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So wird der „Tatort“Lena Odenthal kämpft mit ihren Emotionen

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Kommissarin Odenthal und Pit  

Ludwigshafen – „Was, du darfst doch gar nicht aufs Schulfest?“ schreit eine Mitschülerin dem neunjährigen Marlon entgegen, als er mit schnellem Schritt und gesenktem Kopf das Schulgelände betritt.

Es klingt nach einer gewöhnlichen Kinderstreiterei, aber die Atmosphäre in dieser Eröffnungsszene der neuen „Tatort“-Folge verspricht anderes: düstere Musik, Eltern und Lehrer, die verängstigt, fast versteinert wirken, und Marlon, der mit einer bedrohlichen Zielstrebigkeit durch die Gänge des Schulgebäudes rennt, um schließlich wie wild geworden auf eine Tür einzuschlagen. Nur wenige Momente später ist der Neunjährige tot.

Mord in der Schule

Als die Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) an der Grundschule in Ludwigshafen ankommen, finden sie den Jungen in einer Blutlache am Fuße eines Treppenabsatzes liegen. Schnell ist klar: Jemand hat Marlon die Treppe hinuntergestoßen.

An seinem Körper sind Spuren eines Kampfes zu sehen. Mit diesen ersten Erkenntnissen wenden sich die Ermittlerinnen an Marlons Eltern. „Haben Sie irgendeine Idee, wer das gewesen sein könnte?“ fragt Odenthal die Mutter des Opfers. Ihre Antwort: „Jeder.“

Für „Tatort“-Fans

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Marlon war ein schwieriges Kind, man würde sagen ein „Systemsprenger“. Seine Aggressivität machte ihn zum Außenseiter bei seinen Mitschülern. Dies führt zu der befremdlichen Situation, dass die Reaktionen auf seinen Tod teils mehr von Erleichterung als von Trauer überschattet sind.

So etwa bei Oliver Ritter, dem Vater der Mitschülerin Madita, der Marlon kürzlich den Arm gebrochen hatte. Ritter versuchte schon seit Monaten, zum Schutz seiner Tochter einen Schulverweis des Jungen in die Wege zu leiten – jedoch ohne Erfolg.

Odenthal kämpf mit Emotionen

Nur seinem besten Freund Pit und dem Sozialarbeiter der Schule, Anton Leu, vertraute Marlon sich noch an. Leu setzte alles daran, Marlon zu helfen, doch auch er geriet mit dem Verhalten des Jungen an seine Grenzen. Aber eines war für ihn immer klar: „Kinder sind nicht das Problem. Sie haben eins.“

Dass Marlons Umfeld dies nicht verstehen will, lässt auch Kommissarin Odenthal nicht kalt. Wir erfahren, dass Odenthal auch ein „schwieriges“ Kind war und dass dieser Fall ihr deshalb besonders nah geht.

Aber auch Kommissarin Stern gibt Einblick in ihr Privatleben, das gerade alles andere als rund läuft. Marlons Fall lässt bei beiden Frauen persönliche Erfahrungen wieder hochkommen, die drohen, die Ermittlungsarbeiten zu beeinträchtigen.

Hat ein Kind Marlon ermordet?

Doch wer hat nun den Mord an Marlon begangen? Nach und nach klären Odenthal und Stern immer mehr Details der letzten Lebenstage eines Jungen auf, dessen Tod, so ist Odenthal sich sicher, hätte verhindert werden können, wenn man dem Kind einfach mal zugehört hätte. Die Zahl der Tatverdächtigen ist groß, und immer steht die beunruhigende Frage im Raum: War es ein Kind, das Marlon ermordet hat?

Von einer steten Spannung kann man im „Tatort: Marlon“ nicht sprechen. Doch dies scheint auch nicht das Ziel des Drehbuchs von Karlotta Ehrenberg zu sein. Der Fokus liegt vielmehr darauf, zu zeigen, wie „schwierige“ Kinder in unsere Gesellschaft durchs Raster fallen, und das auch noch so unbemerkt, dass die Probleme beim Kind, nicht beim Umfeld gesucht werden.

Lukas Herzog (Marlon) und auch Finn Lehmann (Pit) spielen die Verzweiflung ihrer jungen Rollen so überzeugend, dass man das Leid der Kinder förmlich am eigenen Leibe spürt.

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Gleichzeitig gelingt es dem Drehbuch sowie der Regisseurin Isabel Braak, Empathie für die Erwachsenen zu erzeugen, die häufig mit falschen Mitteln, aber guten Absichten für ihre Kinder handeln. Wem am Sonntagabend nach Nervenkitzeln und Adrenalin zumute ist, wird bei dieser Folge wohlmöglich enttäuscht sein.

Doch wer einen emotional aufwühlenden Fall verfolgen will, der auch die Kommissarinnen an ihre Grenzen bringt, sollte die 75. Folge des Ludwigshafener „Tatort“ nicht verpassen.