Wie die Ehrlich Brothers der Pandemie trotzen„Da war zu Beginn eine Schockstarre“

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Chris (l.) und Andreas Ehrlich

  • Die Ehrlich Brothers füllen normalerweise die großen Arenen. Im Interview erzählt Chris, wie sie zur Zauberei kamen und warum es sie nicht nach Las Vegas zieht.
  • An Ostern überraschen sie ihre Fans mit einer Zaubershow, bei der man im Wohnzimmer mitmachen kann.

Chris Ehrlich, Sie starten am Freitag bei Super RTL ihre Sendung „Magic School“, in der Kinder im Zaubern gegeneinander antreten. Warum ist Zaubern ein gutes Hobby für Kinder? Zauberei ist ein zeitloser Klassiker, ein höchst sinnvolles Hobby, bei dem man die Motorik schult, bei dem es auf Ästhetik, Ablenkung und die Fähigkeit ankommt, sich Dinge zu merken. Und man lernt, vor einer Gruppe von Menschen etwas zu präsentieren. Bei unseren Live-Shows sind immer sehr viele Familien mit ihren Kids und Teenies, deshalb wollen wir unser Wissen weitergeben, denn wir gewähren ja einen Blick hinter die Kulissen und erklären drei Tricks in jeder Folge der „Magic School“. Aber wir bieten eben auch den nächsten Ehrlich Brothers die Chance, sich zu präsentieren und zu zeigen, was sie drauf haben.

Sie haben schon als Jugendlicher mit dem Zaubern angefangen. Aber wann war klar, dass sie ernsthaft darüber nachdenken, das Hobby zum Beruf zu machen?

Wir haben uns nicht einfach gedacht, wir werden Zauberer, das hat sich über die Jahre entwickelt und wir haben viel Zeit damit verbracht. Nach dem Abitur und dem Zivildienst hatten wir zum ersten Mal die Situation, in der wir selbst entscheiden konnten, was wir mit unserem Leben machen. Ich habe zu Andreas gesagt, was vergeben wir uns, wenn wir uns erstmals in unserem Leben von morgens bis nachts nur der Zauberei widmen? Und das machen wir bis heute. Es gab nie wieder den Gedanken, etwas anderes zu machen.

An Ihren Shows ist alles groß. War das schon immer der Traum, irgendwann die Arenen zu füllen?

Wir sind aufgewachsen mit Siegfried und Roy und David Copperfield. Das sind Eindrücke, denen man sich als zauberaffines Kind nicht entziehen kann. Das war eine Welt, in die wir gerne eingetaucht sind. Die Faszination für die ganz große Show ist in diesen Kindertagen eingepflanzt worden. Aber auch wir haben angefangen mit Kartentricks. Wir haben nicht zuerst den Monstertruck auf die Bühne gezaubert, sondern eine Münze. Heute geht es nur mit einem großen Team. Wir reisen mit 100 Personen. Das ist ein moderner Zirkus.

Wie groß ist der Druck, immer mehr bieten zu müssen?

Den Anspruch, uns selbst zu übertreffen, haben wir, und den können wir auch nicht leugnen. Das ist manchmal vielleicht nicht mehr ganz gesund, wenn das in zu viele Nachtschichten ausufert, aber das Gute ist, dass wir uns diesen Druck im Wesentlichen selbst machen. Wir sind zu 100 Prozent diejenigen, die die Entscheidungen fällen. Wenn wir merken, das ein oder andere Ziel war zu hoch gesteckt, ist auch das eine Lehre für die Zukunft, beim nächsten Mal einen Gang zurückzuschalten. Wir haben ein Pflichtgefühl den Menschen gegenüber, die bestmögliche Show zu inszenieren

Sie füllen sonst die großen Arenen. Wie sehr hat Sie die Pandemie ausgebremst?

Wir haben unsere Shows zu interaktiven Streamingshows umgebaut. Wir haben ein Konzept entwickelt, das einmalig ist. Die Leute bekommen von uns eine Box mit Requisiten, um bei der Streamingshow in ihrem Wohnzimmer mit uns zusammen zu zaubern. Die Magie transportieren wir damit nach Hause.

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Diese Zeit hat uns abverlangt, das Positive zu sehen und das Beste aus der Situation zu machen. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, aber es haben weit über 100.000 Menschen mitgemacht.

Hatten Sie Momente in der Corona-Zeit, in der Sie sich Sorgen gemacht haben?

Doch, da war zu Beginn erstmal eine Schockstarre. Uns hat am meisten zu schaffen gemacht, was aus den vielen Menschen wird, denen wir sonst Arbeit geben. Aber so sehr wir kämpfen wollten, kamen wir auch an Grenzen. Wir haben es trotzdem hinbekommen, im September in Düsseldorf eine Arena-Show auf die Beine zu stellen. Mit Masken und Hygienekonzept, aber es war eine Show, vom Gesundheitsamt abgesegnet. Das erfüllt uns heute noch mit Stolz. Wir und das gesamte Team zehren von dieser einen Show.

Deutschland ist ja nicht gerade als Mekka der Zauberei bekannt. Hatten Sie nie den Traum, mit einer Show in Las Vegas aufzutreten?

Wir sind sehr heimatverbunden. Ja, es gibt immer wieder die Anfragen. Wir waren in der Vergangenheit vereinzelt im Ausland auf Tournee, in Paris, in London, in Finnland. Wir haben schon sehr viele Träume leben dürfen, aber ein festes Engagement in Las Vegas, bei dem man fünf Jahre in einem festen Theater auftritt ist etwas, was uns nur sehr bedingt reizt. Es ist tatsächlich in Amerika eine kleine Tournee geplant. Aber Las Vegas als Lebenszentrum? Das ist sensationell für eine Woche, aber als Lebensinhalt ist mir das zu flach.

Sie fallen ja sehr durch Ihren extravaganten Look auf. Braucht man so etwas als Magier?

Man muss das als Magier definitiv nicht haben, aber ich habe immer schon gern experimentiert - mit Styles, Klamotten, Nieten, Boots, Haargel. Ich wollte einfach immer anders aussehen. Wenn Chris Ehrlich nicht geboren worden wäre, sähe Andreas Ehrlich heute nicht so aus. Das ist auf meinen Mist gewachsen. Aber er hat sich nicht gewehrt. Wir mögen diesen Style, den erkennt man wieder – und wir fühlen uns wohl. Das ist keine Fassade, wir schlüpfen in keine Rolle.

Wieso haben Sie sich eigentlich für den Künstlernamen Ehrlich Brothers entschieden?

Wir haben immer wieder Berührungspunkte mit Menschen, die an Übersinnlichkeit glauben. Wir aber möchten in erste Linie mit unserer Magie unterhalten und präsentieren uns nicht als Menschen, die Wunder vollbringen können. Wir kommunizieren offen und ehrlich, dass wir Künstler sind, die die wunderschöne Kunstform der Magie als Show präsentieren. Und so ist der Name Ehrlich in unser Bewusstsein gerutscht.

Per Tricktechnik ist heute fast alles möglich. Ist das ein Problem für Sie?

Das Thema Glaubwürdigkeit ist ein großes. Es sind heute unglaubliche Tricksereien möglich. Aber wir stehen ja in erster Linie für die magische Liveshow. Ich glaube, live ist immer live. Es geht um die Hitze der Flammen, den Bass, den man spürt, die Illusionen auf der Bühne. Live verzeiht nichts, auch keine Fehler. Diese Stimmung kann kein Handy ersetzen. Bei der Digitalisierung gehen viele Dinge mit einher, die ich persönlich skeptisch sehe, weil es eine Distanzierung, eine Entpersonalisierung ist. Die digitale Welt ist im Stande, Unglaubliches zu leisten, aber was uns als Menschen auch ausmacht, ist das gemeinsame Sitzen am Feuer, das Erzählen von Geschichten. Die Menschen wollen wieder Gemeinschaft, der Mensch ist ein soziales Wesen. Und das Soziale lebt man am besten analog aus.

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