Ausverkaufte Lanxess-ArenaSido zeigt in Köln, wie man mit Deutschrap altern kann

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Sido bei seinem Konzert in der Kölner Lanxess-Arena. Foto: Martina Goyert

Sido gibt sein einziges NRW-Konzert in der Kölner Lanxess-Arena.

Beim größten Konzert, das er je gespielt hat, singt Sido von Entzug, Trennung und seinen Söhnen. Bei einem Hit kommt es zur Unterbrechung.

Pünktlich um halb neun erscheint ein gealterter Deutschrap-Jesus auf der Bühne der Kölner Lanxess-Arena: weißes Gucci-Satinhemd, weiße Jogginghose, weiße Sneaker, dazu ein grauer Vollbart und Sonnenbrille – einziger Kontrast: der schwarze Nagellack auf seinen Fingernägeln.

Angestrahlt von weißem Licht und umgeben von großen, schwarzen, quadratischen Soundboxen ertönt eine Stimme: „In meinem schwarzen Fotoalbum mit 'nem silbernen Knopf“ lauten die ersten Zeilen des Abends. Der Deutschrap-Jesus heißt eigentlich Sido und verkündet mehrfach am Abend: „Das ist heute das größte Konzert meines Lebens.“ In der ausverkauften und tobenden Arena zeigt Sido knapp zwei Stunden, wie man mit Hip-Hop altern kann.

Sido in Köln: Berliner ist überwältigt von ausverkaufter Lanxess-Arena

Bei „Fuffies im Club“ gehen im Publikum das erste Mal die Arme hoch – es sollte nicht das letzte Mal sein – Spielgeldscheine fliegen durch die Luft. Danach die erste Ansprache und die ersten Kraftwörter: „Fuck, Alter, ist die Halle voll“, begrüßt ein glücklicher Sido seine Fans. „Oh Shit sind wir alt geworden, aber ich sehe hier auch viele junge Leute.“

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Sido in der Lanxess-Arena

Sido in der Lanxess-Arena

Tatsächlich, das Publikum ist keine homogene Masse alteingesessener Sido-Fans. Bei dem Konzert in Köln sind die Generationen vereint, nicht selten sieht man Eltern und Kinder gemeinsam den ehemaligen Maskenmann feiern. Apropos Maske: fast hätte man vergessen, dass Sido einst ausschließlich mit silberner Totenkopfmaske in der Öffentlichkeit auftrat. Aber die große LED-Wand auf der Bühne zeigt immer wieder eine animierte Version der Maske, mal brennt sie, mal zerspringt sie, mal geht sie in Luftblasen auf. 

Sidos jüngstes Album „Paul“: So rechnet er mit sich selbst und seiner Drogensucht ab

Ein Zeichen, dass der Rapper weniger Sido und mehr Paul, wie er eigentlich heißt, sein will? Die Songs seines jüngsten Albums „Paul“ gleichen jedenfalls einer Abrechnung, mit sich selbst und seiner Drogensucht, die ihn vergangenes Jahr für acht Wochen in eine Entzugsklinik brachte. In „Atmen“ sitzt er an der Bar, mit vollem Glas und voller Nase. Auch gibt es keine „Medizin“, die gegen seinen Drogenkonsum helfe. Für den Song holt er sich mit dem Rapper Jamule Unterstützung auf die Bühne.

Sido neben Arena-Chef Stefan Löcher (M.).

Sido neben Arena-Chef Stefan Löcher (M.). Sido erhält den Sold-out-Award, für sein ausverkauftes Konzert.

Musikalisch wird Sido von DJ Desue unterstützt. Bei ein paar Liedern holt er sich zudem Special Guests auf die Bühne. Estikay begleitet ihn beim gemeinsamen Track „Gar nicht mal so glücklich“. Und für „Leiche“ kommt Dag-Alexis Kopplin vom Hip-Hop-Duo SDP dazu.

Sido thematisiert schwierige Kindheit und Trennung von Charlotte Engelhardt

Auf dem neuen Album setzt sich Sido auch mit seinem Vater und seiner zerbrochenen Ehe auseinander. Mit dem Song „Mit dir“ verarbeitet er die Scheidung von seiner Frau, der Moderatorin Charlotte Engelhardt, und macht kein Geheimnis aus seinem Herzschmerz. „Versager“ thematisiert die Wunden seiner Kindheit, die die Abwesenheit seines Vaters bei ihm hinterlassen hat.

Ein Lied widmet Sido seinen vier Söhnen und versucht zu erklären, weshalb die Beziehung zu ihrer Mutter scheiterte. „Tut mir leid, doch ein einsamer Wolf bleibt allein, nein, das mit Mama und Papa sollte nicht sein“, rappt er in „Rollender Stein“. Dann richtet er das Wort direkt an seine Kinder: „Niemand ist mir wichtiger als ihr vier, mehr als ich mir selbst bedeutet ihr mir.“ Passend dazu laufen Schattenbilder von Kindern im Hintergrund über die LED-Wand.

Sido in Köln: Bei diesem Hit kommt es zu einer Unterbrechung

Als Sido zu späterer Stunde seinen ersten Hit „Mein Block“ anstimmt, kommt es zu einer Unterbrechung. „Kennt ihr den noch? Oder seid ihr dafür zu jung?“, fragt der Rapper in die Menge, ironische Buhrufe folgen. Doch 17.000 Fans können Sido überzeugen und geben den Hit a cappella zum Besten. „Boa habe ich jetzt Gänsehaut“, gesteht Sido anschließend.

Wer Deutschrap sagt, muss auch Sido sagen. Das bewies der Rapper einmal mehr in Köln und machte deutlich, wie man auch nach 20 Jahren auf der Bühne alte und neue Fans abholt und ihnen ein mitreißendes Konzert beschert.

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