„Verschwindende Orte“ in der Alten Feuerwache

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Sie sind gleich doppelte Verlierer: Sie werden ihrer Häuser und Dörfer beraubt und sie sind im Hambi-Hype nahezu völlig untergegangen – vor lauter Wald hat kaum jemand den Menschen gesehen: Die Bewohner von 21 Orten, die für den Braunkohleabbau abgerissen werden sollen. Wie Keyenberg. Dort hat Regisseurin Eva-Maria Baumeister für ihre musiktheatralische Choreografie „Verschwindende Orte oder Was uns retten kann“ Interviews geführt und mittels „Field Recordings“ den Klang des Dorfes eingefangen. Dazu Chorwerke etwa von Brahms und Mahler, gesungen von einer Sopranistin und einem im Umsiedlungsgebiet ansässigen Laienchor.

Das alles macht nicht gerade den Sound einer Revolte aus. Das Brummen der Bagger liefert vielmehr die Basslinie der Bedrohung. Darüber sehnsüchtelt der Chor mit Schuberts „Am Brunnen vor dem Tore“, und eine während des Stücks aufgebaute Glasharfe kündet mit ihrem zarten Sirren von der Zerbrechlichkeit des Seins. Schauspielerin Fiona Metscher führt in wechselnden Rollen durch den theatralen Psychotrip: Vom Zorn einer Betroffenen über die rettende Vision einer Idealistin bis zur unvermeidbaren Enttäuschung angesichts kommunalpolitischer und ökonomischer Ignoranz.

Ein starker Stoff für ein engagiertes dokumentarisches Theaterprojekt. Dem hätte man allerdings einen energischeren Zugriff gewünscht. Bei Baumeister ist es ein behutsamer Abend über das Verschwinden – von Tönen, Traditionen, Utopien. (nis) Nächste Termine: 13., 14. Dezember, Alte Feuerwache

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