Leserbriefe zum Tempolimit„Diese Stellschraube endlich nutzen“

Die Energiekrise infolge des Kriegs in der Ukraine hat die Diskussion um die Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen neu entfacht.
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Verzicht üben durch Tempolimit
Was die Verkehrsrelevanz angeht, ist zu diesem Thema bereits alles gesagt. Aber darum geht es derzeit nicht; es geht um die Frage: In welchem Ausmaß akzeptieren wir Verzicht? In der ersten Ölkrise in den 1970er Jahren hatte eine sozialliberale Regierung die Kraft, autofreie Sonntage durchzusetzen. Das wäre heute unvorstellbar. Heute steht die persönliche Freiheit im Mittelpunkt. Damals galt noch der Spruch „freie Fahrt für freie Bürger“. Autofreie Sonntage bedeuteten persönlichen Verzicht.
Ein Tempolimit ist im Zusammenhang mit Kraftstoffverbrauch und Verkehrsfluss sicherlich von untergeordneter Bedeutung, wichtig ist dagegen der Verzicht auf ein kleines Stück Freiheit. Solche Einschränkungen werden bald auf uns zukommen, etwa durch finanzielle Folgeschäden aus der Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Klimakatastrophe. Wenn wir dann noch nicht einmal in der Lage sind, einen derart niederschwelligen Verzicht zu akzeptieren, dann schwant mir Schlimmes. Dr. Frank Kleiner Leverkusen
Einsparen, was man kann
Natürlich brauchen wir ein Tempolimit! Es ist aus meiner Sicht völliger Nonsens zu behaupten, dass die Energie-Einsparung nur gering ist. Man muss einsparen, was man kann, jedes Gramm zählt! Und jeder, der regelmäßig auf unseren Autobahnen unterwegs ist, weiß, dass es genug Autofahrer gibt, die auch im Berufsverkehr immer wieder hohe Geschwindigkeiten erreichen wollen, nur weil es erlaubt ist. Das endet natürlich in ständigem Wechsel von Beschleunigen und Bremsen, also im Prinzip in mutwilliger Energievernichtung! Dass es nach wie vor möglich ist, SUV zu kaufen, deren Kühlschrank-ähnlicher Strömungswiderstands-Wert durch übermäßige PS wettgemacht wird, sollte der nächste Punkt auf der Liste für Abschaffungen sein!Alexander Britz Köln
„Nein“ zum Tempolimit akzeptieren
Beim leidigen Thema Tempolimit regt mich ganz besonders auf, dass es immer wieder auf den Tisch kommt. Teilweise mit absurden Begründungen, warum es gerade jetzt ein Tempolimit geben müsse. Ich verstehe nicht, warum das „Nein“ zum Tempolimit nicht einfach akzeptiert werden kann. Menschen, die nicht schnell fahren wollen, können sich jederzeit rechts einordnen. Häufig sind das Menschen, für die ein Auto nur ein Fortbewegungsmittel darstellt. Dass dieser Personenkreis sich bei Tempo 100 nicht mehr sicher auf der Autobahn fühlt, wundert mich nicht – allen anderen dann aber diktieren zu wollen, welches Tempolimit ok sei und welches nicht, ist nicht in Ordnung.
Auf der anderen Seite gibt es Menschen, für die das Auto eben mehr als nur der fahrbare Untersatz ist. Es geht ihnen nicht darum, immer schnell und am Limit zu fahren, sondern darum, die Option zu haben, es straffrei zu tun, wenn man möchte. Kurzum: Nach einem Tempolimit schreien die am lautesten, die im Alltag die wenigsten Berührungspunkte damit haben; sogar Menschen, die möglicherweise nicht einmal ein Auto besitzen. Als Argument dafür ist ihnen alles recht, nur um den eigenen Willen durchzusetzen.Matthias Heintz Pulheim
Einfache Stellschraube beim Energieverbrauch endlich nutzen
Wie selbstverständlich wiederholt der Leiter des Wirtschaftsressorts Thorsten Breitkopf mantraartig die Argumente der FDP. Es scheint ihm gleich zu sein, 600 Millionen Liter Kraftstoff pro Jahr einzusparen oder nicht. Reduzierungen von etwa zwei Millionen Tonnen CO2 sind für ihn ein Nichts. Es ist sehr bedauerlich, dass die einfachste „Stellschraube“ zur Energieeinsparung und Umweltschutz-Verbesserung nicht genutzt wird.Reinhold Kappenstein Odenthal
Gesetzliche Regelung vor Eigenverantwortung
Es ist zum Verzweifeln! Immer noch gibt es in Deutschland Leute, die gegen ein Tempolimit sind. Dabei liegen alle Vorteile, die ein solches bringen würde, schon seit Jahren auf der Hand. Anscheinend sind andere Länder wesentlich schlauer und vernünftiger. Denn da gibt es ein Tempolimit. Den Deutschen Eigenverantwortung zuzutrauen, ist schlichtweg falsch. Nur Gesetze und Regeln werden halbwegs anerkannt. Mein Vorschlag: Thorsten Breitkopf und alle, die Spaß an der Geschwindigkeit haben, können sich auf Rennstrecken austoben. Da gefährden sie die vernünftigen Autofahrer nicht. Natürlich müssten sie für ihre Runden ordentlich bezahlen. Ein Tempolimit muss unbedingt kommen. Übrigens ist eine große Mehrheit der Bevölkerung dafür. Alfred Holz Euskirchen
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Mehr Sicherheit durch Geschwindigkeitsbegrenzung
Zitat Thorsten Breitkopf: „Der Staat sollte nicht alles regulieren. Wer heute langsamer fahren will, kann das auch ohne Tempolimit tun. Die Autobahnen sind breit genug.“ Da halte ich es doch mehr mit Claudia Lehnen, die sich klar für ein Tempolimit ausspricht. Sie kennt sicher auch das Gefühl, wenn man mit Tempo 110 einen Lkw überholen will und von hinten kommt wie aus dem Nichts eine Rennmaschine, die sich dann, um – wie Herr Breitkopf sagt – gefahrlos zu überholen, 60 cm hinter ihr einreiht und dezent mit der Lichthupe den Überholwunsch kundtut.
Jeder Verkehrstote, der durch ein Tempolimit vermieden wird und jeder Liter Sprit, der durch ein solches eingespart wird, sind neben der zudem besseren CO2-Bilanz einleuchtende Argumente. Da sollten sich die Raser mal Gedanken drüber machen, auch wenn sie wegen der ach so vielen Geschwindigkeitsbeschränkungen kaum noch das Gaspedal durchdrücken können. Andreas Althaus Köln
Faktisch existiert Tempolimit bereits
Als berufsbedingter Vielfahrer kann ich mich den Ausführungen von Herrn Breitkopf nur anschließen. Ich kann nicht nachvollziehen, warum ständig die Frage nach einem Tempolimit von 130 gestellt wird. Es wäre nahezu ein Traum, etwa die Strecke Köln – München oder Köln – Hamburg mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 100 Stundenkilometern bewältigen zu können. Das deutsche Autobahnnetz gleicht einem Schilderwald mit Tempolimits zwischen 60 und 130. Ergo sind wir teilweise bereits in der Phase des reduzierten CO2-Ausstoßes. Teilweise nur deshalb, weil ein ständiges Beschleunigen und wieder Abbremsen zwischen den unterschiedlichen Limits nicht verbrauchsförderlich ist.
Das von Frau Lehnen angeführte Beispiel, mit dem Zug in 45 Minuten von Köln nach Frankfurt zu reisen, ist praxisfremd, da viele Reisende nicht am Hauptbahnhof wohnen, ungeachtet der DB-spezifischen Problematik. Um den Zug zu erreichen, benötigt man einen Zubringer. Am Bahnhof besteht das fast tägliche Problem der Pünktlichkeit, teils bis zu 30 Minuten Verspätung, sofern die Bahn überhaupt kommt. Dies betrifft im Übrigen nicht nur Reisende nach Frankfurt, sondern alle Arbeitnehmer, die zu einem pünktlichen Arbeitsbeginn oder Termin erscheinen wollen. Da hier aber keine Gewährleistung besteht, fahren viele unnötigerweise, aber sicherheitshalber mit dem Auto. Andreas W. Kaspers Köln
Weniger Schilder als positiver Nebeneffekt eines Tempolimits
Das Tempolimit ist überfällig und die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung ist längst dafür. Für alle Gegner eines Tempolimits: Fahren Sie einmal konsequent Tempo 130 oder gar 100 und sehen Sie, wie Ihr Spritverbrauch sinkt. Außerdem würde der ganze Schilderwald reduziert.Dr. Barbara Büttgen Bergheim

Ricarda Lang, Co-Vorsitzende der Grünen, hat im März angesichts der Bemühungen um Energieeinsparungen infolge des Ukraine-Kriegs die Einführung eines Tempolimits auf Autobahnen gefordert.
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Entlastung fürs Klima
Es ist alles hinlänglich bewiesen: weniger Unfälle, weniger Staus, besser fließender Verkehr, deutliche Kraftstoffeinsparungen, deutliche Verringerungen der Umweltbelastung, also deutliche Entlastung für das Klima! Offensichtlich halten wir Deutsche alle unsere Nachbarn, die seit langem Tempolimits haben, für dumm und rückständig – oder? Wollen wir nicht gute Europäer sein? Geschwafel zum Klimawandel bleibt unglaubwürdig, wenn nicht konsequent gedacht, entschieden und gehandelt wird. Tempolimits sind sinnvolle, leicht zu realisierende Maßnahmen, also bitte! Und wozu immer noch Motorsport mit Verbrennern, die in Kürze gar nicht mehr gebaut werden? Karl Kutsch Wesseling
Anpassung an europäische Regelungen
Man muss sich wirklich die Frage stellen, wie lange sich Deutschland noch den Luxus leisten möchte, ohne Tempolimit auf Autobahnen auszukommen? Eine gesetzliche Festlegung ist auch im Hinblick auf die europäischen Regelungen angemessen.Paul Schnackerz Frechen
Diskussion kommt zu spät
Ja, ich halte das gestaffelte Tempolimit auf allen Straßen für Autos für richtig. Wenn Menschen friedlich zusammen leben wollen, braucht man Gesetze, zur eigenen und zur fremden Sicherheit. Im Auto ist es aus guten Gründen vorgeschrieben, den Sicherheitsgurt anzulegen und zum TÜV muss man auch mit seinem Wagen. Rasen mit dem Auto ist überall ein Sicherheitsrisiko. Dass jetzt während des Kriegs in der Ukraine wegen der Abhängigkeit von russischem Öl über Spritsparen geredet wird, ist eigentlich viel zu spät. Das hätte schon viel früher stattfinden müssen.Herbert Schmitz Pulheim
Sicherheitswirkung von Tempolimits
Herr Breitkopf beruft sich auf den ADAC, wonach sich „auf Abschnitten ohne Geschwindigkeitsbeschränkung anteilig nicht mehr Unfälle feststellen lassen als auf Strecken mit Tempolimits“. Nun werden Tempolimits auf Autobahnen aber nicht nach dem Gießkannenprinzip zufällig verteilt, sondern da angeordnet, wo sich auffällig mehr Unfälle ereignen als normalerweise zu erwarten sind. Wenn dann die Unfallzahlen auf das Niveau einer durchschnittlichen Autobahn sinken, ist das ein Beweis für die Sicherheitswirkung von Tempolimits. Oder würde Herr Breitkopf behaupten, dass Brillen keine Auswirkung auf die Sehfähigkeit ihrer Träger haben, weil Brillenträger nicht besser sehen können als Leute, die gar keine Brille benötigen?Dr. Rudolf Krupp Bergisch Gladbach
Individuelle Wünsche zurückstellen
Den meisten Tempolimit-Gegnern geht es vermutlich um die „Freude am schnellen Fahren“. Diese Freude ist zwar nachvollziehbar, aber als Gegenargument zu Energieverbrauch, Schadstoffausstoß und vor allem Todesopfern traurig egoistisch.Klaus Zeller Köln
Mehr Reichweite durch Tempolimit
Zum Tempolimit sage ich ja, ja und nochmals ja! Nehmen wir uns ein Beispiel an unserem Nachbarn Niederlande, und das bitte ab morgen: Ein flächendeckendes Limit von 100 Kilometern pro Stunde! Wie herrlich entspannt ist das Fahren, sobald man die Grenze passiert hat. Ich bin kein Raser. Meine maximale Geschwindigkeit auf Autobahnen ist 120 und mein Auto dankt es mir mit 1150 Kilometern Reichweite. Sobald ich Tempo 100 einhalte, erhöht sich die Reichweite meines Autos. Bisher habe ich schon zweimal mehr als 1300 Kilometer erreicht. Klar haben wir in Deutschland schon viele Tempolimits auf Autobahnen. Aber kein flächendeckendes, gleichmäßiges und mit Tempo 130 immer noch zu hohes.Barbara Steinhausen Köln