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Shonen Knife in KölnDie Japanerinnen, die Kurt Cobain glücklich gemacht haben

Lesezeit 3 Minuten
05.05.2025, Köln: Konzert von der Band Shonen Knife im Helios 37.

Foto: Michael Bause

05.05.2025, Köln: Konzert von der Band Shonen Knife im Helios 37. Foto: Michael Bause

Das Trio aus Osaka hat in den 1980er Jahren den Pop-Punk-Sound mitgeprägt, den heute Stars wie Olivia Rodrigo und Chappell Roan zitieren.

Sollte ich jemals den Softeis-König treffen, singt Atsuka Yamano in „Ice Cream City“, werde ich ihm von meinen Wünschen erzählen. Welche Geschmacksrichtungen unter anderem auf dem Wunschzettel der Yamano-Schwestern stehen könnten, verrät die restliche Kölner Setlist von Shonen Knife: die Songs des japanischen Punk-Trios handeln von Cookies und Wasabi, von Bananenchips und Sushi, von Taquitos und süßem Tee am Nachmittag.

Anfangs, erzählt Naoko Yamano, die Hauptkomponistin der Band, sei sie viel zu schüchtern gewesen, um Lieder über die Liebe zu schreiben. Und Süßigkeiten, leckeres Essen und niedliche Tiere wären ihr eben auch viel wichtiger gewesen. „Anfangs“ ist schon lange her: Naoko Yamano hat Shonen Knife Ende 1981 zusammen mit ihrer jüngeren Schwester und einer Uni-Freundin in Osaka gegründet, zu einer Zeit, in der es in Japan noch so gut wie keine anderen rein weiblichen Bands gab.

Shonen Knife verehrten die Ramones und die Beatles

Gemeinsamer Nenner der jungen Frauen war die Liebe zu den Beatles, den Girlgroups der 1960er und zur peppigen Seite der Punkmusik wie den Buzzcocks oder den Ramones. An letztere erinnert auch die Selbstähnlichkeit ihrer Songs, ganz offensichtlich geht es ihnen nicht um Variantenreichtum, sondern um die Kontinuität des guten Gefühls.

Wofür sie bald von der gerade erblühenden amerikanischen Indierock-Szene ins Herz geschlossen wurden: 1989 erschien der Sampler „Every Band Has A Shonen Knife Who Loves Them“, auf dem Bands wie Sonic Youth, Babes in Toyland oder Red Kross die Lebensmittel-affinen Songs des Trios coverten. Aber ihr glühendste Verehrer war wohl Kurt Cobain: „Als ich sie endlich live sehen konnte“, schwärmte der Nirvana-Sänger, „verwandelte ich mich in ein hysterisches neunjähriges Mädchen bei einer Beatles-Show.“ 1991 engagierte er die Japanerinnen als Opening Act auf der „Nevermind“-Tour.

05.05.2025, Köln: Konzert von der Band Shonen Knife im Helios 37.

Foto: Michael Bause

Shonen Knife im Helios 37, vorne Naoko Yamano, hinten Atsuka Yamano

Allein dafür, dass ihnen die Ehre gebührt, dem Schmerzensmann der Generation X eine Stunde ungetrübten Glücks geschenkt zu haben, hätte man eigentlich sehr viel mehr Publikum beim Konzert im Ehrenfelder Helios 37 erwartet.

Erst recht, wenn man bedenkt, dass der simple, aber extrem euphorisierende Pop-Punk-Sound, den Shonen Knife wesentlich mitgeprägt haben, in den vergangenen Jahren eine Renaissance erlebt hat, mit Künstlerinnen und Künstlern wie Olivia Rodrigo, Machine Gun Kelly oder Chappell Roan.

Egal. Wer den Weg in den Hinterhof-Club gefunden hatte, darf Alter und Geschlecht ablegen, verwandelt sich gleich mit dem ersten Akkord in ein hysterisches neunjähriges Beatles-Mädchen. Auch für Shonen Knife scheinen die vergangenen 44 Jahre wie im Flug vergangenen zu sein. Sie haben sich mit ärmellosen Kleidern im De-Stijl-Design uniformiert, charmieren mit einem Rumpel-Sound, den die Zeit nicht rund gelutscht hat und mit einem Tempo, das stürmt und drängt, als würden hier Teenager musizieren. Dabei ist Naoko Yamano schon 64. Es ist beneidenswert.

Dazu überraschen die Schwestern mit Gitarren-Choreografien, die sie sich einst bei einer alten Kiss-Show abgeschaut haben müssen. Als ein Besucher zwischen zwei Songs lautstark ein Drumsolo fordert, verbirgt Schlagzeugerin Risa Kawano ihr Gesicht schamhaft kichernd in den Händen. Na gut, lenkt Naoko ein, aber nur drei Sekunden.