Nur eine Fußnote im Geschichtsbuch

Lesezeit 2 Minuten
Hans hesse (links) und Elke Purpus (mitte) erklärten dem zweiten stellvertretenden Bürgermeister von Hürth, Peter Prinz (rechts) und einigen Besuchern Details zu ausgestellten Fotografien.

Hans hesse (links) und Elke Purpus (mitte) erklärten dem zweiten stellvertretenden Bürgermeister von Hürth, Peter Prinz (rechts) und einigen Besuchern Details zu ausgestellten Fotografien.

Hürth / Rhein-Erft-Kreis - Wären alle Denkmäler im Rhein-Erft-Kreis, die an die Zeit des Nationalsozialismus erinnern, zusammengenommen ein Geschichtsbuch, so käme die Verfolgung von Kommunisten, Sozialdemokraten, Homosexuellen oder Sinti und Roma gerade mal als Fußnote vor. Diesen Vergleich zog am Sonntag der Historiker Dr. Hans Hesse, als er in der „Ahl Schull“, dem VHS-Gebäude in Hürth-Efferen, die Wanderausstellung „Gedenken und Erinnern im Rhein-Erft-Kreis - Die NS-Zeit im Spiegel von Mahnmalen, Denkmälern und Gedenkstätten“ eröffnete.

Der Judenverfolgung, so blieb Hesse im Bild, wäre in diesem Geschichtsbuch immerhin ein ganzes Kapitel gewidmet. Rund 80 Prozent aller Denkmäler im Kreis bezögen sich jedoch auf den Zweiten Weltkrieg, vermittelten damit vor allem ein „Weltkriegsgedenken“ und ließen die Verfolgten der NS-Zeit vor 1939 außer Acht.

Häufig seien ältere Denkmäler zur Erinnerung an die Opfer des Ersten Weltkriegs erst nach 1945 um Jahreszahlen oder Tafeln zum Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkriegs ergänzt worden. Dabei seien stellenweise, so Hesse, „groteske Denkmäler“ entstanden, auf denen etwa die Kriegstoten des Ersten Weltkriegs als „Helden“ bezeichnet werden, der Gefallenen im Zweiten Weltkrieg jedoch „nur noch“ als „Toten“ gedacht werde. Sicherlich, so mutmaßte Hesse vor kaum 20 Gästen, die zur Ausstellungseröffnung gekommen waren, sei es in den 1950er Jahren, als die meisten dieser Denkmäler entstanden seien, „nicht unerwünscht“ gewesen, „an die Toten des Zweiten Weltkriegs erinnern zu können, ohne den Gesamtrahmen Nationalsozialismus mitdenken zu müssen.“

Die Mahnmale, die den Opfern der nationalsozialistischen Verfolgung gewidmet seien, wie „Stolpersteine“ oder jener Gedenkstein in Hürth-Hermülheim, der - einmalig im Kreis - verfolgte Kommunisten namentlich nennt, seien jüngeren Datums. Die Zahl solcher Mahnmale nehme jedoch immer mehr zu. Kümmern müsse man sich auch noch mehr um Kriegsgräberanlagen wie jene in Bergheim-Oberaußem, wo sowjetische Kriegsgefangene oder Zwangsarbeiter beerdigt wurden. Die Namen auf den Grabsteinen seien nicht mehr zu entziffern.

Über 250 Stätten im ganzen Kreis, die an die NS-Zeit erinnern, haben Hesse, die Direktorin des mit der Kunst- und Museumsbibliothek zusammen gehörenden Rheinischen Bildarchivs der Stadt Köln, Dr. Elke Purpus, und ihre Mitarbeiter aufgespürt und in mehr als 2000 Fotos dokumentiert. Eine Auswahl der Fotos und erklärende Texttafeln sind bis zum 2. Mai in den Fluren der VHS im Erdgeschoss und im ersten Stock zu sehen. Zur Ausstellung erschien auch die ausführliche Dokumentation als Buch mit dem Titel: „Gedenken und Erinnern im Rhein-Erft-Kreis“, das im Buchhandel erhältlich ist. Nächste Station der Ausstellung wird ab 9. Mai das „Haus der Geschichte“ in Kerpen sein.

KStA abonnieren