Revolutionäre FilmtechnikKölner Studio dreht wie beim „Mandalorian“

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Neshe Demir

Neshe Demir im MMC Filmstudio

  • Die Star-Wars-Serie „The Mandalorian“ hat viele Zuschauer mit faszinierenden Bildern überzeugt.
  • Dahinter steckt eine neue Technik des Filmens, um die Illusion zu erschaffen.
  • Nun hat auch das In Köln-Ossendorf ansässige Studio 30/31 der Magic Media Company diese Filmtechnik vorgestellt.

Köln – In Studio 30/31 der Magic Media Company in Köln-Ossendorf ist ein Filmset aufgebaut, also das Szenenbild für eine der Produktionen, wie sie bei MMC häufig für Kino und Fernsehen gedreht werden. Dieses Set aber ist alles andere als gewöhnlich, ja, es ist für deutsche Verhältnisse geradezu revolutionär: Im Vordergrund kauert die Schauspielerin Neshe Demir inmitten einer physisch realen Kulisse, in der die Überreste eines abgestürzten Flugzeugs verstreut liegen - der Hintergrund eines Bergmassivs und der in Flammen aufgegangenen Maschine aber ist eine gigantische Projektion. Wiedergegeben wird sie auf einer LED-Wand im Format 15,5 mal fünf Meter, in die die reale Kulisse nahezu nahtlos übergeht. Das Ergebnis ist ein einheitliches Bild, das bereits im Studio für eine überzeugende Illusion sorgt.

Bislang werden derartige Szenen meist vor sogenannten Green Screens gedreht, grünen Wänden, auf die erst nachträglich aufkopiert wird, was die Zuschauer sehen sollen - die Schauspieler agieren gewissermaßen im luftleeren Raum. Ein anderes, sehr viel schlichteres Verfahren besteht darin, Kulissen aufzumalen: Margarethe von Trottas "Hannah Arendt", gedreht in einem Studio in Luxemburg, entstand so - der Blick aus Arendts Apartment in Manhattan fällt selbstverständlich nicht auf das wirkliche New York, sondern auf ein Bild.

Joseph Gordon-Levitt

Joseph Gordon-Levitt in "7500"

Jens Wolf, Geschäftsführer bei MMC, hat selbst Regie bei der Szene mit Neshe Demir geführt und schwärmt von den Möglichkeiten des LED-Verfahrens: Nicht nur die Schauspieler, auch die Regisseure haben ein ganz und gar anderes Verhältnis zum Geschehen, weil eben alles zu sehen ist. Über eine spezielle Technik sorgt die Achsenverschiebung der Kamera überdies für eine Veränderung der Perspektive auf der Leinwand, so dass die Szene absolut realistisch wirkt. Dazu gehören auch die Lichtverhältnisse und Reflexionen, wie sie etwa auf Brillengläser fallen: "7500", der bei MMC gedrehte Thriller um eine Flugzeugentführung mit Joseph Gordon-Levitt, wurde bereits mit hyperrealistischem Illusionismus gedreht. Alles, was sich vor den Scheiben des Cockpits abspielt, das Flughafengebäude, aber auch später, wenn der Terrorist die Maschine auf eine Stadt zu lenken versucht, ist Augenwischerei auf dem höchsten Stand der Technik.

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Technik neu in Deutschland

"Bislang hat diese Technik bei uns im Land noch niemand", sagt Wolf. Er ist überzeugt, dass der LED-Screen über kurz oder lang den Green Screen ablöst. In den USA hat Lucasfilm mehr als 50 Prozent des "Star Wars"-Ablegers "The Mandalorian" auf diese Weise gefertigt. Auch für Fernsehshows und Clips kann das Verfahren genutzt werden: Für die Visualisierung von Katy Perrys "Daisies" wurde sogar der Boden unter den Füßen der Sängerin zur Leinwand. Partner der MMC beim LED-Projekt sind die Düsseldorfer LAVAlabs, die Entertainment Technology GmbH sowie mls magic light+sound - ein Vorhaben von solchen Dimensionen verteilt sich auf mehrere Schultern. Die Beteiligten stehen mit ihrer Investition am Anfang und hoffen, viele Film- und Fernsehproduktionen für ihre Neuerung erwärmen zu können - erste Anfragen gebe es, sagt Wolf.

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Wenn es nach Neshe Demir geht, sollte sich die Technik möglichst rasch durchsetzen: "Sie vermittelt mir ein Gefühl für den Raum und gibt der Arbeit eine ganz andere Körperlichkeit als Green Screen", sagt die 2019 mit dem Bayerischen Fernsehpreis ausgezeichnete Schauspielerin, die MMC sozusagen zu Probezwecken gecastet hat. "Ich freue mich über jeden echten Stein", meint sie mit Blick auf die am Set herumliegenden - und in der Hauptsache nicht echten - Felsbrocken. Dank der virtuellen Produktionstechnik sieht sie nun statt auf grüne Wände wenigstens auf ein echtes Bild.

Noch eine zweite Leinwand ist in Studio 30/31 aufgebaut, sie hat die Maße von 30 mal neun Metern, allerdings ist ihr Pixelraster gröber. Imposant ist sie aber allemal und wie die kleinere Schwester Ausdruck des Vertrauens, das man in Köln in diese Zukunftstechnik setzt.  

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