Kommentar zum „Aufstand für den Frieden“Wie Schwarzer und Wagenknecht unfreiwillig Putin nützen

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Sahra Wagenknecht (Die Linke, l), und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer bei der Demonstration am Brandenburger Tor.

Sahra Wagenknecht (Die Linke, l), und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer bei der Demonstration am Brandenburger Tor.

Der „Aufstand für den Frieden“ von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht war ein Sammelbecken für Linke und Friedensbewegte, aber eben auch für Verschwörungsschwurbler und rechtsextreme „Reichsbürger“. Sie müssen sich fragen lassen, ob sie nicht unfreiwillig zu Unterstützerinnen Putins werden.

„Keine Waffenlieferungen“, steht auf der Panzerattrappe aus Holz. Dazu werden Kanzler Olaf Scholz und Außenministerin Annalena Baerbock in einer Reihe mit Napoleon, Kaiser Wilhelm und Adolf Hitler genannt. Kriegstreiber unter sich, soll das heißen. Eine Aussage, die schaudern lässt.

Etwa 13.000 Menschen haben an der von Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer initiierten Demo am Brandenburger Tor teilgenommen. Doch diese Veranstaltung war kein Startschuss „für eine neue starke Friedensbewegung“, wie Wagenknecht es angekündigt hatte. Sie war ein Sammelbecken für Linke und Friedensbewegte, aber eben auch für Verschwörungsschwurbler, Amerikahasser und rechtsextreme „Reichsbürger“.

Die Organisatorinnen hatten sich (bewusst?) nicht scharf nach rechtsaußen abgegrenzt. Ein großer Fehler, denn die radikale Rechte dockte demonstrativ an. Noch am Tag zuvor hatte der Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke Wagenknecht zum Überlaufen eingeladen: „Kommen Sie zu uns!“

Der Westen wolle „Russland ruinieren“, rief Wagenknecht vom Podium. Schwarzer sprach von traumatisierten Kindern und vergewaltigten Frauen als Folgen des Krieges. Wer für die Gräuel verantwortlich ist, erwähnte sie leider nicht.

Putin geht es um einen Vernichtungskrieg

Man muss es so hart formulieren: Diese selbsternannte „Friedensbewegung“ versteht unter Frieden offenbar vor allem das Ende aller negativen Folgen für sich selbst. Sie will schnellstmöglich zurück in eine Zeit ohne die Auswirkungen des russischen Überfalls auf ganz Westeuropa. Sie ignoriert dabei jedoch, was Putin immer wieder deutlich gemacht hat: Dass es ihm um die Zerstörung des „Konstruktes“ Ukraine geht, um einen Vernichtungskrieg gegen einen europäischen Staat also.

Aufruf von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer

Plakate: Das forderten die Teilnehmenden auf der Berliner Demo am Samstag

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Wagenknecht und Schwarzer müssen sich nach der Berliner Demo erst Recht den Vorwurf der Täter-Opfer-Umkehr gefallen lassen. Es bleibt bei dem schweren Grundfehler, der sich auch in ihrem „Manifest für den Frieden“ zeigte: Beide tun so, als wäre die militärische Unterstützung des Westens Kriegstreiberei. Was nichts anderes ist als eine Verhöhnung der angegriffenen Ukraine und ihres Rechts auf Selbstverteidigung.

Eine Friedensbewegung, die am Ende den kriegerischen Aggressor belohnt, hat ihren Namen nicht verdient. Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk bringt es auf den Punkt: „Frieden kommt nicht einfach, wenn ein angegriffenes Land nicht mehr kämpft. Das ist kein Frieden, sondern Besatzung.“

Was stattdessen bei der Berliner Kundgebung zu besichtigen war: Der Versuch Wagenknechts, sich an die Spitze einer prorussischen, antiamerikanischen, in Teilen national orientierten Sammlungsbewegung zu setzen.

Die Kriegssorgen der Menschen müssen ernst genommen werden

Fast 700.000 Menschen haben bislang das „Manifest für Frieden“ im Internet unterzeichnet. Das ist eine beachtliche Zahl, die zeigt, dass die Kriegssorgen und -ängste vieler Menschen in Deutschland ernst genommen werden müssen.

Wer aber wirklich für Frieden und nicht für einen Diktatfrieden ist, der sollte bedenken, dass das Einstellen der Waffenlieferungen und Friedensgespräche zum jetzigen Zeitpunkt das Ende der Ukraine als selbstbestimmter Nation bedeuten würden.

Ukraine: Der Westen ist in der Pflicht

Der Westen ist weiterhin in der Pflicht, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Zugleich müssen sich die Nato- und EU-Partner mit Kiew auf die Ziele der Militärhilfen verständigen. Und selbstverständlich muss ein gemeinsames Szenario von einem schnellstmöglichen Kriegsende her gedacht werden.

Nur: Der Zeitpunkt für Friedensgespräche ist, so bitter es ist, nicht erreicht. Putin will nicht verhandeln, sondern sein Nachbarland unterwerfen und zerstören. Wagenknecht und Schwarzer sollten sich fragen, ob sie sich mit ihrem Manifest nicht zu unfreiwilligen Unterstützern Putins machen.

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