So wird der „Tatort“Frank Thiel unter Mordverdacht

Frank Thiel (Axel Prahl, l.) trifft mit Prof. Karl-Friedrich Börne (Jan Josef Liefers) am Tatort ein.
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Münster – Seit Rechtsmediziner Karl-Friedrich Boerne in der Episode „Limbus“ (2020) in der Vorhölle gelandet ist und seinen Mörder als Geist zur Strecke bringen musste, um zu überleben, ist beim „Tatort“ aus Münster alles möglich.
Der Titel des neuen Falls, „Des Teufels langer Atem“ (16. Januar, 20.15 Uhr, ARD), sowie die sich in zarte Rauchwölkchen auflösenden Namen im Vorspann deuten an, dass sich auch diese Geschichte wieder um Ereignisse dreht, die mit wissenschaftlichen Methoden nicht zu erfassen sind.
Hier geht einiges nicht mit rechten Dingen zu
In gewissem Sinne stimmt das auch, zumal die Inszenierung von Beginn an nahelegt, dass hier einiges nicht mit rechten Dingen zugeht. Leidtragender ist diesmal Frank Thiel (Axel Prahl). Der Hauptkommissar hat nach offenbar durchzechter Nacht einen veritablen Filmriss, weshalb er im Grunde nicht mehr weiß als Boerne (Jan Josef Liefers), den er am späten Abend angerufen und gebeten hat, aus dem Domizil von Thiel senior eine Dose Erbseneintopf zu holen.
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Die Büchse entpuppt sich als Drogenversteck von „Vaddern“ (Claus Dieter Clausnitzer), und tatsächlich kann der Alte die kleine Aufmunterung vertragen: Was er als nicht weiter der Rede werten kleinen Herzinfarkt abtut, hat sich als tennisballgroßer inoperabler Hirntumor entpuppt; die erschütternde Nachricht ist gleichzeitig auch die Erklärung für Thiels alkoholbedingten Absturz.
Für den Polizisten kommt es allerdings noch schlimmer: Alles deutet darauf hin, dass er betrunken nach Hause gefahren ist und seine Dienstwaffe aus dem Tresor geholt hat, um einen Mann zu ermorden; die Beweislage ist eindeutig.
Verzwickte Kombination scheinbarer Zufälle
Der Reiz dieser Krimistory liegt vor allem in der cleveren Kombination scheinbarer Zufälle und der daraus resultierenden Verzwicktheit. Denn gemeinsam mit den beiden Freunden tappt auch das Publikum lange Zeit im Dunkeln, weil Thiel und Boerne die Details mühsam aus den bruchstückhaften Erinnerungen des Hauptkommissars zusammensetzen müssen.
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Nach und nach lässt sich immerhin ein Bild erahnen: Bei dem Toten handelt es sich um einen früheren Kollegen, den Thiel während seiner Zeit in Hamburg als Gattenmörder überführt hatte. Der Mann hatte seine Frau jahrelang misshandelt, war also bestimmt nicht unschuldig; die Tat hat er jedoch auch nach seiner Haftentlassung stets bestritten. Aber warum sollte Thiel ihn nun erschießen? Und welche Rolle spielt der titelgebende Teufel?
Doppeltes Jubiläum
„Des Teufels langer Atem“ ist ein doppeltes Jubiläum: Prahl und Liefers frotzeln sich nun bereits seit zwanzig Jahren durch ihre Filme; die Suche nach dem Geheimnis um den Blackout und den Toten im Wald ist der vierzigste Fall für Thiel und Boerne. Thorsten Wettckes Drehbuch – es ist sein fünftes für den „Tatort“ aus Münster – hat bloß einen Nachteil: Erfahrene Couchkriminalisten und ‑kriminalistinnen werden etwa zur Hälfte des Films ahnen, was hinter der Geschichte steckt.
Dass Thiel kein kaltblütiger Mörder ist, versteht sich ohnehin von selbst. Die Details der Auflösung sind zwar durchaus überraschend, aber der Rahmen ist zu leicht zu durchschauen, was das Vergnügen natürlich schmälert.
Ungewöhnliche Blickwinkel
Sehenswert ist der Krimi trotzdem, und das auch im Wortsinne, weil Regisseurin Francis Meletzky, die zehn Jahre zuvor mit Prahl und Liefers „Zwischen den Ohren“ (ausgestrahlt 2011) gedreht hatte, die Handlung gemeinsam mit Kamerafrau Bella Halben auf besondere Weise gestaltet hat, und das nicht nur wegen der gelegentlichen ungewöhnlichen Blickwinkel: Thiels Wahrnehmung wird wie bei einem schlechten Trip regelmäßig durch eine Art Solarisationseffekt unterbrochen, der seine Umgebung wie ein Negativ aussehen lässt.
Nicht neu, aber optisch reizvoll ist auch die Idee, das um Staatsanwältin Klemm (Mechthild Großmann) ergänzte Ermittlungsduo gegen Ende in den Rückblenden auftauchen zu lassen. Exemplarisch für die ausgezeichnete Bildgestaltung ist eine Szene, in der es Kamerafrau Halben gelingt, die Gedanken Boernes allein durch die Bewegung der Kamera nachvollziehen zu lassen.