Zukunftsdialog gestartetSo können Sie der ARD alles sagen, was Sie stört

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Tom Buhrow (l.) mit Moderator Birand Bingül bei der Auftaktveranstaltung.

Köln – Schläft Tom Buhrow in ARD-Bettwäsche? Diese Frage konnte sich stellen, wer an einem Samstag im Mai an der Auftaktveranstaltung des ARD-Zukunftsdialogs teilnahm. Zumindest malte ihn so der Karikaturist, den der Senderverbund eigens angeheuert für die digitale Konferenz. Doch um den WDR-Intendanten und ARD-Vorsitzenden ging es ansonsten nur am Rande. Denn Buhrow war gekommen, um zu schweigen. Oder besser: um zuzuhören.

Das ist die Idee des Zukunftsdialogs, den die ARD mit viel Aufwand betreibt. Drei Mitarbeiter aus der ARD-Kommunikation kümmern sich hauptamtlich um das Projekt, viele weitere sind daran beteiligt. Zudem arbeitet die ARD mit externen Experten zusammen. Eine niedrige sechsstellige Summe investiert sie in den Versuch, näher an ihr Publikum heranzukommen.

In Zeiten, in denen heftig über die Höhe des Rundfunkbeitrags gestritten wird und nicht wenige den Öffentlich-Rechtlichen ihre Existenzberechtigung gleich ganz absprechen, will der Verbund aus neun Anstalten denen zuhören, die sie bezahlen. Aus den Sendern werden für ein paar Stunden Empfänger.

Zum Auftakt 200 Bürger eingeladen

Zum Auftakt waren das 200 Bürgerinnen und Bürger, die von einem Marktforschungsinstitut ausgewählt worden waren. Alt, jung, Mann, Frau, aus Ost und West – möglichst alle Bevölkerungsgruppen sollten abgebildet werden. Da von den 200 aber 60 kurzfristig absprangen, waren einige ostdeutsche Bundesländer gar nicht vertreten.

Nicht jeder räumt der ARD am Samstagvormittag fünf Stunden Freizeit frei. Da will man nachbessern, räumte Birand Bingül, Leiter der ARD-Kommunikation, hinterher ein. Auch Migranten will man noch gezielter ansprechen.

Denen, die zugeschaltet waren, redete Buhrow zu Beginn aus einem Studio in Köln gut zu. Ein solches Experiment habe es noch nie gegeben „Wir machen das für Sie“, betonte er. Der Senderverbund gehöre dem Publikum. „Wir wollen vor allem zuhören. Ich habe die Ohren ganz weit auf“, versprach der Intendant.

Nach anfänglichen technischen Problemen wurden die Teilnehmer dann in 35 Gruppen eingeteilt und sprachen dort mit je einem ARD-Vertreter – zum Beispiel Moderator Eckart von Hirschhausen und Helge Fuhst, zweiter Chefredakteur von ARD-aktuell – und einem Moderator über drei Fragen: Wie nehmen Sie die ARD wahr? Welche Wünsche und Erwartungen haben Sie für die Zukunft der ARD? Welche Themen soll die ARD zukünftig anpacken? Wobei für jede Frage die Gruppen neu gemischt wurden. Vier externen Journalisten durften ebenfalls zuschauen.

Erhellend in vielerlei Hinsicht

Erhellend waren die Diskussionen in vielerlei Hinsicht. Zum einen wurde klar, dass medienpolitische Grundsatzdebatten an den meisten Zuschauern komplett vorbeigehen. Manchen ist nicht einmal bewusst, dass der Sender ihres Bundeslandes Teil der ARD ist.

Ihnen geht es um ganz konkrete Fragen: Warum finde ich in der Mediathek die Sendung, die mich interessiert, nicht? Warum gibt es so viel Fußball und so wenige andere Sportarten im Programm? Was gibt es fürs junge Publikum? Warum sitzen immer dieselben Gäste in Talkshows?

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Einige grundlegende Themen wurden jedoch in allen Gruppen, deren Diskussionsergebnisse später im Plenum kurz vorgestellt wurden, verhandelt. Besonders die Meinungsvielfalt wurde häufig angesprochen. Viele Teilnehmer fühlen sich bevormundet, haben das Gefühl, in der ARD dominiere eine links-grüne Grundhaltung, andere Meinungen seien unterrepräsentiert.

Auf der Grundlage dieser Auftaktveranstaltung und der darin besprochenen Themen startet die ARD nun eine digitale Plattform, auf der jeder nach einer Registrierung seine Meinung kundtun darf. Bleibt die alles entscheidende Frage: Was macht die ARD mit den Erkenntnissen aus diesem Prozess? Birand Bingül betont, man gehe ergebnisoffen an diese Frage heran, es gebe keine Vorgaben, aber sicher werde vieles aufgegriffen.

Denn eines sollte nicht geschehen, sonst wäre der ganze Dialog nur schnöde PR: Die Anregungen der Zuschauer dürfen sich nicht versenden.

Plattform und Podcast

Ab sofort kann jeder auf der digitalen Plattform des Zukunftsdialogs vier Wochen lang in sieben Themenräumen mitdiskutieren, wie die ARD sich zukünftig aufstellen soll. www.ard-zukunftsdialog.de

Außerdem gibt es einen Podcast, der den Prozess begleiten soll. Darin geben ARD-Mitarbeiter Auskunft, es soll aber auch das Publikum zu Wort kommen. www.ardaudiothek.de 

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