So war der „Tatort“ aus MünchenSpuren und Groll führen Batic und Leitmeyr immer wieder zu „Hackl“

Lesezeit 5 Minuten
Ivo Batic (Miroslav Nemec, links) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, rechts) gehen mit dem Verdächtigen Hackl (Burghart Klaußner) durch eine Kleingartensiedlung. Batic und Leitmeyr schauen ernst, fast genervt. Hackl sieht wütend aus und geht vor ihnen.

Ivo Batic (Miroslav Nemec, links) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl, rechts) nehmen Hackl (Burghart Klaußner) mit.

Im neuen Fall von Batic und Leitmeyr dreht sich alles um den alten Griesgram „Hackl“ - und dem Milieu, in dem er wohnt. 

Der Fall im „Tatort“ aus München

Mitten in der Nacht verunglückt der junge Adam Moser tödlich mit seinem Motorrad. Als Zeugen von Laserstrahlen berichten, die immer wiederzusehen waren, lassen Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) untersuchen, ob ihn diese getroffen und den Unfall verursacht haben könnten. Die Autopsie des Auges zeigt: Wer immer Adam mit dem Klasse 3-Laser – die illegale Variante – getroffen hat, hätte ihn alle Male auf einem Auge erblinden lassen und ist nun für seinen Tod verantwortlich.  

Die Ermittlungen führen Leitmayr und Batic ins Münchner Hasenbergl, wo Adam mit seiner Freundin in einem kleinen Bungalow inmitten der anonymen Hochhäuser des Viertels wohnte.

Der Hackl als Hauptverdächtiger des Münchner „Tatort“

Namensgeber der Tatort-Folge ist der alte Johannes Bonifaz Hackl (Burghart Klaußner). Er wohnt in einer Wohnung der Hochhaussiedlung und ist nicht nur dort als Grantel, also Griesgram, sondern auch der Polizei bekannt. So hat er „vor gefühlt hundert Jahren“ Leitmayr in den kleinen Finger gebissen und ihm eine Narbe als Souvenir beschert.

Hackl ist der dauerschlechtgelaunte Nachbar, wie ihn wohl einigen bekannt ist. Alles ist ihm zu laut, Kinder – er wirft sie mit Fischeingeweiden ab –, Tauben – er schießt sie mit einem Gewehr ab – und Adams Motorrad – hat er ihn deshalb mit dem Laser angestrahlt?

Wegen seines Rufs gerät er schnell in den Verdacht der Kommissare. Batic ist sich sofort sicher, dass Hackl es war. Leitmayr hingegen ist skeptisch, geht der Spur aber nach und so finden sie einen Laserschutz in Hackls Wohnung. Grund genug, ihn erst einmal in Untersuchungshaft zu stecken, findet eine Richterin. Doch als das Urteil gesprochen ist, flüchtet Hackl, verletzt auf dem Weg noch die Richterin. Nichts würde ihn jemals wieder zurück in Gefängnis kriegen, betont er immer wieder, auch in wirren Selbstgesprächen

Es gibt noch weitere Verdächtige. So hatte Adam mit seinem Bruder Alex immer wieder Streit und ihre Mutter scheint sehr viel Druck ausgeübt zu haben. Der sozial abgekapselte Nachbarsjunge Jonas Mittermeier (Lorenzo Germeno) verhält sich nicht nur merkwürdig, sondern ist auch noch in Adams Freundin verliebt, hatte Drohnenvideos von ihr und anderen halbnackten Frauen gemacht.

Jonas, der sich ebenso wenig in der Welt zurechtzufinden scheint wie Hackl, wird der zweite Verdächtige. Doch die Spuren, oder eben der Groll der Ermittler, führen immer wieder zurück zu Hackl. Dass dieser flüchtig ist, spricht zusätzlich nicht gerade für seine Unschuld.

Die Auflösung im „Tatort“ aus München

Am Ende war es, wie so häufig beim Tatort, keiner der beiden.  Stattdessen war es Jonas Mutter, Sandra Mittermeier (Carolin Conrad), die als Lehrerin an einer Problemschule arbeitet und dort sowie mit der Erziehung von Jonas überfordert ist. Jonas hatte sie und ihre Nachbarin und Freundin Ulli Weber (Hanna Scheibe) beobachtet und gefilmt, wie sie den von Jonas einkassierten Laser ausprobierten. Als Adam, in den beide zeitweise verschossen waren, in der Nacht auf seinem Motorrad hin und her fuhr, hatte Sandra dann so lange draufgehalten, bis sie ihn erwischt hat.

Letztlich war ihr Motiv Neid, nicht für sich, sondern für ihren Sohn. „Der Jonas ist so ...“, kann sie es nicht aussprechen, „und der Adam hatte alles“, schreit sie weinend, als sie ihre Tat zugibt. Ihren Sohn, der ein Eigenbrodler und lieber für sich ist, konnte sie nicht so akzeptieren, wie er ist. Dafür verachtet Jonas sie, ekelhaft hätten sich Ulli und seine Mutter verhalten. Trotzdem wollte er sie beschützen und legte die Spur auf Hackl.

Das Fazit: So war „Hackl“

In dem „Tatort“ geht es weniger um den Todesfall, klar wird dieser zum Ende aufgelöst, aber deutlich präsenter ist Hackl, der Titel ist also passend. Der Griesgram steht für das, was sich hinter den Fassaden der Hochhäuser, dem Milieu, versteckt, aber sich keiner traut, nach außen zu tragen: Frust, Enge, Neid. So werden entlang Hackls Flucht, die Geschichten der anderen Menschen aus dem Milieu erzählt. Das gelingt gut und die unterschiedlichen Kämpfe, die jede Person in sich tragen kann, stellen sich heraus. So fühlen sich Hackl und Jonas, als würden sie nicht in die Welt passen. Ulli und Sandra sind gemeinsam einsam und auch die Trauer von Adams Freundin wird immer wieder dargestellt.

Es gehen dabei aber leider auch einige Handlungsstränge ins Leere. Zunächst sehr auffallend ist beispielsweise die kontrollierende Mutter des Opfers und dessen Bruder. Nachdem seine Schuld ausgeschlossen werden konnte, sieht man von den beiden jedoch nichts mehr. Auch Hackls schrilles Gehör, das ihm offensichtlich Qualen bereitet, sowie Jonas psychische Belastung werden nicht weiter ausgeführt. Hier fehlt die Tiefe, die die ruhige Erzählform zugelassen hätte.

Auch Josua Kimmichs Cameo, für den dies wohl ein großer Traum war, ist zwar ganz nett, trägt jedoch wenig zur Story bei, außer dass man sich stetig fragt, was es mit dem grünen Protein-Drink, den auch Polizeiassistent Kalli Hammermann immer wieder in der Hand hat, auf sich hat - nichts.

Trotzdem unterhält der Münchner „Tatort“ „Hackl“ die gesamten 90 Minuten gut. Hackls Flucht bringt Spannung ins Spiel, die Charaktere sind interessant und das Ermittlerduo bringt einen immer wieder zum Schmunzeln – ob mit ihren Kabbeleien oder im Dialog mit dem stückweise naiven Kalli.

KStA abonnieren