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Teddy Teclebrhan in KölnSeine Show ist gaga, dieser Typ ist es nicht

Lesezeit 6 Minuten
Teddy Teclebrhan, Komiker und Schauspieler, eröffnet die Jahres-Pressekonferenz von Prime Video in Berlin.

Teddy Teclebrhan, Komiker und Schauspieler, eröffnet die Jahres-Pressekonferenz von Prime Video in Berlin. 

Teddy Teclebrhan ist einer der erfolgreichsten Comedians in Deutschland. An gleich vier Abenden ist er nun in der Lanxess-Arena zu Gast. Lohnt ein Besuch?

Irgendwann wundert einen gar nichts mehr an diesem Abend in der Lanxess-Arena. Da schwebt ein riesiger, gelb-grüner Wellensittich durchs Rund, vorbei an tausenden Handy-Lichtern. Und in der Mitte steht Tedros „Teddy“ Teclebrhan und singt über seinen gefiederten Freund Frank: „Flieg, klein Wellensittich / Flieg Richtung Fixierung / Flieg, klein Wellensittich / Hoffentlich kriegsch' kein' Erfrierung.“

Wobei da natürlich eigentlich nicht Teddy singt, sondern seine Kunstfigur Antoine, die wiederum ihrem Idol Herbert Grönemeyer nacheifert: „Du bist was du liebsch / Liebsch des was du tusch / Tusch des was du tusch / Isch super wenn du des liebsch.“ Wer braucht da noch Flugzeuge im Bauch? Der eigentliche Witz - jenseits der schrägen Sprache und des irren Textes - ist aber, dass da tatsächlich diese Konzert-Gänsehaut-Momente entstehen, während man diesem merkwürdigen Vogel hinterherschaut.

Das Publikum geht voll mit in diesen rund zweieinhalb Stunden (plus Pause), die starten wie ein klassisches Stand-up-Programm und irgendwann abbiegen Richtung bombastischer Arena-Show mit siebenköpfiger Band, Background-Sängerinnen und -Sängern und Tänzerinnen und Tänzern. Feuerbälle, Konfetti, Bühnenfontänen, die goldene Funken sprühen. „Nicht kleckern, sondern klotzen“ lautet das Motto spätestens da. 

„Halb Mensch, halb Disco“ hat Teclebrhan seine - ja, was eigentlich? - Show, sein Konzert, seine Performance genannt. Alles ist richtig, alles ist falsch. Der 41-Jährige beweist an diesem Abend eindrucksvoll, warum er zurzeit einer der erfolgreichsten Comedians in Deutschland ist. Und gleichzeitig fragt man sich die ganze Zeit: Ja, warum eigentlich? Es ist ein Widerspruch, der sich nicht auflösen lässt. Aber in dem Moment, in dem man versteht, dass man das gar nicht verstehen muss, hat man ihn vielleicht verstanden, diesen Teddy Teclebrhan. 

Komik darf in Deutschland selten für sich stehen. Sie soll eine Botschaft haben, im besten Fall noch aufklären. Wer sich als politischer Kabarettist versteht, versucht, gesellschaftliche Missstände anzuprangern. Comedians wie Mario Barth wurden hingegen dadurch erfolgreich, einen Witz - in seinem Fall „Frauen sind komisch, weil sie anders sind als Männer“ - wieder und wieder und wieder zu erzählen. Kennste, kennste?

Die Liebe zum Nonsens

Bei Teclebrhan wartet man in den allermeisten Fällen vergeblich auf eine Pointe. Die unterschiedlichen Teile seiner Show sind weder in sich noch nacheinander dramaturgisch aufgebaut. Dieses Programm folgt keiner Logik. Hier verlässt sich einer auf sein großes schauspielerisches, gesangliches und tänzerisches Talent und sein perfektes Timing. Teddy Teclebrhan weiß, wann er Pausen machen muss, und zwingt sein Publikum, diese auszuhalten. Zwingt es auch deshalb dazu, weil er mit seinen Reaktionen spielt. Denn vieles, was er tut, ist improvisiert. In seiner Liebe zum Nonsens und zur Musik erinnert er an Helge Schneider.

Ganz am Anfang, als er allein vor dem Vorhang steht, beglückwünscht er erst das Publikum, für den richtigen Tag Karten gekauft zu haben. Die Show am Vortag musste wegen der Bombenentschärfung abgesagt werden und wurde auf Sonntag, 8. Juni, verschoben. „Aber eigentlich sollte ich sagen: Danke Deutschland, dass ich noch hier sein darf“, ergänzt er und spricht über die „Remigrationspläne“ der AfD und anderer Rechtsextremer, die Menschen wie ihn aus dem Land haben wollen, weil sie sich nicht vorstellen können, dass man deutsch sein kann, wenn man schwarz ist und in einem anderen Land geboren wurde. Bei deren Geheimtreffen Anfang 2024 habe er doch etwas Angst bekommen.

Sightseeing sei vor seinen Shows in Leipzig und Dresden eigentlich eher Sprinttraining gewesen. „In Köln hab ich zwei Securitys, im Osten eine ganze Armee.“ Dann erzählt er noch von seiner starken Mutter, die ihn und seine beiden älteren Brüder allein großzog und darüber, wie es war, seinen Vater mit Mitte 30 zum ersten Mal zu treffen.

Teclebrhan wurde 1983 in Eritrea geboren, er war noch ein Baby, als seine Mutter mit den drei Kindern nach Deutschland flüchtete. Er wuchs in der Nähe von Tübingen auf. Seine alleinerziehende Mutter arbeitete hart, um die drei Jungs zu ernähren. Und wenn er von ihr spricht, ist da kein Bruch, kein Scherz, kein Nonsens. Nur sehr viel Anerkennung und Liebe.

Doch die wenigen Äußerungen zu Beginn sind die einzigen biografischen Bezüge in seinem Programm. Natürlich, sein Aufwachsen in Schwaben ist allein durch den Akzent seiner Kunstfiguren allgegenwärtig. Aber ansonsten verweigert er sich auch hier möglichen Erwartungen. Die Klischees, die viele Deutsche im Kopf haben, wenn sie an Migranten denken, erfüllt er nicht. „Ich hatte ein schönes Leben“, hat er der „Süddeutschen“ mal gesagt. Ein kurzer, schnörkelloser Satz, der dennoch eine Befreiung ist. Er lässt sich nicht in Schubladen stecken, in denen andere ihn sehen. 

Zum ersten Mal auf sich aufmerksam machte er vor 14 Jahren mit einem selbstproduzierten Youtube-Video: „Umfrage zum Integrationstest (was nicht gesendet wurde)“. Gut sechs Minuten ist es lang, 46 Millionen Mal wurde es bisher angeklickt. Es war für viele die erste Begegnung mit ihm und seinen Kunstfiguren. In diesem Fall war es Antoine Burtz, der im weißen Feinripp-Unterhemd an einer Straßenumfrage teilnahm.

Ob er denn wisse, wer Kanzler der Bundesrepublik sei. Seine Antwort: Angelo Merte. Und dessen Vorgänger sei doch dieser Hitler gewesen. Er sei super integriert, versichert dieser Antoine. Er habe immerhin seit zwei Monaten seine Frau nicht mehr geschlagen. Teclebrhan gab das so überzeugend, dass manche nicht verstanden, dass hier einer eine Rolle spielte. Eine Botschaft habe er damit aber nicht vermitteln wollen, es ging ihm einfach um den Spaß, hat er später gesagt. 

Seit diesem Video ist viel passiert. Teddy Teclebrhan war in zahlreichen Fernsehshows - darunter „Wer stiehlt mir die Show?“ und „Last One Laughing“ - zu sehen. Er tourte über Deutschlands Bühnen und hat eine eigene Show für Amazon Prime Video gedreht. Und nun füllt er mit seiner aktuellen Show die Arenen des Landes.

Die Fans bekommen, was sie wollen. Auftritte seiner Kunstfiguren: Antoine ist natürlich da, genauso Percy und der Rassist Ernst Riedler. Mit großer Geste trägt er als Percy seinen Stoff-Hamster zu Grabe, um wenige Minuten später als Lohan Cohan - eine perfekte Imitation amerikanischer Musik-Größen - im Bling-Bling-Style die Arena zu durchstreifen. Überhaupt muss man sagen, dass die Band, die Sänger und Sängerinnen und Tänzerinnen und Tänzer fantastisch sind. Mögen die Texte auch gaga sein, die Show ist es nicht. 

Im Marketing spricht man gerne davon, man brauche einen USP, also ein Alleinstellungsmerkmal, um gegen die Konkurrenz zu bestehen. Teddy Teclebrhans USP ist, dass ihm solche Überlegungen augenscheinlich vollkommen egal sind - und er sie genau deshalb erfüllt. 


Teddy Teclebran spielt seine Show in Köln noch am 7. Juni um 20 Uhr und am 8. Juni um 19 Uhr. Es gibt noch Restkarten. Ein wichtiger Hinweis: Rucksäcke dürfen nicht in die Lanxess-Arena gebracht werden. Es gibt keine Garderobe.