KunstSchlechte Träume verbrennen im Netz

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Der renommierte Jazz-Musiker Frank Reinshagen – hier mit Schamanenstab – widmet seine Freizeit der kunstvollen Fertigung von indianischen „Traumfängern“. (Bild: Hoffmann)

Der renommierte Jazz-Musiker Frank Reinshagen – hier mit Schamanenstab – widmet seine Freizeit der kunstvollen Fertigung von indianischen „Traumfängern“. (Bild: Hoffmann)

Mechernich-Bergheim – Im Moment regiert das kreative Chaos im kleinen, gemütlichen Fachwerkhaus in der Eifelstraße in Bergheim. Ein buntes Sammelsurium von Federn, Perlen, Leder, Schnüren und Weidenzweigen verteilt sich über alle drei Etagen des Domizils. Mittendrin: ein gut gelaunter Frank Reinshagen, der kurz vor der Eröffnung seiner Ausstellung am heutigen Samstag im „Kunst.punkt-Gemünd/Eifel“ gleich noch einmal eine ganze Serie neuer Kunstwerke in Angriff genommen hat.

Hauptberuflich Dozent

Hauptberuflich arbeitet der 1961 im Saarland geborene Künstler als Dozent im Hauptfach Jazz/Komposition und Arrangement sowie Ensembleleitung an der Hochschule für Musik in Köln. „Zwei Studiengänge also, die ich Anfang der 1980er Jahre als junger Student geschmissen habe“, schmunzelt Reinshagen, der später nicht nur das JugendJazzOrchester NRW geleitet und in 2004 den WDR-JazzPreis gewonnen hat, sondern der auch auf eine beachtliche Zahl von Produktionen, Kompositionen und Arrangements für bedeutende Big Bands und Jazz Orchester von Helsinki bis New York schauen kann.

Vor einigen Jahren entdeckte der renommierte Musiker seine Leidenschaft für das Bogenbauen. Die intensive Auseinandersetzung mit diesem facettenreichen Thema führte ihn gewissermaßen konsequent in die Welt der Indianer, die im Osten Nordamerikas mit dem oft kunstvolle bemalten Langbogen auf die Jagd gegangen waren und im mittleren Westen, nachdem die Spanier das Pferd nach Nordamerika gebracht hatten, via Mustang in der bis dato unbesiedelten Prairie auf den handlicheren Kurzbogen umgestiegen waren.

Spirituelle Ehrfurcht

Vor allem die indianische Kultur übte dann eine große Faszination auf Reinshagen aus. Fortan widmete er sich einer neuen Kunst: dem Bau von Traumfängern, die nach traditioneller Art vieler nordamerikanischer Völker mit tiefer spiritueller Ehrfurcht und heiligem Respekt gefertigt werden.

„Von jeher waren die Träume für die Indianer von großer Bedeutung“, erklärt Reinshagen. Mündlichen Überlieferungen zufolge beschützt der aus einer oder mehreren Weidenruten gebogene Traumfänger mit seinem von außen nach innen geflochtenem Netz den Schlafenden vor schlechten Träumen. An einigen Stellen wird der „heilige Kreis“ mit Hirschleder umwickelt und teilweise mit Perlen verziert, am unteren Bogen baumeln Rohlederstreifen und eine Feder. „Der Legende nach treten die Träume nämlich von oben in den Dreamcatcher ein“, so Reinshagen.

Während es die guten Träume verstehen, den Weg in die Mitte zu finden und durch die Öffnung über das Federpendel zum Schlafenden zu gelangen, bleiben die schlechten Träume an den Fetischen hängen oder verfangen sich im Netz und werden mit dem aufkommenden Tageslicht verbrannt. Eine Perle im komplizierten Maschengeflecht steht für die Spinne, die in der indianischen Mythologie ebenfalls von hoher Symbolkraft ist. So erzählen die Indianer des Nordwestens, die Spinne habe von der anderen Seite der Welt das Feuer geholt, das sie in einem selbstgewebten Korb auf ihrem Rücken herbeitrug. In anderen Mythen heißt es, sie habe ein riesengroßes Netz gewebt, das alle Dinge zusammenhält und der Erde ihre Form gibt. Auch heute wird der Traumfänger neugeborenen Kindern nach alter Tradition über die Wiege gehängt.

Flötenspieler Kokopelli

Unter den zahlreichen Exponaten, die an diesem Wochenende (14 -17 Uhr) in Gemünd zu sehen sind, befindet sich auch der Traumfänger mit dem handgemalten Flötenspieler Kokopelli, einem stammesübergreifenden Symbol, das – halb Fruchtbarkeitsgott, halb Insektenwesen – in allen Indianergebieten als Felszeichnung zu finden ist.

In der Zwischenzeit hat das eifrige Gemünder „Kunst.punkt.“-Team auch das Programm für die zweite Jahreshälfte festgezurrt. So bietet Barbara Tegethoff an jeweils zwei Terminen im Juli, September und November „Kunst zum Mitmachen“ an. Im Oktober sind dort die Fotografien des verstorbenen Kaller Luftbildfotografen Charly Pauly zu sehen. Im November stellt Krimiautor und Zeichner Ralf Kramp sein neues Buch mit gesammelten Karikaturen aus dem Kölner Stadt-Anzeiger vor.

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