‚entmilitarisiert‘ und hat dennoch (oder eher: deshalb) Begehrlichkeiten geweckt“, schrieb Hoppe bei X. Yogeshwar tue so, „als gäbe es auf der ganzen Welt keine Herrscher mehr, die Länder erobern wollen“, fügte der Historiker an.
„Yogeshwar mag ein guter Physiker sein und ist ein angesehener Wissenschaftsjournalist“, schrieb auch der Osteuropa-Experte Thomas Dudek bei X, kritisierte jedoch die „historische und politische Bildung“ des TV-Moderators als „beschissen“. Es gebe „genügend Beispiele für Länder ohne Bodenschätze, die trotzdem überfallen wurden“, schrieb Dudek.
Ranga Yogeshwar bereits für Offenen Brief in der Kritik
„Ich geh gern an den Apparat“, schrieb unterdessen Jan Claas Behrends, Historiker an der Europa-Universität Viadrina, als Reaktion auf einen Hinweis an Yogeshwar, sich mit der Hilfe von Fachleuten vor öffentlichen Auftritten in Zukunft besser kundig zu machen.
Yogeshwar, der für seine Arbeit als Wissenschaftsjournalist vielfach ausgezeichnet wurde, hat sich seit Kriegsbeginn immer wieder an offenen Briefen beteiligt und sich damit auch gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen.
Als Grund dafür nannte Yogeshwar in der Vergangenheit im Gespräch mit dem „Wochentester“-Podcast des „Kölner Stadt-Anzeigers“ die Sorge um eine Eskalation. „Es geht in dem Brief um eine Eskalationsstufe, bei der durch schwere Waffen etwas passieren könnte, was wir alle nicht wollen“, hatte Yogeshwar im Mai 2022 zu seiner Unterschrift unter einem viel beachteten offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz gesagt, der unter Federführung von Alice Schwarzer veröffentlicht worden war.