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Leserbriefe„Nicht Aslans Tweet ist das Problem, sondern Rassismus“

Lesezeit 6 Minuten
Ein Beamter des Zentralen Einsatzdienstes der Polizei hält eine Kelle mit der Aufschrift „Halt Polizei“ hoch, um Autos anzuhalten. Im Bildhintergrund befinden sich Beamte mit Geschwindigkeitsmessgeräten und weitere Beamte vor Einsatzfahrzeugen.

Aufgrund eines Tweets über ihre Furcht vor Polizeikontrollen wurde die Polizeihochschul-Dozentin Bahar Aslan entlassen.

In der Beurteilung des polizeikritischen Tweets einer Dozentin an der Polizeihochschule NRW liegen Lesermeinungen weit auseinander. 

Es­ka­la­tion in Twit­ter-Lo­­gik – Po­­li­­zei-Do­­zen­tin Aslan hat die falschen Worte ge­wählt, aber eine Ent­las­sung ist über­zo­gen (30.5.)

Fall Aslan: Empörungssturm nicht gerechtfertigt

Aufgrund eines Tweets über ihre Angst vor Polizeikontrollen wird Frau Bahar Aslan von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung die Zusammenarbeit aufgekündigt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Michael Mertens, behauptet, sie verunglimpfe pauschal die Polizei. Andere Menschen im politischen Spektrum äußern sich gleichlautend. Die Schulaufsicht prüft Sanktionen. 

Was steht da so Untragbares? „Ich bekomme Herzrasen, wenn ich oder meine Freund*innen in eine Polizeikontrolle geraten, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden uns Angst macht.“ Hat sie damit die Sicherheitsbehörden als braunen Dreck bezeichnet? Nein, das hat sie nicht. Sie weist lediglich auf den braunen Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden hin. Und das ist eine Tatsachenbeschreibung.

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Es gibt ja rechtsextremistische und rassistische Umtriebe in den Sicherheitsbehörden. Und das lässt sich auch belegen, Herr Mertens. Man muss nur Zeitung lesen. Die Mäßigung, die vom Schulministerium von Lehrern und Lehrerinnen gefordert wird, kann ja nicht darin bestehen, vor dieser Tatsache die Augen zu verschließen oder zumindest Schweigen zu bewahren.

Kann es sein, dass da Vertreter unseres Staates nicht genau gelesen haben und in einen Empörungssturm geraten sind gegen Frau Aslan, wo doch diese Empörung eigentlich dem „braunen Dreck“ innerhalb der Sicherheitsbehörden gelten sollte, den Rassisten und Rechtsextremen, die sich leider dort tummeln?  Resi Maschke-Firmenich Köln

Tweet von Bahar Aslan: Harte Konsequenzen unvermeidlich

Joachim Franks Relativierung des Vorfalls ist unangemessen. Unsere Polizei pauschal als „braunen Dreck“ zu titulieren ist eine Entgleisung, die harte Reaktionen erfordert. Die können nicht nur darin bestehen, dass man sich „zusammensetzt“ und dann ist wieder alles gut. Herr Frank meint, dass man das Wort „vielleicht“ streichen kann, nicht jedoch Frau Aslan. Hiermit zeigt sie, dass ihre pauschalen Äußerungen ernst gemeint sind. Frau Aslans Titulierungen der Polizei sind boshaft und respektlos. Harte Konsequenzen sind unvermeidlich.  Alfred Pick Bad Münstereifel

Lehrbeauftragte Bahar Aslan kaum mehr zumutbar

Bei allen erörterungsfähigen Aspekten des Falles sollte doch unstreitig sein, dass die Beamtin und nebenamtliche Lehrbeauftragte Bahar Aslan in Bezug auf die Polizei im Kern verallgemeinernde öffentliche Äußerungen beleidigenden und verunglimpfenden Charakters getätigt hat. Das kann kaum als Petitesse oder bloße Kritik bezeichnet werden. Infolgedessen dürfte dem auszubildenden Nachwuchs in der Polizeihochschule kaum zumutbar sein, von ihr weiterhin unterrichtet zu werden.

Was förmliche Fragen in diesem Kontext zum Schicksal des bestehenden Lehrauftrages anbelangt, ist zu prüfen, ob der Vertrag befristet oder unbefristet abgeschlossen ist, er ein Freistellungsrecht enthält, eine besondere Loyalitätspflicht der Lehrbeauftragten formuliert ist und welche Kündigungsmöglichkeiten und -fristen bestehen. Im Übrigen möge man sich zur prinzipiellen Einordnung und Bewertung des Ganzen folgendes Szenario mit anderen Vorzeichen vorstellen:

Ein Lehrbeauftragter der Polizeihochschule äußert sich vergleichbar übel über kriminelle migrantische Jugendliche, Clan-Kriminelle oder islamistische Gefährder. Wie verständnisvoll oder verurteilend würden hier allfällige Reaktionen verschiedener Seiten ausfallen? Wie auch immer, Gebot sollte in jedem Falle sein, dass mit jeweils gleichen Maßstäben gemessen wird. Roland Schweizer Leverkusen

Das Problem ist Rassismus, nicht der Tweet von Frau Aslan

Es ist ein Skandal, wenn unser Schulministerium nicht Rassismus an sich als Problem sieht, sondern diejenigen, die auf dieses Problem aufmerksam machen. Gerade Beamte dürfen nicht neutral in dieser Frage sein, weil die Menschenwürde grundgesetzlich verankert ist. Bahar Aslan hat gerade nicht die Sicherheitsbehörden als braunen Dreck bezeichnet, sondern darauf hingewiesen, dass es diesen innerhalb der Sicherheitsbehörden gebe. Dass man nicht wissen will, in welchem Umfang, ist eine politische Entscheidung. Wer hat die Untersuchung abgelehnt? Ach ... Johannes Schmitz Eitorf

Fall Aslan: Diffamierung eines ganzen Berufsstands

Ja, „die Formulierung war daneben“, und ich füge hinzu: Auch inhaltlich ist Frau Aslans öffentliche Einlassung in Gänze daneben. Sie lässt die Öffentlichkeit im Unklaren, was bei Polizeikontrollen vorfiel und bei ihr die jetzt beschriebenen posttraumatischen Symptome hervorruft. Warum wählt sie den Weg einer öffentlichen und pauschalen Diffamierung unserer Ordnungshüter? So lässt sich nichts, was tatsächlich vorgefallen ist, aufklären und ahnden. Und ein ganzer Berufsstand wird öffentlich abgewatscht, was nachvollziehbar zu den bekannten Reaktionen führt.

Und dann wird es bei den zuständigen Stellen zur Anzeige gebracht und aufgeklärt. Die Kritik der Grünen und weiterer Kreise an der Entlassung aus ihrer Dozententätigkeit ist in Gänze unangebracht, zumal hier wieder angeblich rassistische Motive unterstellt werden. Wie soll sie denn künftig Vorlesungen vor Studenten halten, die sie pauschal des Rassismus beschuldigt hat? Als Student würde ich mich weigern, daran teilzunehmen. Christoph Menger-Skowronek Köln

Lehrerinnen-Tweet: „Nicht zu tolerierende Haltung“

Dass das Dozentenverhältnis von Frau Bahar Aslan an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung beendet wurde, ist ein richtiger Schritt und der Begründung ist nichts hinzuzufügen. Ebenso richtig ist, dass sie als verbeamtete Lehrerin ausscheiden muss. Es ist auch keine „unglückliche Wortwahl“, wie Herr Butterwegge weismachen möchte, sondern dahinter steckt eine Haltung. Und die ist nicht zu tolerieren.

Nicht zu leugnen ist, dass es bei der Polizei rechtsextreme Personen gibt, aber deswegen den ganzen Polizeiapparat zu verunglimpfen, ist unverschämt. Miteinander reden, wie Herr Ott vorschlägt, ist immer gut. Dann sollte aber auch unsere Polizei zu Wort kommen dürfen, die tagtäglich von Migranten angepöbelt, angespuckt, beleidigt und mit Waffen bedroht wird und deren Beamte auch schon schwer verletzt wurden. Die Politiker täten gut daran, sich auch einmal hinter die Polizeikräfte zu stellen, die ihre Arbeit gut machen. Sonst muss sich niemand wundern, wenn diesen Job keiner mehr machen will.  Helma Reifers Sankt Augustin

Solidarisch mit Bahar Aslan

Eine nebenamtlich an der Polizeihochschule tätige Lehrerin äußert ihre Angst, die durch rassistische und rechtsradikale Polizeibeamte im Dienst des Landes NRW ausgelöst wird. Diese Sorge ist nachweislich nicht unbegründet und wird selbst von Innenminister Herbert Reul prinzipiell geteilt. Anstatt das mutige Eintreten dieser Lehrerin für unsere Verfassung zu begrüßen, wird ihr Vertrag bei der Polizeihochschule nicht verlängert.

Völlig fassungslos macht die Forderung des CDU-Fraktionschefs Gregor Golland, diese Lehrerin insgesamt aus dem Schuldienst zu entfernen. Auf welcher Rechtsgrundlage? Sind wir wieder so weit, dass freie Meinungsäußerung in unserem Land durch faktisches Berufsverbot geahndet werden soll? Wer gefährdet hier unsere Demokratie? Meine Solidarität gilt der Lehrerin Bahar Aslan! Norbert Kißler Köln

Lehrerin tut, was sie kritisiert: Sie diskriminiert

Frau Aslan reiht sich mit ihrer Äußerung in die Reihe der Journalistin Hengameh  Yaghoobifarah, die die Polizei am liebsten auf der Müllhalde entsorgt gesehen hätte. Ferda Ataman, die Beauftragte des Bundes für Antidiskriminierung, bezeichnet „Bio-Deutsche“ als Kartoffeln. Ich verstehe nicht, dass Menschen mit Migrationshintergrund es in Ordnung finden, andere, im vorliegenden Fall eine ganze Berufsgruppe, zu diskriminieren und dafür keine Konsequenzen tragen zu müssen? Hier gilt gleiches Recht für alle.

Diese Menschen tun genau das, was sie anderen unterstellen und sehen sich dann auch noch in der Opferrolle. Diskriminierung von Menschen jedweder Art ist furchtbar und auf das schärfste zu verurteilen. Warum glauben Frau Aslan und die oben Genannten, dass sie das Recht haben, selbiges zu tun? Ich empfehle, sich an die goldene Regel zu erinnern: „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu.“  Karin Dieck Engelskirchen

Verallgemeinerung von Frau Aslans Äußerung unzulässig

Es gibt offenbar Mitbürger und Mitbürgerinnen, die manche Äußerungen nicht richtig verstehen können oder wollen, obwohl sie klar und eindeutig formuliert sind. „Brauner Dreck in der Polizei“ ist zwar eine sehr deftig formulierte Meinungsäußerung, meint aber eindeutig „nur“, dass es nazistische Tendenzen bei einzelnen Polizeibeamten oder -gruppen gibt – was ja nicht bestritten wird.

Diese Äußerung zum Anlass für Beschimpfungen und dienstrechtliche Schritte zu nehmen, ist völlig abwegig. Frau Aslan vorzuwerfen, sie tituliere die Polizei pauschal (!) als „braunen Dreck“ kann nur als unbegründete böswillige Unterstellung gewertet werden, die eine strafbewehrte Verleumdungsklage nach sich ziehen kann. Prof. Dr. Klaus Matzdorff Bergisch Gladbach

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