WDR-Konzert der Reihe „Musik der Zeit“Helles Mondlicht auf dem Tutti

Peter Eötvös
Copyright: Daniel Dittus
Köln – Hauptwerk und einzige Uraufführung im Konzert der WDR-Reihe „Musik der Zeit“ war „Focus“ für Saxophon und Kammerorchester von Peter Eötvös. Der ungarische Komponist und Dirigent, Jahrgang 1944, schrieb das klassisch viersätzige Konzert für den Schweizer Saxophonisten Marcus Weiss. Der ebenso ausgezeichnete wie vielseitige Interpret ist gleichermaßen in Jazz, Klassik und Avantgarde zu Hause. Eötvös wollte daher die verschiedenen Stilistiken und Spielpraktiken des Instruments zu etwas Neuem verschmelzen. Das Publikum im WDR-Sendesaal erlebte statt einer Synthese jedoch eine spielerische Kombination verschiedener Elemente.
Mit dem Altsaxophon durfte Weiss melodische Phrasen wunderbar weich und lyrisch aussingen, wie etwa in Musik von Maurice Ravel oder Gerry Mulligan, um den Silberglanz des Instruments wie helles Mondlicht über das Tutti strahlen zu lassen. Das kernigere Tenorsaxophon wurde dagegen vorwiegend energetisch agil und rhythmisch eingesetzt, auch perkussiv mit knallenden Klappen- und Zungenstößen im Wechsel mit Bongos. Dann wieder gab es Anklänge an Swing, Bigband, Walking Bass, Virtuosenkonzert und schnatternde Spielmusik in der Manier des Neoklassizismus der 1930er Jahre. Statt substanziell Neues resultierte ein polystilistisches Patchwork aus Altbewährtem, das bei „Musik der Zeit“ eher deplatziert wirkte und besser in ein gewöhnliches Sinfoniekonzert gepasst hätte.
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Die Leitung des vielseitigen Programms oblag Elena Schwarz. Die 1985 geborene Schweizerin hatte unter anderem Dirigierkurse bei Eötvös und Matthias Pintscher absolviert. Mit klarem Schlag, charaktervollen Impulsen und vielen Einsätzen gestaltete sie sachlich und prägnant auch die reinen Bläserstücke „Akrata“ von Iannis Xenakis und „magma VII“ von Garciela Paraskevaídis. Überlagerten sich dort Stakkatorepetitionen wie zu hektisch aufflatternden Schwärmen, wälzten hier tief dröhnende Blechbläser kraftvolle Klangmassen wie eine Naturgewalt heran, begleitet von grellem Zischen und Pfeifen der Holzbläser.
Nur für Streichorchester schrieb Lisa Streich „Mantel“. Passagen mit minimalen Bogenbewegungen und zerbrechlich-zittrigem Klang stehen Abschnitten mit markanten Rhythmen, Auftaktgesten und kleinen Melodien gegenüber, die sich jedoch in zahllosen Wiederholungen totlaufen statt weiterentwickeln.
Bezogen auf den Werktitel blieb offen, welche Strukturen dabei Hülle oder Umhülltes sein sollten. Existenzielle Ungewissheit war schließlich auch das Thema von Natalia Solomonoffs Orchesterstück „Incierto Suelo Cielo“. Disparate Elemente liefen entweder parallel oder prallten hart aufeinander, so dass das Stück am Ende tatsächlich vor allem Orientierungs- und Ratlosigkeit hinterließ.