LindenstrasseMutter des Vorabends

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Da ist sie zu Hause: Marie Luise-Marjan in ihren Lindenstraßen-Wohnung. (Bild: dpa)

Da ist sie zu Hause: Marie Luise-Marjan in ihren Lindenstraßen-Wohnung. (Bild: dpa)

Sie ist eine jener Schauspielern, die mit einer einzigen Rolle identifiziert werden. Und die auf die Frage, ob das denn nicht doch recht unbefriedigend sei, immer antworten: Nein, das sei doch ein großes Geschenk und das größte Kompliment, das ein Künstler bekommen könne. Und dann weist sie gerne darauf hin, dass sie ja auch mal beim Filmfestival in Cannes eingeladen war und schließlich zwölf Jahre am Schauspielhaus Bochum gearbeitet hat, zuletzt unter Peter Zadek.

Marie-Luise Marjan, die heute 70 Jahre alt wird, ist seit 25 Jahren Mutter Beimer in der „Lindenstraße“. Und nichts anderes - trotz gelegentlicher Auftritte im „Traumschiff“ und anderen TV-Werken. Wir, die „Lindenstraßen“-Gucker, wissen, wie diese Frau den Frühstückstisch deckt, wie ihre Unterwäsche aussieht, wir sind mit ihren Kindern älter geworden.

Als Mutter Beimer ist Marie-Luise Marjan der Familienmensch, die Über-Glucke, die sich auf bei ihren längst erwachsenen Kindern in alles einmischt. Ihr Privatleben ist völlig anders. Marie-Luise Marjan wurde als Marlies Wienkötter in Hattingen geboren, ihre Mutter gab sie zur Adoption frei. Erst mit 16 Jahren erfuhr sie, dass das Ehepaar Lause, bei dem sie aufgewachsen war, ihre Adoptiveltern waren. Ihre Mutter war nach Kanada gegangen. „Wir haben versucht, Kontakt aufzubauen - es war schwierig.“ Erst durch eine ARD-Dokumentarreihe, in der Prominente nach ihren Vorfahren suchten, fand Marjan vor kurzem heraus, wer ihr Vater war. Ein Flieger, der im Zweiten Weltkrieg starb, zwei Jahre nach ihrer Geburt. Ahnenforscher fanden leibliche Verwandte von Marjan, Cousins, Cousinen, sogar einen Halbbruder.

Die ersten Begegnungen mit der eigenen Familie fanden vor laufender Kamera statt. Marjan blieb unglaublich beherrscht, es floss keine einzige Träne. Sie zeigte eine seltsame Distanz - ganz im Gegensatz zu ihrem normalen Rollenverhalten als Helga Beimer. Wie es schien, war diese wirkliche Familie doch zu weit entfernt von ihr.

Marie-Luise Marjan ist ein Künstlername, der inzwischen auch in ihrem Pass steht. Eine eigene Familie gründete sie nicht. „Das war eine selbst gewählte Lebensform, Schauspielerei ist mein Leben“, sagte sie der „Bunten“. Stattdessen hat sie Patenkinder in armen Ländern, engagiert sich für „Plan International“, Unicef, hat eine eigene Stiftung gegründet.

Die „Lindenstraße“, die im Dezember ihr 25-jähriges Bestehen feiert, hat zur Zeit mit 3,5 Millionen Zuschauern am frühen Sonntagabend einen Marktanteil von 13 Prozent. Das ist für eine langlaufende Vorabendserie ganz respektabel. „Das kann man nicht aufgeben“, sagte Marjan in einem Zeitungsinterview. Ein bisschen Abwechslung wäre schön, vielleicht ein Liebesfilm mit Kevin Costner oder George Clooney. Aber das hat sie sicher nicht ganz ernst gemeint. Wenn man sie auf dem roten Teppich sieht, dann wirkt sie eher wie eine nahe Verwandte, die dort zufällig hingeraten ist.

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