Karabulut und Sanchez gehen nach ZürichDas Schauspiel Köln als Karrieresprungbrett

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Pınar Karabulut und Rafael Sanchez blicken in die Kamera. Sie trägt einen blauen Pullover, er ein blaues Hemd.

Pınar Karabulut und Rafael Sanchez übernehmen das Schauspiel Zürich

Ab der Spielzeit 2025/2026 werden Pınar Karabulut und Rafael Sanchez gemeinsam das renommierte Theater in der größten Stadt der Schweiz leiten.

Das Schauspiel Köln erweist sich einmal mehr als Karrieresprungbrett: Wie das Schauspielhaus Zürich nun bekannt gegeben hat, werden Pınar Karabulut und Rafael Sanchez ab der Spielzeit 2025/2026 die Co-Intendanz des größten Theaters der Schweiz übernehmen.

Rafael Sanchez, 1975 in Basel geboren, war 2013 von Stefan Bachmann als Hausregisseur nach Köln geholt worden, zuletzt hatte er hier den „König Lear“ und „Früchte des Zorns“ inszeniert. In der kommenden Spielzeit – Bachmann wechselt bekanntlich ans Wiener Burgtheater – wird Sanchez für ein Jahr die Intendanz des Kölner Schauspiels übernehmen und – hoffentlich – das fertig sanierte Haus am Offenbachplatz eröffnen, bevor dann Kay Voges 2025 als neuer Theaterchef antritt. Eine hochkomplexe Aufgabe für Sanchez, die ihn allerdings für das qualifiziert, was ihn am neuen Arbeitsplatz erwartet: Die Pfauenbühne, das Haupthaus des Schauspielhauses Zürich, muss saniert werden.

Beide sind sehr eng mit dem Schauspiel Köln verbunden

Vor seiner Zeit in Köln hatte Sanchez bereits eine Co-Intendanz in Zürich inne, am Theater Neumarkt. Damals brachte er von dort Pınar Karabulut als Regieassistentin mit an den Rhein. Karabulut, 1987 in Mönchengladbach geboren, machte gleich mit ihrer ersten Inszenierung – Jonas Hassen Khemiris „Invasion!“ – in der winzigen Grotte am Depot überregional auf sich aufmerksam.

Gemeinsam mit den anderen Kölner Regieassistenten übernahm sie 2016 die Leitung der „Außenspielstätte am Offenbachplatz“, die Stefan Bachmann für einige Jahre der ewigen Baustelle abgetrotzt hatte – das Team gründete dort das queer-feministische Theater- und Performancefestival Britney, das bis heute alljährlich ein junges, aufgeschlossenes Publikum ans Schauspiel Köln lockt.

Seit 2020 gehört Karabulut zum künstlerischen Leitungsteam der Münchner Kammerspiele. Ihre bislang letzte Inszenierung – „Der Prozess“, nach Franz Kafka – feierte vergangene Woche im Kölner Depot 1 Premiere.

Der Verwaltungsrat des Schauspielhauses Zürich nannte das neue Führungsduo in einer Mitteilung „eine neue Generation von Theatermacher*innen“. Sie hätten Findungskommission und Verwaltungsrat „durch ihre fundierten künstlerischen Arbeiten, die ein breites Publikum ansprechen und bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurden“ überzeugt.

Das Zürcher Publikum könne sich auf ein Theater mit großen Erzählungen freuen

„Durch ihre verschiedenen Erfahrungshintergründe und Regieästhetiken bringen Rafael Sanchez und Pınar Karabulut ein weites Spektrum an künstlerischer Vielfältigkeit und Anschlussfähigkeiten an unterschiedliche gesellschaftliche Diskurse mit. Das Zürcher Publikum kann sich auf ein Theater mit großen Erzählungen und großer Literatur sowie mit performativer, spartenübergreifender Kunst freuen“, so Beate Eckhardt, Co-Präsidentin des Verwaltungsrats.

Während Sanchez die Stadt und die Schweiz bestens kenne, bringe Karabulut einen unverstellten, neugierigen Blick auf Zürich mit. Ihr Entscheid, gemeinsam die Leitung des Schauspielhauses Zürich zu übernehmen, sei ein überzeugter und lustvoller Schritt, sich auf die Stadt, ihre Themen und Stoffe und ihre vielfältige Bevölkerung einzulassen.

Die Intendanz werde das Schauspielhaus Zürich in einem Geschäftsleitungsmodell führen und das Theater nicht nur auf der künstlerischen Ebene, sondern auch organisatorisch und strukturell ganzheitlich weiterdenken. „Als leitendes Duo bieten wir als Vertreter:innen einer vielfältigen, jungen Theatergeneration, aber auch durch unser Bewusstsein, dass zu einer verantwortungsbewussten Leitung Selbstreflexion und Vielstimmigkeit gehören, einen progressiven Blick auf das Theater – sowohl künstlerisch als auch strukturell“, wird Pınar Karabulut in der Mitteilung zitiert.

Ärger um die letzte Doppelspitze am Schauspielhaus Zürich

Aktuell wird das Schauspielhaus Zürich bereits von einer Doppelspitze geleitet: Um die Co-Intendanz von Nicolas Stemann und Benjamin von Blomberg und deren Bemühen, das Haus für, neue, diverse Publikumsgruppen zu öffnen, war in der Stadt ein erbittert geführter Streit entbrannt, ihr Fünf-Jahres-Vertrag wurde nicht verlängert. Während Sanchez das Schauspiel Köln zurück an den Offenbachplatz führt, wird Ulrich Khuon ein Interimsjahr in Zürich bestreiten. Am Freitag, dem 8. Dezember 2023, soll das neue Leitungsduo in der Zürcher Schiffbau-Halle der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

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