So war der „Tatort” aus MünchenDer Nächste bitte!

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„Tatort”-Ermittlungen in „Irmis Stüberl”.

Der Tatort am Sonntagabend aus München konnte durch den ARD-„Brennpunkt“ zur Ukraine-Krise erst später beginnen. Gelohnt hat sich das Warten nicht wirklich ...

Der Fall

In „Irmis Stüberl”, irgendwo in München, wird Fasching gefeiert. Luftschlangen, leicht abgehalftertes Publikum, der Charme einer längst vergangenen Zeit - dieser Ort hat nichts Mondänes, nichts Großstädtisches, nichts München-gemäßes. Unweit wird mitten in der Nacht die Leiche eines 70-Jährigen gefunden. Kommissar Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) wird zum Tatort gerufen, seinen Kollegen Ivo Batic (Miroslav Nemec), der zum Fasching als Pilot verkleidet ist und gerade eigentlich eine Biene aus Waldkraiburg bespaßen wollte, nimmt er mit.

Im „Stüberl” hat sich der Mann zuvor offenbar mit einem kostümierten Faschingsgast gestritten. Wichtigste Zeugin der Auseinandersetzung ist ein überaus betrunkenes Rotkäppchen: Nachdem sie eine Nacht bei der Polizei ausnüchtern durfte, behauptet sie, das Opfer nicht zu kennen – Fotos in der Wohnung des Goldhändlers allerdings sprechen eine andere Sprache. Der Mann war offenkundig in schmutzige Geschäfte verstrickt, hatte mit südafrikanischen Goldhändlern und niederländischen Gangstern zu tun.

Die Auflösung

Schlicht und einfach: Der Täter war der Hund der alten Frau, die die Leiche des Goldhändlers gefunden und die Polizei verständigt hat. 

Das echte Thema

Am Ende gar nicht um den Mordfall an sich, sondern um die Welt von Rotkäppchen, die im Nicht-Faschings-Leben Silke Weinzierl heißt (Nina Proll). Silke ist eine Frau, die davon überzeugt ist, dass das Leben mehr für sie bereithalten muss, dass sie mehr verdient und die auf der Jagd nach dem großen Geld von einer blöden Geschäftsidee in die nächste stolperte.

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Nichts will ihr gelingen, doch die Schuld sieht Silke nicht bei sich, sondern immer bei den Anderen oder den Umständen. Immer plant sie den großen Coup, immer schraubt sie an irgendeinem „Business”, nichts wird ein Erfolg. Ihre Vermieterin hat sie wegen zu vieler ausstehender Mieten aus ihrer Wohnung in Münchner Bestlage am Platzl geworfen, so dass Silke sich nächtliche Schlafgelegenheiten bei Männern sucht. Ihr Ex-Mann droht, ihr das Sorgerecht für den Sohn, den sie ohnehin kaum sieht, zu entziehen, und das Verhältnis zu eben diesem Sohn ist belastet.

Diese Silke löst beim Zuschauen ambivalente Gefühle aus: Da ist Mitgefühl für jemanden, der einfach nicht auf der Sonnenseite des Lebens landet, der macht und tut und dem doch nichts gelingen will. Da ist Mitleid mit einem Menschen, der nicht den Mumm hat, sich der Wirklichkeit zu stellen und die Probleme ernsthaft anzugehen. Gleichzeitig ist diese Frau ungeheuer borniert, hält sich für schlauer und gerissener als alle anderen, schaut auf das Beamten-Leben von Ivo Batic herunter, auf das Bilderbuch-Reihenhaus-Leben ihres Ex-Mannes. Befreundet wollte man mit so einem Menschen nicht sein.

Übrigens: Die Großmannssucht ist es auch, die Silke Weinzierl am Ende das Leben kostet. Sie legt sich mit den Gangstern des Goldhändlers an, pokert ein letztes Mal sehr hoch – und verliert alles.

Das Fazit

Ein Mord, das Schicksal einer mittelalten Frau auf der Suche nach dem Glück plus ein dubioses Tattoo-Studio, niederländische Verbrecher und südafrikanische Goldhändler - das ist alles ein bisschen viel. Trotz mittlerweile sehr viel Liebe für die Münchner Ermittler: „Kehraus“ nicht zu schauen, wäre kein Verlust gewesen. Vielleicht wird die neue Episode, angeblich soll sie im Sommer im Fernsehen sein, wieder besser. Also: Der Nächste bitte.

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