Kupfersiefer MühleRenovierung mit Überraschungen

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Heike und Christian Jedinat eröffnen nun vor der Mühle einen Biergarten. BILD ARLINGHAUS

Heike und Christian Jedinat eröffnen nun vor der Mühle einen Biergarten. BILD ARLINGHAUS

Rösrath – „Der Zustand war schlimm, viel schlimmer, als wir erwartet hatten“, sagt Clemens Maria Lücke. Als der Lindlarer Psychotherapeut und Unternehmensberater zusammen mit seiner Frau Ute Oessenich-Lücke und dem Kürtener Ehepaar Malu und Wolfgang Grohs vor 18 Jahren die Kupfersiefer Mühle renovieren ließ, wurde dem Quartett immer klarer, wie marode der Gebäudekomplex war. Einige Räume seien verschüttet, andere einsturzgefährdet gewesen. „Der ehemalige Stall brauchte ein neues Fundament, und die Scheune musste ganz abgerissen werden, dafür haben wir an dieser Stelle einen Seminarraum gebaut.“ Beim Haupthaus konnten im Prinzip nur die Mauern stehenbleiben. „Und durch die alte Schnapsbrennerei floss ein Bach.“

Wie viel Zeit und Geld die beiden Ehepaare, die damals in den unter

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Geschichte und Geschichten

Denkmalschutz stehenden Gebäuden eine Seminar- und Tagungsstätte einrichten wollten, in das Projekt investiert haben, will Clemens Lücke nicht verraten. Aber dass sie finanziell und kräftemäßig einen riesen Einsatz geleistet haben, ist offensichtlich. „Es hat drei Jahre gedauert, bevor wir unser »Zentrum für psychosoziale Gesundheit« endlich eröffnen konnten“, erinnert sich Lücke.

Allerdings kam bei den Bauarbeiten auch manch schöne Überraschung zutage. „In der ehemaligen Bäckerei haben wir einen historischen Ofen gefunden“, erzählt Lücke. „In der Brennerei, in der bis etwa zum Ersten Weltkrieg Schnaps hergestellt wurde, haben wir ein altes Ziegelkappengewölbe freigelegt.“ Und als beim Abriss der Scheune der Boden einbrach und der Bagger in das Loch fiel, entdeckte man einen zwölf Meter langen Gewölbekeller neben der Brennerei. Sein Eingang war zuvor verschüttet gewesen.

„Gerade die alte Brennerei entpuppte sich als Schaztkästlein“, sagt Nikolaus J. Sturm, der damals als Ingenieur die Bauleitung innehatte und der zudem Denkmalpflegebeauftragter von Rösrath ist. Sturm kümmerte sich auch um den Mühlenkeller, der zu den ältesten Teilen der Kupfersiefer Mühle gehört und der - das ist eine Besonderheit - noch fast komplett erhalten ist. „Das oberschlächtige Mühlrad ist restauriert worden, das Getriebe konnten wir immerhin sichern“, sagt der Bauingenieur. Während die damalige Gemeinde Rösrath die Restaurierung des Mühlrades bezahlte, wurden die übrigen Arbeiten von den beiden Ehepaaren finanziert - mit Zuschüssen von Land, Kreis und Kommune.

Traum erfüllt

Mehrere Jahre haben die Lückes und die Grohs' in der Kupfersiefer Mühle selbst Seminare angeboten und die Räume auch vermietet. Vor etwa zwei Jahren kauften Heike und Christian Jedinat das Anwesen. Sie nutzen die Mühle ebenfalls als Tagungshaus, vermieten die Räume für Firmenveranstaltungen und private Feiern wie Hochzeiten. Christian Jedinat, der in Deutschland sechs Zauberschulen für Erwachsene betreibt und daneben als Coach arbeitet, bietet hier zudem eigene Workshops und Coaching-Wochenenden an.

„Wir haben mit dem Kauf der Kupfersiefer Mühle einen Traum verwirklicht“, sagt Heike Jedinat. Das Paar, das aus Heidelberg kommt, hatte sich viele Jahre gewünscht, „ein Haus zum Leben und Arbeiten zu finden“. Anfang 2006 lernte Christian Jedinat bei einem Coaching-Seminar in Köln eine Immobilienmaklerin kennen, der er von der Idee erzählte. „Ihr fiel sofort die Kupfersiefer Mühle ein“, berichtet er. Schon beim ersten Besichtigungstermin sei die Entscheidung gefallen. Im Herbst 2006 zogen Jedinats von Heidelberg nach Rösrath.

Von den Vorbesitzern haben sie eine dicke Akte übernommen. Neben Bauzeichnungen und alten Zeitungsartikeln, die die Sanierung der Mühle dokumentieren, liegt darin auch das Faksimile einer Urkunde aus dem Jahr 1783. Mir ihr verlieh Kurfürst Karl Theodor einst Dietrich Wimar Forstbach die Konzession zum Bau einer Mühle am Kupfersiefer Bach, um dort Korn zu mahlen. Doch das Geschäft mit der Mühle war wohl nicht sehr einträglich. Gerade in trockenen Sommern führte der Bach oft zu wenig Wasser, um das Mühlrad anzutreiben. Wie der Geschichtsverein Rösrath im Band eins der „Rösrather Stadt-Wanderungen“ schreibt, war die Kupfersiefer Mühle deshalb steuerreduziert. Die Besitzer besserten sich ihren Verdienst mit einer Schnapsbrennerei auf. Diese wurde erstmals 1820 schriftlich erwähnt. Der bis heute erhaltene Baukomplex stammt jedoch nicht aus dieser frühen Zeit, sondern vermutlich aus der Mitte des 19. Jahrhunders (siehe Kasten).

Noch vor dem Ersten Weltkrieg muss der Mühlen- und Brennereibetrieb in Kupfersiefen eingestellt worden sein. Edgar Weesbach, ein Nachfahre der Familie Lindenberg, die die Mühle über mehrere Generationen besaß, weiß noch: „Mein Vater, Otto Weesbach, ist 1907 in der Mühle geboren worden. Als Junge hat er das Brot mit dem Pferdewagen ausgefahren.“ Später sei die Familie nach Kleinbliersbach gezogen und habe dort einen landwirtschaftlichen Betrieb aufgebaut. Nur Otto Weesbachs Tante, die Witwe Emilie Lindenberg, habe noch in der Mühle gewohnt. „Damals standen schon weite Teile der Gebäude leer“, sagt Edgar Weesbach, der sich daran erinnern kann, der alten Dame gelegentlich geholfen zu haben, wenn in Haus oder Hof kleine handwerkliche Arbeiten anfielen. Nach dem Tod von Emilie Lindenberg hat Otto Weesbach die Mühle zeitweise als Wohnraum vermietet, seine Kinder haben sie letztlich verkauft. Dann begann die Zeit der Sanierung.

Heute kann sich kaum mehr ein Besucher vorstellen, dass die Kupfersiefer Mühle einst so verlassen wirkte, dass sie 1990 als geheimnisvoll-gruselige Filmkulisse herhalten musste - für einen Krimi mit Willy Millowitsch. „Wir hören häufig von Nachbarn und Besuchern, wie schön es ist, dass in der alten Mühle das Leben wieder neu erwacht ist“, erzählt Heike Jedinat.

Sie und ihr Mann träumen davon, den historischen Mühlenkeller, in dem das alte Mahlwerk samt Treibrädern, Lastenheber und Mahlsteinen fast vollständig erhalten ist, wieder vorzeigbar zu machen und den Gewölbekeller neben der ehemaligen Brennerei zu einem weiteren „Eventraum“ umzubauen. Aber das kostet natürlich viel Geld, und erstmal stehen andere Pläne im Vordergrund: In einigen Tagen eröffnen die Jedinats einen Biergarten - im Schatten einer uralten Kastanie, die vermutlich schon die ersten Bewohner der Mühle kannten.

Am Sonntag, 10. August, findet in der Kupfersiefer Mühle ab 13 Uhr ein Sommerfest / Tag der offenen Tür statt, Großhecker Weg 31, 02205 / 86 686. An diesem Tag wird auch der Biergarten eröffnet.

 www.kupfersiefermuehle.de

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