Köln – Die Einstellung der Deutschen zu den Medien zeigt, wie tief die geistige Kluft in der Gesellschaft geworden ist. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen repräsentativen Umfrage zur Glaubwürdigkeit der Medien. Wie das Meinungsforschungsinstitut infratest dimap im Auftrag des WDR herausfand, haben die weitaus meisten Menschen nach wie vor eine sehr hohe Meinung von der Qualität des Informationsangebots in deutschen Medien sowie von deren Glaubwürdigkeit. Insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die Tageszeitungen genießen weiterhin hohes Vertrauen. Der Kampfbegriff von der „Lügenpresse“ findet nur bei einer Minderheit der Gesamtbevölkerung Widerhall. Geteilt wird er allerdings von einer deutlichen Mehrheit der AfD-Anhänger.
Aus der Befragung von 1000 erwachsenen Bundesbürgern ergibt sich ein Bild mit vielen Facetten und manchen Akzenten, die den Medienschaffenden – bei aller Wertschätzung ihrer Konsumenten – zu denken geben müssen. In einer Hitliste verschiedener Institutionen landen ARD und ZDF sowie die Tageszeitungen mit Vertrauenswerten von 61 bzw. 47 Prozent nur im Mittelfeld. Den Spitzenplatz nimmt die Polizei ein, die bei 88 Prozent der Bevölkerung sehr großes oder großes Vertrauen genießt und sich damit gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozentpunkte verbessern konnte. Auch die Stiftung Warentest, die Verbraucherzentrale und das Bundesverfassungsgericht rangieren in puncto Vertrauen vor den großen Mediengattungen. Abgeschlagen am unteren Ende der Skala stehen Privatfernsehen und –radio, denen nur 19 Prozent der Menschen sehr großes oder großes Vertrauen schenken. Auch nicht viel besser stehen die Kirchen (34 Prozent) und die Wirtschaft (37 Prozent) da.
Im Urteil über die Qualität des Medienangebots und die Glaubwürdigkeit zeichnet sich ein Trend nach unten ab. Zwar bescheinigen 89 Prozent der Deutschen den Medien insgesamt hohe Qualität. Aber es ist eine Verschiebung von der Bestnote „sehr gut“ zu „gut“ erkennbar, und auf der Gegenseite wächst die Zahl derer, die die Qualität der Medien nicht nur für „schlecht“, sondern sogar für „sehr schlecht“ halten. Auf die Frage nach dem Vertrauen in die Medien gibt fast die Hälfte der Befragten an, dieses sei gesunken – mit zunehmender Tendenz im Vergleich zum Vorjahr.
Innerhalb der Glaubwürdigkeitsskala verschiedener Medien sind die Einstellungen der Deutschen dann aber relativ stabil: An der Spitze liegen die Sender von ARD und ZDF, gefolgt von den Tageszeitungen und – mit weitem Abstand – den Privatradios. Das Internet im Allgemeinen rangiert im unteren Mittelfeld. Als äußerst gering schätzen die Befragten die Glaubwürdigkeit der sozialen Netzwerke (Facebook, Twitter und andere) und der Boulevardpresse ein. Beide liegen in der Umfrage gleichauf.
An dem aus der nationalsozialistischen Rhetorik entlehnten Wort „Lügenpresse“ scheiden sich die Geister. Drei Viertel der Deutschen lehnen ihn ab, ein Viertel hält ihn für passend. Das Verhältnis ist im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Allerdings zeichnet sich ein klares Gefälle nach Parteipräferenz ab: Die Anhänger der AfD heißen den Begriff „Lügenpresse“ zu 59 Prozent gut. Nur 35 Prozent verneinen dies. Dagegen halten ihn 95 Prozent der Grünen-Anhänger für falsch. Zwischen diesen Extremen sind die Werte von Sympathisanten der anderen Parteien angesiedelt, wobei es zwischen den Anhängern von SPD, Linken und CDU/CSU kaum Unterschiede gibt. Bei der FDP schlägt die Kurve noch einmal nach oben aus. Hier halten 26 Prozent der Anhänger die Rede von der „Lügenpresse“ für berechtigt. Bei den Unentschlossenen sind es 25 Prozent, bei den bekennenden Nichtwählern sogar 34 Prozent.
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