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Kommentar zur Zahl der VerkehrstotenTempo 100 – und zwar sofort

Lesezeit 2 Minuten
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Freie Fahrt für freie Bürger? Die Raserei auf den Autobahnen in NRW hat im Corona-Jahr 2020 gleich 63 Todesopfer gefordert, zehn mehr als im Jahr zuvor.

Düsseldorf – Nein. Die Unfallstatistik des Jahres 2020 für Nordrhein-Westfalen ist kein Grund, sich beruhigt zurückzulehnen. Im Gegenteil. Auch wenn der Rückgang bei Toten und Schwerverletzten mit 5,7 und 10,5 Prozent sehr deutlich ausgefallen ist. Sie ist vielmehr der eindeutige Beweis dafür, dass zwischen der viel beschworenen Verkehrswende, der Abkehr vom Auto und dem tatsächlichen Verkehrsverhalten auf den Fernstraßen unseres Landes eine Riesenkluft besteht.

Wegen der Corona-Pandemie waren und sind die Autobahnen so leer wie seit der Ölkrise in den 1970er Jahren nicht - und schon wird gerast, was das Zeug hält. Mit verheerenden Folgen. 63 Menschen verloren 2020 bei Unfällen auf den NRW-Autobahnen ihr Leben, 13 mehr als im Vorjahr. Weniger Autos, mehr Tote. Das ist eine bittere Erkenntnis.

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Wenn es nicht so zynisch wäre, könnten wir uns beim Corona-Virus bedanken. Jetzt müsste auch der letzte Verkehrspolitiker, allen voran Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer, doch endlich kapieren, dass ein generelles Tempolimit nicht nur den Energieverbrauch senkt, die Umwelt schont und auf den chronisch überlasteten Fernstraßen gerade in Nordrhein-Westfalen die Anzahl der Staus verringert, sondern vor allem Leben rettet.

Aber nein. Eher schafft der Papst den Zölibat ab als dass ein Bundesverkehrsminister mit CSU-Parteibuch dem Missbrauch von Deutschlands Autobahnen als Rennstrecken Einhalt gebietet.

Da könnte die vorsichtige Formulierung von NRW-Innenminister Herbert Reul, er sei „als totaler Gegner des Tempolimits“ angesichts dieser Zahlen auf einmal sehr unsicher geworden, fast schon als Revolte gewertet werden. Ein CDU-Minister, der das Grundrecht der freien Fahrt für freie Bürger auf Deutschlands Autobahnen infrage stellt.

Menschenverachtende Verkehrspolitik

Wo sollen die denn hin mit all ihrer Energie, wenn sie diese nach dem Grenzübertritt aus Belgien oder den Niederlanden, aus Dänemark oder Österreich nicht sofort ins Gaspedal überführen können, sobald die Vorderräder deutschen Autobahn-Boden berühren? Dieses Grundrecht können wir doch in der Corona-Pandemie nicht auch noch einschränken. Was bleibt uns denn dann noch?

Nein. Wenn wir die Pandemie endlich im Griff haben, weil wir alle geimpft sind und hoffentlich viele tausend Leben gerettet werden konnten, machen wir einfach so weiter wie bisher. Dann sind unsere Autobahnen ja auch wieder sicher. Im Stau stirbt man zum Glück nur selten.

Das ist keine Verkehrspolitik, das ist menschenverachtend.